Genau genommen begannen die „Roma Journeys“ in Südafrika. Als Joakim Eskildsen und Cia Rinne Ende der 1990er-Jahre dort waren, wurde das Land zwar schon demokratisch regiert. Trotzdem stießen sie überall auf Hinterlassenschaften des Apartheidregimes. Eskildsen und Rinne überlegten, was sie – ein dänischer Fotograf und eine finnisch-schwedische Autorin – zur Aufarbeitung der Segregation beitragen konnten. Und wurden vor den eigenen Haustüren fündig: In vielen Ländern Europas lebte die Minderheit der Roma – in Deutschland: Sinti*ze und Rom*nja – völlig isoliert. Zum Teil tut sie das heute noch.
Über Jahrhunderte wurden sie verfolgt und vertrieben, versklavt und ermordet, ihre Sprache wurde verboten und ihre Kinder wurden in Förderschulen gesteckt. Diese Historie wirkt bis heute. Ob in Deutschland, Frankreich, Griechenland, der Tschechischen Republik, ja in ganz Europa und fast allen Teilen der Welt trauen sich viele Sinti*ze und Rom*nja nicht, ihre Herkunft preiszugeben, weil sie Stigmatisierung fürchten, zum Beispiel bei der Arbeitssuche. „Die Ausgrenzung war ein wichtiger Aspekt, um mit dem Projekt zu beginnen“, sagte Eskildsen später auf einer Ausstellungseröffnung zu „The Roma Journeys“. „Aber als ich das Dorf Hevesaranyos in Ungarn sah, verliebte ich mich sofort in den Ort und die Menschen. Von da an wuchs die Idee.“
Die Idee wuchs beträchtlich. Zwischen 2000 und 2006 besuchten Eskildsen und Rinne Communitys in sieben Ländern, dafür reisten sie quer durch Europa und sogar bis nach Indien. Dabei lebten sie oft längere Zeit bei einzelnen Familien, um sich das Leben, die Kultur und die konkrete Situation im Land genauer ansehen zu können. Rinne schrieb, Eskildsen fotografierte, so entstand mit den Roma Journeys ein Blick auf Sinti*ze und Rom*nja, der mehr weckt als Mitleid und die bis dahin üblichen Assoziationen.
Eskildsens und Rinnes Reisen folgten keiner Route, sondern einer Reihe von Zufällen: Mal halfen persönliche Kontakte, mal Menschenrechtsorganisationen zur nächsten Community. „Wir sind oft gefragt worden, was unser Interesse an den Roma ausgelöst hat, eine endgültige Antwort konnten wir bis zum Schluss nicht geben“, schreiben Rinne und Eskildsen später. „Sicher ist nur, dass es uns, einmal begonnen, unmöglich erschien, die ‚Roma Journeys‘ nicht fortzusetzen.“