Ein Bild, heißt es, sagt mehr als 1.000 Worte. Genau das ist das Problem. Fotografien versteht man scheinbar auf den ersten Blick, sie wirken direkter, emotionaler, authentischer. Dabei lassen sich Fotos im Smartphone-Zeitalter ebenso leicht aufnehmen wie bearbeiten. Mit einem Tastendruck verschwinden Bildelemente, steigt die Helligkeit, ändern sich Farben. Das macht Bilder zum idealen Vehikel für Propaganda. Selbst wenn ein Foto unbearbeitet in die Zeitung käme oder in den Blog, gibt es da noch die Bildunterschrift. Mit ihr kann man hervorragend manipulieren, sie kann die Aussage des Fotos in einen Kontext stellen – oder auf den Kopf.
Was das kritische „Lesen“ von Fotos angeht, sind wir immer noch Analphabeten. Wir misstrauen Texten, aber nur selten Bildern. „Fotografien sind die mächtigste Waffe der Welt“, schrieb der Kriegsfotograf Eddie Adams, und er musste es wissen. Adams war bestürzt von der Wirkung seiner berühmtesten Aufnahme, einer Erschießung mitten auf einer Straße zur Zeit des Vietnamkriegs. Obwohl es ihm einen Pulitzerpreis brachte, hielt er das Foto für misslungen, ja gefährlich. Es zeige eben nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit. „Die Leute glauben ihnen, aber Fotografien lügen, auch wenn sie unretuschiert sind. Sie sind nur Halbwahrheiten.“