Thema – Europa

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Europa wählt

… wen oder was nochmal genau? Höchste Zeit für einen Crashkurs! Die zehn wichtigsten Fragen und Antworten zur Europawahl im Mai

1. Worüber wird bei der Europawahl abgestimmt? 

Alle fünf Jahre können EU-Bürger*innen wählen, welche Abgeordneten sie künftig im Europäischen Parlament vertreten sollen. Wenn sich mindestens 25 Abgeordnete aus mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten zusammentun, können sie gemeinsam eine Fraktion bilden. Derzeit gibt es im EU-Parlament acht Fraktionen und 751 Abgeordnete; nach dem Brexit werden es nur noch 705 sein.

Deutschland hat die meisten Einwohner*innen aller Mitgliedsstaaten – und deshalb auch die meisten Abgeordneten: 96 

2. Was genau macht das Europäische Parlament?

Das Europäische Parlament mit Sitz in Straßburg ist das einzige Organ der EU, das direkt von den Bürgern gewählt wird. Das kommt nicht von ungefähr, schließlich soll das Parlament ihre Interessen vertreten. Zusammen mit dem Rat der EU (auch nur „Rat“ oder auch „Ministerrat“ genannt), in dem die jeweiligen Fachminister aller Mitgliedstaaten sitzen, beschließt das Parlament Gesetze. Außerdem kontrolliert es, wie und wofür die EU ihr Geld ausgibt. Deutschland wird im Parlament durch 96 Abgeordnete vertreten – und besitzt als einwohnerstärkstes Land die höchste Abgeordnetenzahl aller Mitgliedstaaten.

Darüber hinaus wählt das Europäische Parlament den Präsidenten der Europäischen Kommission, die als Exekutivorgan – mit Sitz in Brüssel – regierungsähnliche Aufgaben erfüllt und in fast allen Bereichen als einzige Institution das Recht hat, Gesetzesinitiativen einzubringen. Noch bis Oktober 2019 ist der Luxemburger Jean-Claude Juncker Präsident, er gehört zur konservativen Europäischen Volkspartei (EVP). Zur EVP-Fraktion im EU-Parlament zählen etwa CDU und CSU – aber auch die europafeindliche ungarische Regierungspartei Fidesz mit ihrem Vorsitzenden Viktor Orbán. 

3. Wer ist stimmberechtigt? 

Grundsätzlich sind alle Bürger der Europäischen Union wahlberechtigt, die mindestens 18 Jahre alt sind (nur in Österreich und in Malta darf man schon ab 16 Jahren wählen). Das sind rund 400 Millionen Menschen.

Im EU-Ausland lebende Bürger können entweder in ihrem Herkunftsland oder am Ort ihres Wohnsitzes wählen, wenn sie sich dort ins Wählerverzeichnis aufnehmen lassen. Falls sie in einem Land wählen, in dem sie nicht Staatsangehörige sind, müssen sie dieselben Bedingungen erfüllen wie Staatsangehörige dieses Landes. Und wer einen Doppelpass besitzt, muss sich für ein Land, in dem er oder sie bei der Europawahl abstimmen möchte, entscheiden. 

Die europäische Jugend ist besonders wahlfaul: Von den 21- bis 24-Jährigen gaben bei der letzten Wahl nur 35,3 Prozent ihre Stimme ab

4. Wie hoch ist die Wahlbeteiligung?

Das Motto der Informationskampagne der EU „Diesmal wähle ich!“ lässt erahnen, dass eine geringe Wahlbeteiligung erwartet wird. Bei der letzten Europawahl gaben 42,6 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Bei den 21- bis 24-Jährigen waren es nur 35,3 Prozent. Eine vergleichsweise hohe Wahlbeteiligung haben Länder, in denen generell eine Wahlpflicht besteht. Das sind Belgien, Zypern, Griechenland, Bulgarien und Luxemburg.

5. Wie wird gewählt?

Jeder Wahlberechtigte hat eine Stimme. Mit dieser wählt er keine Einzelperson, sondern eine Partei. Diese schickt dann gemäß ihrer Liste Abgeordnete ins EU-Parlament. Wenn man in seinem Heimatland wählt, kann man nur diejenigen wählen, die sich dort zur Wahl stellen. Ist man in einem anderen EU-Land gemeldet, kann man sich aussuchen, ob man die Kandidierenden aus dem Heimatland oder Wohnsitzland wählt. Klingt kompliziert? Hier kann man sich ganz einfach durch die verschiedenen Möglichkeiten klicken. 

