Wie löst man die drittgrößte Stadt eines Landes einfach so auf? Vor dieser Frage steht das Flüchtlingshilfswerk der UN. Denn Kenias Regierung will das weltgrößte Flüchtlingslager in Dadaab schnellstmöglich schließen. Doch viele der laut UNHCR rund 350.000 Menschen können nicht in ihre Heimat Somalia zurückkehren, weil dort nach wie vor ein Bürgerkrieg herrscht.

Kenia aber vermutet, dass das Lager von der somalischen Islamisten-Miliz Al-Shabaab als Rückzugsraum missbraucht wird. Erst im April erschossen Terroristen an der kenianischen Universität Garissa knapp 150 Menschen. Kenias Vizepräsident William Ruto forderte daraufhin von der UN, das Flüchtlingscamp zu schließen – andernfalls werde das kenia-nische Militär diese Aufgabe übernehmen. Immerhin konnte UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres Kenias Regierung davon überzeugen, auf völkerrechtswidrige Abschiebungen nach Somalia zu verzichten. Auf Unterkünfte, Schulen und medizinische Versorgung könnten Rückkehrer wohl kaum hoffen.

Anders als in Dadaab: Das Flüchtlingslager im Osten Kenias hat sich seit 1992 gewandelt, von einer provisorischen Zeltstadt, gedacht für nicht einmal 100.000 Menschen, zu einer Großstadt, in der zeitweise mehr als eine halbe Million Menschen leben. Dadaab verfügt neben Hütten über befestigte Häuser, Geschäfte, Werkstätten, sogar einen Busbahnhof. Koordiniert vom UN-Flüchtlingshilfswerk und mehreren Camp-Managern, die so etwas sind wie die Bürgermeister der Stadt, arbeiten in Dadaab derzeit 25 Hilfsorganisationen. So kümmerte sich die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) um medizinische Untersuchungen in der Aufnahmestelle des Camps, CARE verteilte Lebensmittel, die Internationale Orga-nisation für Migration (IOM) transportierte die Flüchtlinge von der somalischen Grenze ins Lager. Trotz der bitteren Armut sollen die dortigen Krankenhäuser und Schulen besser sein als in manch anderer kenianischen Stadt. Die Kritik der internationalen Hilfsorganisationen an der geplanten Schließung war deshalb auch groß, nun soll es ein „freiwilliges“ Rückführungsprogramm geben. Aktuell bespricht die UN mit der somalischen Regierung, wie ein solches Programm aussehen könnte. Bei einem Testlauf, der im Dezember begann, konnten bislang allerdings erst 2.000 Menschen nach Somalia zurück-gebracht werden. 

Aber eins steht fest: Zurück wollen die wenigsten – zumal nicht wenige in Dadaab geboren wurden und nichts anderes kennen als die Lagerstadt.