Während der Kundgebung „Stand Up for Science“ vor dem Lincoln Memorial in Washington halten Menschen ein Transparent mit der Aufschrift „Science Makes America Great“

Cut this shit!

Die US-amerikanische Regierung kürzt mächtig an der Wissenschaft im eigenen Land. Das trifft auch viele junge Forschende. Wir haben bei der Mikrobiologin Alex Lando nachgefragt, wie sie mit der Situation umgeht

Von Marina Klimchuk
Thema: Bildung
30. Juni 2025

Es war kurz nach dem Valentinstag, als Alex Lando zusammen mit Kolleg:innen zu einer Notfallbesprechung ins Labor ihres Doktorvaters Brian Lovett gerufen wurde. Nachts habe er eine E-Mail erhalten. Er sei fristlos entlassen. Sie müssten das Labor schließen und ihre Forschung einstellen. Noch am selben Tag, sagt Lando, habe ihr Betreuer seine Sachen gepackt.

Drei Monate später befinde sie sich noch immer im Ausnahmezustand, erzählt Lando am Telefon. „An der Universität kann uns niemand Auskunft geben, wie es weitergeht, weil niemand irgendetwas weiß.“

Lando, 26 Jahre alt, ist Mikrobiologin an der Eliteuniversität Cornell im Bundesstaat New York. Sie stammt aus einer israelischen Familie und wuchs in den USA und Israel auf. Seit zwei Jahren untersucht sie in ihrer Doktorarbeit entomopathogene Pilze – winzige Organismen, die Insekten befallen und töten. Berühmt wurde die Gattung „Cordyceps“ durch die Weltuntergangs-Serie „The Last of Us“. Lando will herausfinden, ob man aus diesen Pilzen nachhaltige biologische Pestizide für die Landwirtschaft entwickeln kann.

Bisher finanzierte das USDA, das US-amerikanische Ministerium für Landwirtschaft, Landos Doktorarbeit. Aber die Trump-Regierung verfolgt das Ziel, die Staatsausgaben zu senken. Seit seinem Amtsantritt im Januar hat die US-Regierung unter Trump viele Gelder für Hochschulen, Universitäten und in der Wissenschaft gekürzt. Betroffen sind vor allem die Forschung zu Rassismus und zum Klimawandel, aber auch die Grundlagenforschung: Ingenieurwesen, Mathematik, Informatik, Geologie, Chemie und eben Biologie. Anfang Mai gab die Regierung bekannt, dass für das Budget 2026 weitere Kürzungen vorgesehen sind, darunter 4,5 Milliarden Dollar im US-Landwirtschaftsministerium.

Das USDA arbeitet im Bereich landwirtschaftlicher Forschung, Lebensmittelsicherheit und Innovation mit der Cornell University zusammen. An dieser Universität war Landos Doktorvater, Brian Lovett, als Professor für Insektenforschung noch in Probezeit beim Landwirtschaftsministerium angestellt, das seine Pilzforschung finanzierte.

Beim Staat kürzt Trump rücksichtslos

Seit Mitte Februar 2025 haben Zehntausende Mitarbeiter:innen staatlicher Institutionen ihre Jobs verloren, die meisten von ihnen im ersten Jahr ihrer Anstellung. Das USDA entließ fast 6.000 Angestellte. In mehreren US-Städten protestierten Studierende und Wissenschaftler, auch Alex Lando und ihre Kolleg:innen gingen demonstrieren.

Zusätzlich verschärfte das von Elon Musk geleitete Department of Government Efficiency (DOGE) die Anspannung im öffentlichen Sektor. Im Februar forderte es alle Mitarbeiter:innen per E-Mail dazu auf, eine Liste mit den Arbeitserfolgen der letzten Woche zu erstellen. Eine fehlende Antwort würde als Kündigung gewertet, schrieb Musk auf X. Die Gewerkschaft American Federation of Government Employees kritisierte die Nachricht und kündigte an, gegen jede „rechtswidrige Kündigung“ vorzugehen.

Portrait von Alex Lando

Ob die Mikrobiologin Alex Lando, 26, weiter in den USA an ihren Pilzkulturen forschen wird, ist unsicher 

Foto: Kly Suquino

Zehn Tage nachdem er das Büro räumen musste, schickte das Landwirtschaftsministerium eine E-Mail an Lovett, sagt Lando. Ein Gericht habe seine Kündigung für rechtswidrig erklärt. Er und mehr als 5.000 entlassene USDA-Mitarbeiter:innen dürften an ihre Arbeitsplätze zurückkehren.

Als Alternative zu seiner Rückkehr bot man Lovett eine Prämie an, wenn er freiwillig kündige: Bis zum Herbst würde man sein Gehalt auszahlen. Lovett nahm das Angebot an. Auf X schrieb er: „Die traumatischen Veränderungen in der Finanzierung werden in einer Branche mit ohnehin niedriger Jobsicherheit Menschenleben kosten.“

Alex Lando durfte das USDA-Labor nur in Lovetts Anwesenheit betreten. Der ist jetzt weg. Wochen nach seiner Entlassung bangt sie noch immer um die Zukunft ihrer Pilzkulturen, die, wenn zu lange vernachlässigt, sterben. Ein großer Teil ihrer Arbeit wäre dann umsonst gewesen. Weiter promovieren kann Lando jedoch trotzdem, sie hat noch eine zweite Betreuerin neben Lovett.

Viele Forscher:innen wollen das Land verlassen

Lando redet sich am Telefon in Rage. Sie ist besorgt um ihre eigene Zukunft, aber auch um die Zukunft ihrer Disziplin. „Der Einschnitt im USDA könnte zum Niedergang der amerikanischen Landwirtschaft führen“, sagt sie. So wie ihr und Lovett geht es gerade unzähligen jungen Forscher:innen im ganzen Land. Viele haben deshalb ihren Traum von einer Karriere in der Wissenschaft aufgegeben und wollen in die Industrie. Das Wissenschaftsmagazin „Nature“ veröffentlichte eine Umfrage : 75 Prozent der 1.600 befragten Forscher:innen überlegen, die USA zu verlassen. Viele wollen nach China, Frankreich und in die Niederlande, weil es dort mehr Arbeitsplätze gibt. Das könnte zu einem „Braindrain“ führen, bei dem die USA eine ganze Generation junger Talente verlieren.

Nachdem die Sowjetunion 1957 den ersten Satelliten ins Weltall schickte und den schockierten Amerikanern damit die Illusion raubte, einen technischen Vorsprung zu haben, handelten diese und investierten vermehrt in Universitäten. Damit ist es nun vorbei. Ravi Vakil, Präsident der American Mathematical Society, beschrieb das aktuelle Zeitalter als „für die freie Wissenschaft vielleicht das schwierigste in der Moderne“.

Alex Lando ist unentschlossen, ob sie ihre Promotion in den USA beenden wird. Sie denkt darüber nach, in ihre Heimat Israel zurückzukehren. Die Instabilität ihrer Situation belastet sie: Selbst diejenigen, die heute noch ihren Job haben, wissen nicht, wie lange sie ihn noch behalten dürfen.

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Titelbild: Jason Andrew/NYT/Redux/laif