„Take me back to the sea“ sagt der Vater (Andrea Vergoni) zu Jennifer (Sara Serraiocco) mit leerem Blick. Die 17-Jährige muss sich seit dem Tod ihrer Mutter um ihren kleinen Bruder Fabrizio (Anatol Sassi) und ihren Vater Alfie kümmern, der an Depressionen leidet. Die Familie hat ihr Haus verloren und muss in die Berge ziehen, in die Wohnung eines Onkels, weit weg vom Meer und weit weg von Jennifers Synchron-Schwimm-Team.

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cms-image-000044613.jpg (Foto: Michele Paradisi)
(Foto: Michele Paradisi)

„Cloro“ ist Lamberto Sanfelices erster Kinofilm. Im Zentrum stehen viele Unterwasseraufnahmen, bei denen der Regisseur
einen Kunstgriff anwendet. Er unterlegt sie mit hektischer Musik, was einen starken Kontrast zu den klaren, ruhigen Bildern der verschneiten Berglandschaft Norditaliens bildet. 

Synchronschwimmen als Thema scheint anfangs ungewöhnlich für einen Film, doch darum geht es in „Cloro“ laut Lamberto Sanfelice eh nur am Rande. Im Zentrum steht eine junge Frau, die zwischen der Aufgabe, sich um ihre Familie zu kümmern, und dem Wunsch, ihre Träume zu verwirklichen, völlig allein gelassen wird. Diesen Konflikt erzählt der Film sehr eindringlich. Gerade weil die Kamera immer ganz nah bei der Hauptdarstellerin bleibt. Es gibt auch einige Nahaufnahmen von ihrem Bruder und ihrem Vater, die sind jedoch wackelig, was eine beklommene Stimmung erzielt, die bis zum Ende des Films anhält.

Durch die wiederkehrenden Sequenzen im Schwimmbecken, erhält der Film eine nachvollziehbare Struktur. Allerdings gibt es viele Zeitsprünge und Nebenhandlungen, die für den Film nicht notwendig gewesen wären. Jennifer, die heimlich in dem Pool des Hotels übt, in dem sie arbeitet, beginnt sehr unvermittelt eine Affäre mit dem älteren Hotelwart. Als die Beziehung intimer wird, hat der Zuschauer keinen Schimmer, wie es überhaupt dazu gekommen ist. Auch das Ende scheint sehr abrupt und lässt sein Publikum in Ungewissheit über Jennifers weiteren Weg. Ob sie nun an den Wettkämpfen im Synchronschwimmen teilnimmt oder was aus ihrer Familie wird, bleibt offen. Trotzdem hat der Film hat ergreifende Momente.

Cloro, It 2015, Regie: Lamberto Sanfelice, Buch: Lamberto Sanfelice, Elisa Amoruso, Kamera: Michele Paradisi, Schnitt: Andrea Maguolo, mit: Sara Serraiocco, Ivan Franek, Gorgio Colangeli, Anatol Sassi, Andrea Vergoni
Ann-Kathrin Leclere, 18 Jahre, ist Teil des fluter.de-Reporterteams, das elf Tage lang von der Berlinale berichtet.