„Die letzte Illusion“ zeigt, wie sich Menschen mit den Folgen des Klimawandels abzufinden versuchen

Der Klimawandel hat die Bedingungen in manchen Teilen der Welt schon derart verändert, dass das tägliche Leben unmöglich wurde. Nicht alle Betroffenen verlassen deshalb ihr Heimatland. Viele ziehen aus den Dörfern in die Städte. Manchmal bleiben sie nur für eine Arbeitssaison, manchmal kommen Einzelne wieder, um die Zurückgebliebenen zu versorgen, oft aber ziehen ganze Familien um. 

Auf der Suche nach besseren Lebensumständen landen sie an den Stadträndern, in Slums, abgeschnitten von guter Versorgung und würdigen Umständen. So wachsen die Megastädte und die Not der Menschen darin. 

Der Fotograf Alessandro Grassani hat das Leben von Klimaflüchtlingen in Ulan-Bator (Mongolei), Nairobi (Kenia), Dhaka (Bangladesch) und Port-au-Prince (Haiti) dokumentiert. Er zeigt in der Fotostrecke „Die letzte Illusion“, wie sich Menschen mit den Folgen des Klimawandels abzufinden versuchen. 

In der mongolischen Provinz Archangai-Aimag liegen tote Schafe im Schnee (Alessandro Grassani)

In der mongolischen Provinz Archangai-Aimag ist das Überleben nicht nur für die Menschen schwer. Es ist auch für viele Tiere zu kalt geworden. Allein 2010 starben acht Millionen Schafe, Kühe, Pferde und Kamele in der Mongolei. Den Hirten bleibt nichts anderes übrig, als in andere Regionen des Landes zu ziehen in der Hoffnung, dass der Winter dort milder ist

(Alessandro Grassani), Alessandro Grassani
 
Familie Jigjjav lebt in ärmlichen Verhältnissen in der Stadt

Weil ihre Tiere in der Kälte starben, musste die Familie Jigjjav in die Stadt ziehen. Als Hirten finden sie jedoch keine neue Arbeit und müssen deshalb in ärmlichen Verhältnissen wie diesen hausen

Familie Tsamba pflegt ein Schaf in ihrem Wohnzelt

Familie Tsamba tut alles, um die noch verbliebenen Tiere ihrer Herde am Leben zu halten. Die unter der Kälte leidenden Schafe müssen im Wohnraum der Familie betreut werden

 
„Gher“, das klassische Zelt der mongolischen Landbevölkerung steht im Schatten großer Wohnhäuser

Die eine Hälfte der Stadtbevölkerung wohnt in hohen Häusern, die andere im Slum drum herum. „Ger“ heißt der Bezirk der Armen, der Name entstand in Anlehnung an „Gher“, das klassische Zelt der mongolischen Landbevölkerung. Oft finden die Zugezogenen in Ger keine Arbeit und noch weniger Anschluss an das Leben in der Stadt. Zurück können sie aber auch nicht, weil es für ihr altes Leben zu kalt geworden ist

Die Fotos dokumentieren, dass die globale Erwärmung auch kalt sein kann, zu kalt zum Beispiel für die Schafe in der Mongolei; sie zeigen, dass ein Zyklon den Boden derart versalzen zurückgelassen hat, dass dort nichts mehr wächst; dass der Wasserspiegel steigt und große Landflächen unbewohnbar macht und Inseln im Meer zu verschwinden drohen.