6. Wer wird gewählt?

In Deutschland dürfen sich Bürger*innen ab 18 Jahren zur Wahl stellen. Kandidieren kann man in Deutschland nur auf Bundes- oder Landeslisten von Parteien oder politischen Vereinigungen. 

7. Wer zieht ein?

Im Gegensatz zur Bundestagswahl, bei der mindestens fünf Prozent der Stimmen erreicht werden müssen, um Mandate zu erhalten, gibt es bei der Wahl zum EU-Parlament in Deutschland keine Sperrklausel – kleine Parteien können davon profitieren. In anderen EU-Ländern sieht dies durchaus anders aus: In Frankreich oder Kroatien gibt es beispielsweise Fünf-Prozent-Klauseln.

Wird der Brexit weiter verzögert, könnte Großbritannien noch einmal an der Europawahl teilnehmen müssen

8. Warum gibt es verschiedene Termine für die Europawahl?

Während beispielsweise in den Niederlanden traditionell an einem Donnerstag gewählt wird, ist es in vielen anderen Staaten üblich, an Sonntagen zu wählen. Aus diesem Grund finden die Europawahlen an insgesamt vier Tagen, von Donnerstag bis Sonntag, statt. In Deutschland stehen die Wahllokale am 26. Mai offen. Um eine Beeinflussung der Wähler zu verhindern, werden die amtlichen Ergebnisse in allen Ländern erst am Sonntagabend nach Schließung des letzten Wahllokals veröffentlicht. 

9. Was ist mit Großbritannien?

Wenn es wie aktuell geplant am 12. April zum Brexit kommt, wird die Europawahl zum ersten Mal ohne Großbritannien stattfinden. Statt 28 EU-Mitgliedstaaten wird es nur noch 27 geben, und die Zahl der Abgeordneten im EU-Parlament wird sinken. Die Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), rechtskonservative und drittgrößte Fraktion im Europäischen Parlament, wird mit dem Brexit ihre größte Mitgliedspartei, die britischen Tories, verlieren.

Sollte der Brexit allerdings weiter nach hinten verschoben werden, könnte Großbritannien an der Europawahl teilnehmen müssen. Sonst würde das Recht der britischen Staatsbürger*innen, aktiv und passiv an der Wahl teilzunehmen, verletzt. Die Entscheidung darüber ist an die Länge des Aufschubs gekoppelt. Wie sinnvoll es ist, dass ein Land über die Zukunft des Europäischen Parlaments, den nächsten Haushalt und vieles mehr mitentscheidet, das gar nicht mehr mitmachen will, ist mehr als umstritten. 

 

10. Warum gilt diese Europawahl als besonders wichtig? 

Aktuell stehen mehrere große Aufgaben wie der Klimaschutz oder die Integration von Geflüchteten an. Viele Beobachter sind sich einig, dass sie nicht von einzelnen Ländern allein bewältigt werden können und eine gute Zusammenarbeit deshalb noch wichtiger wird.

Das sehen aber nicht alle so. Europaweit legen rechtspopulistische und EU-skeptische Parteien zu – wie zum Beispiel die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), die rechtspopulistische Lega Nord in Italien oder die AfD in Deutschland. Im EU-Parlament sind die EU-skeptischen und rechtspopulistischen Parteien derzeit auf drei Fraktionen aufgeteilt: die bereits genannte EKR (Europäische Konservative und Reformer), die ENF (Europa der Nationen und der Freiheit) und die EFDD (Europa der Freiheit und der direkten Demokratie). Es besteht die Möglichkeit, dass sie nach der Wahl eine Allianz bilden und damit Mehrheitsverhältnisse entscheidend verändern. Einige der beteiligten Parteien lehnen die jetzige Form der EU ab, andere das gesamte Projekt. 

Titelbild:  Michael Trippel/laif

Dieser Text wurde veröffentlicht unter der Lizenz CC-BY-NC-ND-4.0-DE. Die Fotos dürfen nicht verwendet werden.