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Alles eine Frage des Alters

Die Ampel will begleitetes Fahren schon ab 16 erlauben und verspricht auch denen, die jetzt erst den Führerschein machen, eine Rente. Nur wie? Teil drei des Koalitionsvertragschecks

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Begleitetes Fahren, Altersvorsorge

Begleitetes Fahren ab 16

„Um Jugendliche schon frühzeitig für die Gefahren im Straßenverkehr zu schulen, werden wir begleitetes Fahren ab 16 Jahren ermöglichen.“ (Seite 53, Koalitionsvertrag)

Mit diesem Vorhaben will die Ampel das aktuelle Modell weiter ausbauen: das begleitete Fahren ab 17. Zwischen 2004 und 2008 haben es alle Bundesländer eingeführt, seit 2011 ist es auch auf Bundesebene gesetzlich verankert. Etwa jede:r dritte Fahranfänger:in macht vom „Führerschein auf Probe“ Gebrauch. Laut dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat verringert das begleitete Fahren ab 17 die Beteiligung an Verkehrsunfällen im ersten Jahr des selbstständigen Fahrens um 23 Prozent. Viele Expert:innen rechnen dies der oft längeren Zeit hinter dem Steuer zu. Nach rund 500 Kilometern in der Fahrschule sammeln die Jugendlichen im Schnitt noch weitere 2.500 Kilometer Fahrpraxis, bis sie alleine ins Auto steigen.

Mit 16 hinters Steuer? Das muss die EU entscheiden

Trotzdem bleiben Fahranfänger:innen immer noch die mit Abstand gefährdetste Gruppe im Straßenverkehr. Die Idee, das begleitete Fahren zu verlängern und die Fahrroutine somit zu erhöhen, liegt da nahe. Schon 2018 sprachen sich die Verkehrsminister:innen von Bund und Ländern deshalb dafür aus, den Start für das begleitete Fahren von 17 auf 16 Jahre zu senken. Entscheiden können sie darüber nicht – die Altersfrage beim Führerschein fällt ins EU-Recht. Laut der geltenden Richtlinie können EU-Staaten das Mindestalter beim Pkw-Führerschein nicht niedriger als auf 17 Jahre setzen. Will die Ampelregierung das Fahren ab 16 wirklich einführen, muss sie sich bei der EU-Kommission für eine Neufassung einsetzen. Eine „umfassende Reform“ für Fahranfänger:innen soll es aber in jedem Fall geben. Darauf einigte sich die Verkehrsministerkonferenz im Dezember. Im Gespräch ist unter anderem, die Probezeit von zwei auf drei Jahre zu verlängern. Statt früher Freiheit am Steuer sieht es derzeit eher nach verschärfter Kontrolle aus.

Altersvorsorge

„Wir werden daher die gesetzliche Rente stärken und das Mindestrentenniveau von 48 Prozent […] dauerhaft sichern.“ (Seite 73, Koalitionsvertrag)

Wie sehr der demografische Wandel junge Menschen beunruhigen muss, zeigt folgende Hochrechnung des Statistischen Bundesamtes: Aktuell kommen auf 100 Erwachsene im erwerbsfähigen Alter 37 Menschen, die 65 Jahre oder älter sind. 2030 werden es schon 47 sein, 2040 dann 54. Wenn ein heute 29-Jähriger 2060 regulär in Rente geht, wird die Quote der Alten schon bei 60 liegen. Heißt: Die Zahl derer, die in die Rentenkasse einzahlen, wird im Vergleich zu denen, die daraus bezahlt werden, immer kleiner. Dennoch verspricht die Ampel, das aktuelle Rentenniveau von 48 Prozent dauerhaft zu sichern. Und das, obwohl die Rentenbeiträge in dieser Legislaturperiode auf maximal 20 Prozent des Bruttolohns (aktuell 18,6 Prozent) steigen sollen – und die Ampel das Renteneintrittsalter nicht erhöhen möchte.

Wille: vorhanden, Finanzierung: unklar

Das Geld muss also woanders herkommen – etwa aus Aktiengeschäften. Für die sogenannte „kapitalgedeckte Rente“ soll die Deutsche Rentenversicherung noch in diesem Jahr zehn Milliarden Euro erhalten – und gewinnbringend anlegen. Um das Rentenniveau auf diese Art zu stabilisieren, seien jedoch Beträge in dreistelliger Milliardenhöhe nötig, sagen Experten vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Andere Ideen – wie ein öffentlich verwalteter Rentenfonds, in den ein Teil der Rentenbeiträge fließt – hat die Ampel vorerst verworfen. Die Milliarden, mit denen die Bundesregierung die Renten stabil halten will, müssen folglich über den Bundeshaushalt finanziert werden. Da SPD, Grüne und FDP Steuererhöhungen ausschließen und ab 2023 wieder die Schuldenbremse einhalten möchten, wird das Geld wohl an anderer Stelle wieder gestrichen werden.

Illustration: Renke Brandt

Dieser Text wurde veröffentlicht unter der Lizenz CC-BY-NC-ND-4.0-DE. Die Fotos dürfen nicht verwendet werden.