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Beat sei Dank

„Die Welt von morgen“ erzählt die Anfänge des Hip-Hops in Frankreich. Die Arte-Serie lohnt sich – auch für die, die mit Hip-Hop gar nichts anfangen können

  • 3 Min.
Die Welt von morgen

Worum geht’s?

Um die Anfänge des Hip-Hops in Frankreich in den 1980er-Jahren – und die Anfänge dreier späterer Stars der Szene: des Schülers Bruno Lopes (Anthony Bajon), der an einem renommierten Fußballinternat aufgenommen wird, aber lieber mit seinem Freund Didier Morville (Melvin Boomer) breakdancen will. Und des DJs Daniel (Andranic Manet), der in den USA den Hip-Hop entdeckt hat und ihn in Frankreich etablieren will (was er als einer der Ersten schafft). Die Serie erzählt, wie die drei erwachsen werden und – trotz kleiner und großer Rückschläge – berühmt werden: Bruno und Didier mit ihrer Gruppe Suprême NTM (meist einfach NTM genannt), Daniel als DJ und Rapper Dee Nasty.

Worum geht’s eigentlich?

Um die Macht des Hip-Hops, der für viele Jugendliche in den französischen Banlieues ein Ausdrucksmittel und lebenswichtiges Ventil ist. „Die Welt von morgen“ ist ein Generationenporträt aus dem Pariser Vorort Saint-Denis. Die Serie behandelt einfühlsam Themen wie Rassismus, häusliche Gewalt und Polizeigewalt, die die Jugendlichen selbst erleben (Didier zum Beispiel wird von seinem Vater geschlagen) oder in ihrem Umfeld beobachten. Immer wieder werden dokumentarische Sequenzen eingebunden, auch von Rechtspopulist*innen wie Jean-Marie Le Pen, die die Probleme in den Vororten nutzten, um Stimmung gegen Migrant*innen zu machen.

Die Welt von morgen

Wie wird’s erzählt?

Authentisch: Neben professionellen Schauspieler*innen wurden Jugendliche aus der Hip-Hop-Szene oder von der Straße gecastet. „Die Welt von morgen“ ist kein 80er-Jahre-Nostalgiekitsch, sondern erzählt ungeschönt und mit sanftem Humor. Dabei treibt die Musik (für den Soundtrack hat unter anderem Dee Nasty seine Songs überarbeitet) stets die Handlung voran, wodurch die Serie schnell einen Sog entwickelt. Damit liegt „Die Welt von morgen“ im Trend: Serienmacher*innen aus der ganzen Welt legen derzeit Serien vor, die von der Hip-Hop-Kultur erzählen und die Musik als erzählerisches Mittel nutzen. „Almost Fly“ (Warner TV) zum Beispiel ist eine humorvolle Coming-of-Age-Serie über die Anfänge des deutschen Hip-Hops, die BBC-Serie „Mood“ (demnächst bei ZDFneo) das Porträt einer aufstrebenden Sängerin und Rapperin.

Lohnt sich das?

Absolut, sogar wenn man mit dem Genre nicht so viel anfangen kann. Hip-Hop ist mehr als Musik, auch die Mitglieder von NTM kamen über Tanz und Graffiti zum Rap. Die Serie lässt sich Zeit für die verschiedenen Teilbereiche. Außerdem nimmt „Die Welt von morgen“ ihre Figuren und Probleme ernst, auch wenn man sich zwischendurch angesichts der Vielzahl von Protagonist*innen wünscht, es wäre mehr Raum für die Einzelnen geblieben, um sie besser kennenzulernen. Statt eine klassische Heldengeschichte zu erzählen, macht „Die Welt von morgen“ die Bedeutung des Hip-Hops für die Figuren spürbar, ihren Drang, sich mitzuteilen, und ihren Mut, für ihre Leidenschaft einzustehen.

Wermutstropfen:

Wie in der Realität sind auch in der Fiktion die Anfänge des Hip-Hops männlich dominiert. „Die Welt von morgen“ gibt sich zwar Mühe, auch weibliche Figuren und ihren Einfluss zu zeigen – Daniels Freundin Béatrice (Léo Chalié) motiviert ihn, seine Musik aufzulegen, Vivi (Laïka Blanc-Francard) muss sich als Graffitikünstlerin Lady V erst den Respekt der anderen Sprayer erkämpfen, später den als Choreografin von NTM. Am Ende bleiben die Frauen der Serie aber Sidekicks.

„Die Welt von morgen“ seht ihr in der Arte-Mediathek oder am 20. (22 Uhr) und 27. Oktober im linearen Arte-Programm.    

Fotos: ARTE / © Jean-Claude Lother

Dieser Text wurde veröffentlicht unter der Lizenz CC-BY-NC-ND-4.0-DE. Die Fotos dürfen nicht verwendet werden.