Familie vor ihrem Haus dessen Eingang überschwemmt ist

Mittlerweile haben sich die Menschen in Satkhira, Bangladesh, fast schon daran gewöhnt, fünf Monate im Jahr mit permanenter Überschwemmung zu leben

Weite und ausgetrocknete Felder auf denen nichts mehr wachsen kann

Einst diente die zerfurchte Erde in Dacope der Landwirtschaft. Seit mit dem Zyklon Aila im Mai 2009 so viel Salzwasser in den Boden geriet, ist alles verdorrt, und nichts mehr will wachsen

Kawran-Markt im Slum in Dhaka

In Dhaka wohnen viele Menschen in Slums. Entlang der Schienen bauen sie sich mehr schlecht als stabil ein Dach über dem Kopf. Drum herum findet das alltägliche Leben statt, so auch der Kawran-Markt

 

Derzeit betreffen die Folgen des Klimawandels vor allem die Lebensbedingungen der armen Landbevölkerung. Was ihr von der Heimat bleibt, sind beispielsweise Bilder von Palmstümpfen, die wie Mahnmahle aus dem Wasser ragen. Und im neuen Leben sind es dann die Zelte oder zugigen Wellblechhütten, die im Schatten großer Gebäude stehen. Der Familienzusammenhalt wird auf die Probe gestellt, weil die Not unter den Geflüchteten schwer auszuhalten ist. 

Mutter Rose mit ihrem Sohn und einem Baby an der Brust in ihrer spärlichen Behausung

Weil sie in ihrem Dorf und der Umgebung durch die Dürre nicht mehr überleben konnten, zog Rose mit ihrer Familie nach Nairobi. Ihr Mann verließ sie, und jetzt muss sie sich allein um sechs Kinder kümmern und die Heimatlosigkeit ertragen

Hirten graben in einem schlammigen großen Loch nach dem Grundwasser

Wenn das Wasser nicht mehr fließt, müssen sie bis zum Grundwasser graben. Um sich und ihre Herden zu tränken, müssen die Hirten schwere körperliche Arbeit leisten

Frau hängt Wäsche auf mit Blick auf eng gebaute Wohnungen

Weil nicht genug Platz für alle ist, müssen die Menschen auf engstem Raum zusammenleben

Hirten ziehen mit ihren Herden durch trockene Felder

Hirten ziehen mit ihren Herden von Äthiopien nach Kenia auf der Suche nach einer besseren Zukunft

 

Dass Menschen letztlich migrieren oder aus ihrer Heimat fliehen, hat vielschichtige Gründe. Den Klimawandel als Ursache gibt es zwar, aber dennoch produziert dieser (noch) keine 200 Millionen Flüchtlinge, wie beispielsweise der Stifter des Alternativen Nobelpreises, Jakob von Uexküll, prognostizierte. Denn mehr Klimawandel heißt nicht gleich mehr internationale Migration. Was aber ungeachtet der Zahlen dringend nötig ist, sind Diskussionen über verbesserte Lebensbedingungen für die Klimaflüchtlinge.

Zwei junge Frauen trinken aus Plastikbechern

In Port-au-Prince (Haiti) leben mittlerweile viele Menschen und kämpfen um ihr tägliches Wasser. Früher einmal ging es ihnen gut, sie bauten Reis und Gemüse an und verkauften es. Doch dann schien die Sonne öfter und der Regen kam seltener, und irgendwann gab es kaum noch etwas zu ernten

Der Azuéi-See hat vom Land noch Palmenstümpfe übrig gelassen die aus dem Wasser ragen

Der Etang Saumâtre, besser bekannt als Azuéi-See, ist in den letzten Jahren zu groß geworden. Durch den steigenden Wasserspiegel zerstört er Felder und Dörfer

Mann fällt Äste vom Baum für Holzkohle

Um das tägliche Leben zu bewerkstelligen, benutzt man auf Haiti Holzkohle. Dafür müssen viele Bäume gefällt werden. Dadurch schreitet die Abholzung der Wälder derart voran, sodass Naturkatastrophen ungebremst über das Land hereinbrechen können

Chaotischer Markt in Port-au-Prince

Weil das Land kaum noch geschützt ist vor den Gefahren aus der Natur, flüchten viele Menschen in die Hauptstadt Port-au-Prince. Dort wiederum müssen sie oft mit chaotischen Zuständen zurechtkommen