Wenn man über Deutschland fliegt, sieht man zahlreiche Felder, so einige Städte, Flüsse und Berge, aber eben auch: ziemlich viel Wald. Ein gutes Drittel des Landes besteht daraus, das sind rund 90 Milliarden Bäume. In den vergangenen Jahren sind es sogar ein bisschen mehr geworden.

Die Deutschen und ihr Wald, das ist schon eine sehr spezielle Beziehung. Zu allen Zeiten war er für Literaten, Künstler und Naturliebhaber ein Sehnsuchtsort: ein Platz, an dem der Alltag ganz schnell einer gewissen Magie weicht, die Hektik im Angesicht des über Jahrhunderte Gewachsenen keine Chance hat. Das Gute ist: Jeder darf „zum Zwecke der Erholung“ in den Wald hinein, selbst wenn über 40 Prozent der Fläche in privaten Händen sind. Mit dem Besitz verbindet sich auch die Verantwortung für den Wald.

Noch im Mittelalter durfte sich jeder im Wald bedienen, Holz schlagen, Pflanzen ausreißen oder Tiere jagen. Irgendwann nahmen die Wälder dadurch Schaden, die Nutzungsrechte wurden eingeschränkt, die Besitzverhältnisse geklärt. Einen guten Teil des Waldes beanspruchten die Könige für sich und vergaben Lehen an geistliche und weltliche Herrscher. Bis heute gehören manche Adelshäuser zu den größten Waldbesitzern: Die Thurn und Taxis haben 20.000 Hektar, die Fürstenbergs 18.000 und die Hohenzollern 15.000.

Der Wald ist politisch

Als Erfinder des nachhaltigen Umgangs mit dem Wald gilt Hans Carl von Carlowitz. In seinem Buch „Sylvicultura Oeconomica“ (1713) schreibt der Kenner des Forstwesens, dass es wichtig sei, zu wissen, „wie eine sothane Conservation und Anbau des Holtzes anzustellen / daß es eine continuierliche beständige und nachhaltende Nutzung gebe“. Nutzen und Schützen gilt seitdem als Grundsatz der Forstwirtschaft.

Immer wieder ist der Wald auch ein Politikum. Als Folge von durch Luftverschmutzung verursachtem sogenannten sauren Regen wird 1979 in Deutschland das Waldsterben prophezeit, was der Ökologiebewegung großen Zulauf von Naturfreunden beschert. Um den Waldbestand zu schützen, fördert der Bund aufwendige Kalkbehandlungen der Waldflächen. Teil der Schutzmaßnahmen sind seit 1986 auch die Bundeswaldinventuren (BWI). Dabei wird etwa alle zehn Jahre untersucht, wie es um die Wälder steht. Im Jahr 2012 hat die letzte Inspektion unter anderem gezeigt, dass insbesondere der Bestand an Fichten im Vergleich zu 2002 zurückgegangen ist. Gründe hierfür sind Stürme, Insekten und die durch den Klimawandel zunehmende Trockenheit. Nicht gut für die Holzindustrie, denn die Fichte ist ihr wichtigster Baum. „Um diese Entwicklungen zu beobachten, läuft gerade eine kleine Inventur, die Ergebnisse gibt es Anfang 2019“, sagt Heino Polley, wissenschaftlicher Koordinator der BWI.

Wald verpflichtet

Der Schutz des Waldes soll nicht nur Spaziergängern und Pilzsammlern zugutekommen, er sorgt auch dafür, dass mit dem Holz Geld gemacht wird. Die Holzwirtschaft setzt jährlich 180 Milliarden Euro um. Und damit der Bau- und Brennstoff nicht ausgeht, muss sorgfältig aufgeforstet werden.

Die wenigsten Waldbesitzer können vom Holzverkauf leben, denn im Schnitt gehören jedem nur drei Hektar. „Viele schließen sich in Forstbetriebsgemeinschaften oder zu Forstgenossenschaften zusammen“, erklärt Michael Blaschke vom Landesbetrieb „Wald und Holz NRW“. Der Wald verpflichtet seine Besitzer schließlich zur nachhaltigen Pflege. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, kann Wald relativ günstig erwerben: Den Quadratmeter bekommt man für rund zwei Euro. Aber warum sollte man ihn kaufen, wenn man das Naturerlebnis völlig umsonst haben kann.

Titelbild: Malte Jaeger/laif