Es ist eine geschäftsmäßige, effiziente Kühle, die diese Bilder ausstrahlen. Sie haben etwas Abweisendes. Das passt zum Thema der Fotoserie von Julian Röder, der zwischen 2011 und 2013 Mitarbeiter der EU-Grenzschutzagentur Frontex begleitet hat. Eine der Hauptaufgaben von Frontex ist es, die Grenzsicherung an den Rändern Europas zu koordinieren, Daten über illegale Migration und Menschenhandel zu analysieren und nationale Grenzpolizisten bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Da die EU selbst kein Staat ist, der seinen Bürgern gegenüber gewisse Zwänge ausüben darf, ist Frontex keine eigene europäische Grenzpolizei, sondern eine Agentur mit gewissen Kompetenzen in der EU-Grenzpolitik. Dazu gehören auch weitreichende Eingriffsbefugnisse, um illegale beziehungsweise unerwünschte Einreisen in die EU zu verhindern – aber auch in Seenot geratenen Bootsflüchtlingen zu helfen.

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Operator einer Hochleistungsüberwachungskamera in einem Zeppelin – Forschungsprojekt im Rahmen von „Eurosur“ (European External Border Surveillance System) nahe Toulon in Südfrankreich, Juli 2013 (Foto: Julian Röder)

Operator einer Hochleistungsüberwachungskamera in einem Zeppelin – Forschungsprojekt im Rahmen von „Eurosur“ (European External Border Surveillance System) nahe Toulon in Südfrankreich, Juli 2013

(Foto: Julian Röder)

In seiner Fotoarbeit gehe es „um Verantwortungsentfremdung – eine Distanzierung von den Auswirkungen des eigenen Handelns“, sagt Röder. Hochtechnologie und Automatisierung würden den Frontex-Mitarbeitern Verantwortung abnehmen und auch den Abstand zwischen ihnen und den Migrationswilligen vergrößern. Zudem besteht die Verantwortungsentfremdung laut Röder darin, dass Frontex auch außerhalb des EU-Territoriums Missionen durchführe – also dort, wo die Agentur seiner Meinung nach eigentlich nicht zuständig ist.„Mission And Task“, Einsatz und Auftrag, heißt Röders Bilderreihe. Sie zeigt die Frontex-Mitarbeiter mit der Technik und Ausstattung zur Überwachung und Grenzabschottung: Kontrollräume und Monitore, Kameras, Radar- und Nachtsichtgeräte. Satelliten, Zeppeline, Flugzeuge und Drohnenboote sind zu sehen, auch Zäune, Sperranlagen, Schusswaffen und Suchhunde. Zur unheimlichen Wirkung der Bilder trägt bei, dass der Fotograf die Frontex-Leute zuweilen so posieren lässt, als ginge es um Fotos für die Selbstdarstellung. Die Flüchtlinge werden vom Fotografen hingegen nicht gezeigt. Es bleibt den Betrachtern der Bilder überlassen, sich vorzustellen, was mit ihnen passiert. 

Julian Röder, Jahrgang 1981, gehört der Berliner Fotoagentur Ostkreuz an. Auf ähnlich kühle Weise wie bei „Mission And Task“ hat er für andere seiner Bildprojekte auch Shopping-Malls, Waffenmessen und Wirtschaftsgipfel fotografiert. Über seine Art der Dokumentarfotografie, bei der Inszenierung und Komposition eine starke Rolle spielen, sagt Röder: „Ich verstehe den Begriff so, dass man versuchen sollte, auf seinen Bildern eine möglichst starke Verdichtung der Wirklichkeit hinzubekommen.“