Es ist ein Jutebeutel. Einer von Hunderttausenden, die in Berlin, San Francisco, Tel Aviv und anderen Städten jeden Tag durch die Gegend getragen werden. Doch draufgedruckt ist kein Fuchsmotiv, kein Modelabel und auch kein 30 Jahre altes Joy-Division-Cover, sondern arabische Zeichen. Wer die nicht lesen kann, kann nur rätseln, was dort steht: Vielleicht was mit Allah? Sind auf der Fahne vom Islamischen Staat nicht auch arabische Schriftzeichen? Ist der Beutelträger etwa gefährlich? Was ist da überhaupt drin in diesem Beutel?

Es ist natürlich alles ganz anders: „Dieser Text hat keinen anderen Zweck, als diejenigen zu beunruhigen, die Angst vor der arabischen Sprache haben“ steht auf der Tasche – eine Botschaft, die mit Erwartungen und Ängsten spielt, die Vorurteile gegen „das Arabische“ und „das Fremde“ hinterfragt. Denn würde man sich solche Gedanken auch bei chinesischen Schriftzeichen machen? Oder bei russischen?

Ausgedacht haben sich das Sana Jammalieh and Haitham Haddad, zwei palästinensische Grafik-Designer, die im israelischen Haifa gerade den Mode- und Krimskrams-Laden „Rock Paper Scissors“ aufgemacht haben. Die Beiden waren am vergangenen Wochenende in Berlin, bei einem Indie-Festival für Nahost-Kultur – und als sie nach Hause kamen, da war ein Foto ihres Jutebeutels in der Berliner U-Bahn auf Facebook tausendfach geteilt und geliket, hatten sie 500 Nachrichten in ihrem Postfach. Alle wollten diesen Beutel! Und dank des Facebook-Erfolgs kam die Nachricht nun außerdem bei den Leuten an, die mit dem Aufdruck gemeint waren: die mit den Vorurteilen, die den Spruch sonst gar nicht verstanden hätten.

„Er entstammt unserer Lebensrealität, denn wir sind Araber, die in Israel leben. Und es gibt hier viele Vorurteile und ein bewusstes Missverstehen der arabischen Sprache“, sagen Jammalieh und Haddad im Interview mit Al-Jazeera. „Also haben wir uns eine In-your-Face-Botschaft überlegt, um ein wenig Spaß mit diesen Menschen zu haben.“