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Untz, untz, untz, piep, piep, piep

Vogelkunde und Techno? Geht für den DJ und Biologen Dominik Eulberg problemlos zusammen. In seinem Album „Mannigfaltig“ warnt er vor dem Verlust der Artenvielfalt

  • ein Bonustrack
Dominik Eulberg

Der Flügelschlag eines gelb leuchtenden Schmetterlings löste in Dominik Eulberg einen Ideenorkan aus. Seit 15 Jahren arbeitet der Produzent, DJ, Biologe und Hobby-Naturschützer daran, Techno und Natur zu fusionieren. Eulberg hat schon Vogelstimmen für Tracks gesampelt, seine Alben mit Covertexten über Taschenkrebse oder Ameisen angereichert – und eine ganze CD veröffentlicht, auf der er abwechselnd erst einen Clubtrack spielt und dann über heimische Tierarten parliert. „Ich will den Leuten ein Stück Natur nahebringen“, sagt er. Vor allem Vögel haben es ihm angetan. Von Eulbergs aktueller Plattenfirma stammt dazu der bemerkenswerte Satz: „Viele haben es versucht, doch er kann tatsächlich von sich behaupten, die Vogelkunde und den Techno unter einen Hut gebracht zu haben.“

„Musik ist für mich nur sinnvoll, wenn sie etwas zu sagen hat“, erklärt Eulberg seine achtjährige Plattenpause

Nun war Eulberg gerade mal wieder auf Wanderschaft in seiner Heimat, dem Westerwald, der sich östlich von Koblenz und Bonn erstreckt und wo er 1978 geboren wurde. Da entdeckte er auf einer Blumenwiese den gelben Schmetterling, der auf seinen Flügeln eine Musterung in Form einer Acht trägt. Als Naturkundler wusste er, was er da vor sich hatte: eine Goldene Acht, so der Name des Falters. Eulberg überlegte: Es gibt da doch auch diesen Singvogel, der Insekten oder sogar kleine Mäuse auf Dornen aufspießt: den Neuntöter. Und im nahen Wald, da wohnt der Siebenschläfer, der seinen Namen einem langen Winterschlaf verdankt.

Am Abend vor dem Kamin flocht Eulberg die Kette weiter. Und tatsächlich: Zu jeder Zahl von eins bis zwölf fiel ihm eine heimische Tierart ein – von der Eintagsfliege über den Siebenschläfer bis zum Zwölfgepunkteten Spargelkäfer. Das Konzept für sein neues, fünftes Album war fertig.

Die Sammlung von zwölf sanft pluckernden Technotracks und wellenförmig an- und abschwellenden Chill-out-Stücken taufte Eulberg „Mannigfaltig“. Ein Plädoyer für den Erhalt der biologischen Vielfalt und der Schönheit der Natur. Es ist das erste Album Eulbergs seit acht Jahren. „Musik ist für mich nur sinnvoll, wenn sie etwas zu sagen hat“, erklärt er. „Und ich habe jetzt etwas zu sagen!“

Seine Message: Unser Leben und das künftiger Generationen hängt von der Artenvielfalt ab

Mit dem Ökotechno von „Mannigfaltig“ will der Produzent seine Hörer dafür sensibilisieren, wie gefährdet die Biodiversität ist, also die Vielfalt der Natur. Und speziell: die der Vögel. Vor zwei Jahren hat die Bundesregierung einen Bericht zum Verlust von Vogelarten veröffentlicht. Darin macht sie darauf aufmerksam, dass allein in den Landwirtschaftsgebieten der EU zwischen 1980 und 2010 über 300 Millionen Brutpaare „verloren gingen“, also gestorben sind, vertrieben oder eben gar nicht erst geboren wurden.

Manche Vogelbestände in Deutschland, wie die des Kiebitz, haben einer anderen Studie zufolge zwischen 1990 und 2013 um 80 Prozent abgenommen, Braunkehlchen und Uferschnepfen um die 60 Prozent. Zurückgeführt wird dies vor allem darauf, dass sich der Lebensraum der Vögel ändert – durch den Klimawandel und den Menschen, aber auch ein verringertes Nahrungsangebot, denn die Insektenbestände gehen ebenso zurück.

Für Eulberg, der manchmal ornithologische Führungen organisiert und seinen Fans einen Bestimmungsservice anbietet, bei dem sie Fotos, Videos oder Audiofiles hochladen können, ist die Natur der größte Künstler von allen. „Die Formen- und Farbenvielfalt, die sie erschaffen hat, ist Sinnbild der Sinfonie des Seins“, schwärmt er. „Unser Überleben und das künftiger Generationen hängt von einer blühenden Biodiversität ab. Das ist unsere Lebensversicherung.“

Titelbild: Dominik Eulberg

Dieser Text wurde veröffentlicht unter der Lizenz CC-BY-NC-ND-4.0-DE. Die Fotos dürfen nicht verwendet werden.