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Gleicher wird’s nicht

Heute vor 70 Jahren wurden die Menschenrechte der UN verabschiedet. Sie gelten längst nicht überall, schon gar nicht für jeden Menschen auf der Welt. Die wichtigsten Fragen und Antworten im FAQ

Was sind eigentlich Menschenrechte?

Die Idee ist einfach: Alle Menschen sind gleich – und das heißt wirklich alle, es gibt keine Ausnahmen, etwa durch Geschlecht, Herkunft oder Behinderung. Allein durch ihr Menschsein haben alle gewisse Rechte, überall und immer, auch in anderen Ländern, auch im Gefängnis. Diese Rechte nennt man Menschenrechte.

Die Menschenrechte gelten für alle, deswegen kennt man sie. Dachten wir. Ein Quiz

Ein paar Beispiele, bitte!

Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit seiner Person. Jeder hat das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden. Niemand darf willkürlich festgenommen oder des Landes verwiesen werden. Alle Menschen haben das Recht, sich friedlich zu versammeln. Jeder hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Alle diese Sätze stammen aus der UN-Menschenrechtscharta.

Der 10. Dezember ist der „Tag der Menschenrechte“. Warum gerade dieser Tag?

Am 10. Dezember 1948 – also heute vor genau 70 Jahren – wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen vorgetragen und von dieser verabschiedet. Diese sogenannte Menschenrechtscharta der UN umfasst 30 Artikel und gilt heute als bedeutendstes Menschenrechtsdokument.

Dann gab es vor 1948 keine Menschenrechte?

Die Idee unveräußerlicher Grundrechte ist viel älter, sie geht teils bis in die Antike zurück. Konkret wurde sie im 18. Jahrhundert, im Zeitalter der Aufklärung, und mit der Entstehung moderner Demokratien. Die Erklärung von 1948 markiert trotzdem einen Wendepunkt: So grundlegend niedergeschrieben und von der gesamten Staatengemeinschaft anerkannt wurden die Menschenrechte vorher nicht.

Wer legte denn diese Menschenrechte fest?

Von den Staaten extra dafür eingesetzte Diplomaten, Ethiker, Juristen und Philosophen. Die Schwierigkeit ihrer Aufgabe bestand vorrangig darin, die Menschenrechte wirklich allgemeingültig zu formulieren und eine Erklärung zu verfassen, die möglichst von allen anderen Staaten anerkannt wird. Sonst hätte sie keinen Wert. Im Ergebnis klingen Menschenrechte dann oft unkonkret. 

Kneipenwissen: Ein Komitee aus neun Juristen, Politikern, Diplomaten und Ethikern erarbeitete die UN-Menschenrechtscharta. Den Vorsitz hatte übrigens Eleanor Roosevelt, die einzige Frau im Komitee – der afrikanische Kontinent war überhaupt nicht vertreten.

Stehen alle Menschenrechte in der UN-Menschenrechtscharta?

Nein, es gibt noch mehr Menschenrechte, die erst später von den Vereinten Nationen aufgenommen wurden. Etwa der Zugang zu sauberem Wasser, der erst 2010 von der UN-Generalversammlung verabschiedet wurde. „Die Menschenrechte“ als klar definierte Liste gibt es nicht, genauso wenig wie eine Instanz, die allein abgrenzt, ab wann ein Recht ein Menschenrecht ist. Menschenrechte sind vor allem eine Idee.

Wie verbindlich kann man diese Idee durchsetzen?

Auch beim Wahlrecht wird Deutschland von Menschenrechtlern kritisiert: Artikel 21 des AEMR legt ein „allgemeines und gleiches Wahlrecht“ fest, rundum betreute Menschen mit Behinderung dürfen aber in Deutschland nicht wählen

Das ist kompliziert: Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist tatsächlich eine reine Willenserklärung ohne verbindliche Wirkung. In der Folge wurden von den Vereinten Nationen allerdings mehrere Menschenrechtsabkommen beschlossen, die für die Unterzeichnerstaaten rechtlich bindend sein sollen. Die wichtigsten sind zum Beispiel der UN-Sozialpakt und der UN-Zivilpakt von 1966, die UN-Antifolterkonvention (1984) oder die UN-Kinderrechtskonvention (1989), die viele der Rechte aus der AEMR durchsetzen sollen. Zudem finden sich die Menschenrechte in vielen Ländern in der Verfassung wieder, in Deutschland etwa durch die ersten Artikel des Grundgesetzes. Für die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention gibt es den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.

Werden die Menschenrechte weltweit umgesetzt?

Nein. Willkürliche Verhaftungen, sexuelle Diskriminierung, Kinderarbeit oder willkürliche staatliche Überwachung sind bittere Realität in vielen Teilen der Welt. Aus diesem Grund gibt es Menschenrechts-NGOs, die Missstände öffentlich machen und gesellschaftlichen und politischen Druck aufbauen, damit sich etwas ändert.

Aber in Deutschland gelten die Menschenrechte?

Zum größten Teil, aber auch Deutschland wird manchmal der Verletzung der Menschenrechte bezichtigt: Menschenrechts-NGOs sehen etwa die Residenzpflicht kritisch, die Asylsuchende und Geduldete für einen gewissen Zeitraum verpflichtet, sich nur an einem bestimmten Ort aufzuhalten – meist im Bezirk oder Bundesland ihrer zuständigen Asylbehörde. Damit steht die Residenzpflicht im Widerspruch zu Artikel 13 der AEMR. Demnach hat jeder das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen.

Wenn die Menschenrechte mehr Idee als Recht sind, deren Umsetzung selbst in Deutschland nicht immer klappt: Was ist denn so bemerkenswert an diesen Menschenrechten?

Die Frage ergibt sich aus der Situation in Deutschland: Es geht uns sehr gut. Viele der Menschenrechte sind hier selbstverständlich, während in anderen Staaten nicht sicher ist, dass Kinder zur Schule gehen können (Artikel 26 der AEMR: Recht auf Bildung) oder dass eine Frau sich aussuchen kann, wen sie heiraten will (Artikel 16). Dass wir in unserem Alltag nicht dauernd an die Menschenrechte denken, zeigt auch, wie erfolgreich die Idee war und ist.

Du willst es genauer wissen? Mehr Informationen über die Menschenrechte gibt es auf bpb.de

Das Titelbild von ADAM DEAN (NYT/Redux/laif) zeigt Rohingya, ein Volk, dem dieses FAQ wie ein schlechter Scherz erscheinen muss: Die Rohingya sind eine muslimische Minderheit, die in ihrer Heimat Myanmar verfolgt wird und auch anderswo unerwünscht ist.

Dieser Text wurde veröffentlicht unter der Lizenz CC-BY-NC-ND-4.0-DE. Die Fotos dürfen nicht verwendet werden.