Seit die Mehrheit der Griechen Oxi – also Nein – gesagt hat bei dem Referendum am vergangenen Sonntag, läuft die Krisendiplomatie zwischen Athen und Brüssel wieder auf Hochtouren. Das Nein zum Einigungsplan von EU und IWF war auch gleichzeitig für viele ein Ja zu Verhandlungen unter anderen Bedingungen. Ein Ja zur Position des Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Und eine Inkaufnahme des Grexit: Die griechischen Geldautomaten sind bald leer, das Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone droht. Die Euro-Gruppe hat bereits Stellung bezogen: Sie gibt Athen bis zu einem EU-Sondergipfel am kommenden Sonntag Zeit, sie mit Reformvorschlägen zu überzeugen. Dann kann es wieder Geld geben.
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Ein Melancholiker aus Marmor, dem die Nase angeklebt werden musste. Irgendwie ein Sinnbild. Allerdings: Viele Griechen sind nicht nur melancholisch, sondern schier verzweifelt
Stellung bezieht auch dieses 2011 gegründete griechische Künstlerkollektiv: und zwar gegen die massiven sozialen, wirtschaftlichen und politischen Veränderungen, die die Krise in Griechenland in den vergangenen Jahren mit sich gebracht hat. „The Depression Era Project“ haben die 36 Fotografen, Maler, Designer, Autoren und Wissenschaftler ihr künstlerisches Projekt genannt. Sie wollen abseits des Medien- und Diskursmainstreams einen Blick auf eine Zeit der Unsicherheit und Insolvenz werfen, in der Fortschritt und Wachstum zu leeren Versprechungen geworden sind. So soll ein Mosaik und Archiv der Krisenzeit entstehen. Dazu gibt es verschiedene Aktionen im öffentlichen Raum, wie Ausstellungen auf dem Gehsteig, Digitalplattformen und Bildungsworkshops.
Bilder von verschiedenen Fotografen des „Depression Era Project“ zeigen wir oben in der Bildergalerie.

Denkmalpflege, Guerilla-Style. Diesem Melancholiker aus Marmor hat ein freischaffender Restaurator eine neue Nase angeklebt. Das Foto stammt von Georges Salameh. 1973 in Beirut geboren, pendelt der Fotograf zwischen Palermo und Athen.

Sind ja nicht alle in der Krise in Griechenland. Die bisweilen festungsartigen Anwesen der oberen Zehntausend dokumentiert der 1963 geborene Fotograf Kostas Kapsianis, der in Athen lebt und Teil des Künstlerkollektivs Kolekiv8 ist.

Hier ist die große weite Welt nur noch eine Fototapete. Jener Teil von Attika, der Nea Helvetica heißt – neue Schweiz –, war bis vor kurzem ein wichtiger Standort der griechischen Industrie. Heute liegt er brach, wie der Fotograf Pavlos Fysakis festhält.

Den Verfall der Vorstädte untersucht Fotograf Petros Koubilis. Der 1981 geborene Künstler untersucht dabei insbesondere Symbole, die ihre Bedeutung ändern. So wie die Griechenland-Fahne, die traurig vor der Veranda dieses Wohnhauses hängt.

Der Gesellschaftsfotograf Spyros Staveris dokumentierte jahrelang die Partys der Superreichen für Zeitschriften und Magazine. Nicht immer zur Freude der Abgebildeten. Die Superreichen feiern immer noch, nur lassen sie Staveris nicht mehr so gerne fotograf

2,5 Millionen Griechen leben unterhalb der Armutsgrenze. Die Jugendarbeitslosigkeit ist bei 50 Prozent. Als Schüler im Klassenzimmer zusammenbrachen, wurden an Schulen Suppenküchen eingeführt. Dimitris Machalakis Serie „Burnout“ zeigt ein Land am Limit.

Seit die Wirtschaft 2009 eingebrochen ist, kamen auch viele Bauprojekte in Griechenland zum Erliegen. Diese und andere öde Orte, die ihre Funktion verloren haben, seit das Land in seiner schweren Rezession steckt, fotografiert Marinos Tsagkarakis.

Seit es im Februar 2012 in Athen zu Aufständen gegen den Austeritätskurs der Troika kam und auch Plünderungen stattfanden, fotografiert Yiannis Hadjiaslanis die vielen Gebäude in der Athener Innenstadt, die seither vernagelt und verbarrikadiert sind.

Da war die Welt noch in Ordnung. Als 2004 die Olympischen Spiele in Athen stattfanden, war die Krise weit weg. Und alles drehte sich um den Sport. Yorgos Prinos Fotoserie Eclipse erinnert an einen Sommer, in dem nur die Gegenwart zählte.

Auch irgendwie blühende Landschaften. Ein Stillleben mit Wassermelonen auf einem Feld von Maria Mavropoulou. Sie ist 1989 geboren, lebt und arbeitet in Athen.

Früher war die Archanon Straße im Zentrum Athens und einem der ältesten Teile der Stadt eine belebte Straße. Heute ist sie von Leerstand und sozialen Verwerfungen geprägt. Das Leben am Rand der Gesellschaft fotografiert Dimitris Rapakousis.

Mit 37 Jahren machte Christos Kapatos einen Schnitt. Inmitten der Wirtschaftskrise kündigte er seinen Job und zog mit seiner Verlobten zu seinen Eltern. Dort fotografierte er das Leben seines Vaters Antonis, der eine Reihe von Schlaganfällen hatte.