Spanien: Yes, we camp!

Seit Monaten kämpfen Spaniens Jugendliche gegen Perspektivlosigkeit, Korruption und gegen die politischen und wirtschaftlichen Eliten: Über 45 % der jungen Leute finden keinen Job, und die Regierung fährt weiter ihren harten Sparkurs. Schon länger brodelt es in Spanien, aber erst mit der Facebookgruppe eines arbeitslosen Juristen wurde der Ärger greifbar. Die Plattform Democracia Real Ya (dt.: Wirkliche Demokratie Jetzt) meldete Demos in mehr als 50 Städten an. Dank Facebook und Twitter gingen bei der Movimiento 15-M (Bewegung des 15. Mai) 130.000 Empörte auf die Straßen. Sie errichteten Protestlager und ließen sich auch von den Gummigeschossen der Polizei nicht abschrecken. Sie brachten weiter Zahnbürsten und Schlafsäcke zu ihren Protestcamps mit: für Arbeit, Bankenkontrollen und das Recht auf Wohnung. Als ein Camp in Madrid ge- räumt wurde, verabredeten sich die Demonstranten kurzerhand zu „Spaziergängen“.

Frankreich: Empört euch!

Den weltweiten Finanzkapitalismus hat sich die französische Jugend im Mai 2011 vorgeknöpft. 222 Jahre nach dem Sturm auf die Bastille protestierten Tausende Indignés (dt. Empörte) auf dem Place de la Bastille gegen Sozialabbau und die Herrschaft korrupter Eliten. Mit rund 23 % Jugendarbeitslosigkeit liegt Frankreich zwar im europäischen Mittelfeld, aber noch hinter Slowenien und Estland. Schon lange bringen brennende Autos in den Banlieues Staatspräsident Sarkozy immer wieder an die Grenzen der Geduld. Dieses Mal gingen auch die gut Ausgebildeten auf die Straße und flashmobbten Paris.

Großbritannien: mit Sekundenkleber gegen Steuersünder

Schon im vergangenen Jahr protestierten Zehntausende Studenten gegen Studiengebühren und Kürzungen im Hochschuletat, warfen Scheiben ein und stürmten die Zentrale der Konservativen Partei in London. Angesichts von rund 20 % Jugendarbeitslosigkeit sprachen Beobachter schon damals von einer sozialen Schieflage im Königreich. Zum Vergleich: In Deutschland lag die Jugendarbeitslosigkeit im August bei 9,6 %. Im Sommer 2011 schließlich kam es zu gewaltsamen Krawallen in London, Birmingham und anderen großen Städten. Dabei wurden Häuser angezündet und Läden geplündert. In Birmingham wurden drei junge Männer, die ihr Viertel vor Übergriffen schützen wollten, überfahren. Das Ausmaß der Brutalität hat dabei die gerechtfertigte Kritik von friedlichen Demonstranten, wie den Aktivisten der Bewegung UK Uncut, an der Kluft zwischen Reich und Arm überschattet. UK Uncut, von zehn jungen Leuten in einem Pub gegründet, hat als Verursacher des gesellschaftlichen Missstands neben den Politikern noch weitere Übeltäter im Auge: Firmen, die sich um Steuern drücken, und Banken, die für schrumpfende Sozialleistungen verantwortlich gemacht werden. Über Facebook und Twitter verabreden sich die Aktivisten, um Filialen von Mobilfunkbetreibern zu besetzen, Krankenstationen vor Bankschaltern zu eröffnen und um sich mit Sekundenkleber an die Fensterscheiben der Geschäfte bekannter Markenartikler zu kleben.

Griechenland: Wir wollen nicht wie Sklaven leben!

Seit Monaten proben die Griechen den Aufstand gegen die Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen der konservativen Regierung. Vor allem die Einschnitte beim öffentlichen Dienst treffen die Jugendlichen hart – schon jetzt ist die Jugendarbeitslosigkeit mit 38,5 % die dritthöchste in Europa. Im Frühsommer 2011 richteten die jungen Leute ihren Zorn auf alles, was sich ihnen in den Weg stellte, und lieferten sich mit der Polizei regelrechte Straßenschlachten: Schwarz vermummt zogen sie mit Schlagstöcken und Molotow-Cocktails über den Athener Syntagma- Platz, warfen Steine und schlugen Schaufenster ein. Mit Tränengas und Blendgranaten hielt der Staat dagegen. Ende Juni standen sich 20.000 Demonstranten und 5.000 Polizisten gegenüber, am Tag darauf redete Ministerpräsident Papandreous Stellvertreter davon, Panzer einzusetzen. Gespart wird in Griechenland weiter.

Portugal: Verlorene Generation kippt Sparprogramme

Auch in Portugal demonstrierten Hunderttausende gegen Jobunsicherheit, prekäre Verhältnisse und die Sparmaßnahmen der Regierung. Mehr als jeder Vierte zwischen 15 und 24 Jahren ist arbeitslos – insgesamt 27,2 %. Im März 2011 gründeten vier junge Portugiesen deshalb die Facebook- Gruppe Geração à rasca (Verlorene Generation) und schrieben ein Manifest. Bei der Movimiento 12 de Marzo (Bewegung des 12. März) gingen fast 300.000 Leute auf die Straße. Nach weiteren Protesten zog die konservative Opposition ihre Unterstützung für das Kürzungsprogramm der Regierung zurück. Die Sparpläne wurden daraufhin im Parlament abgelehnt.