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Was wird in einer Asylanhörung gefragt?

Wie lange dauert eine Anhörung, welchen Stellenwert hat sie für den Asylantrag und wer ist beteiligt? Die wichtigsten Antworten

Foto: dpa / picture alliance
 

Wer nimmt an der Asylanhörung teil? 

Im Zentrum der Anhörung stehen der oder die Geflüchtete, der bzw. die den Asylantrag gestellt hat, und ein sogenannter „Entscheider“ vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), der letztlich über den Asylantrag entscheidet. Dieser „Entscheider“ stellt dem Geflüchteten in Anwesenheit eines Dolmetschers Fragen. Der Asylbewerber kann auch einen Anwalt, einen UNHCR-Vertreter und, wenn er das vorher beantragt, eine Vertrauensperson mitbringen. Minderjährige Geflüchtete werden außerdem von ihrem Vormund begleitet. Die Anhörung ist nicht öffentlich, weitere Personen außer den genannten sind nicht zugelassen.

 

Wie lange dauert eine Anhörung?

Die Dauer variiert. Erfahrungsberichten zufolge sind nach etwa fünf Stunden alle Fragen beantwortet. In Ausnahmefällen kann ein Gespräch nach zwei Stunden vorbei sein, manche Anhörungen ziehen sich über zwei Tage – mit Unterbrechungen natürlich.

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In welcher Sprache findet sie statt?

Asylanhörungen finden in der Muttersprache des Asylbewerbers statt. Weil der Entscheider diese Sprache meist nicht spricht, übersetzt ein Dolmetscher alle Aussagen des Asylbewerbers ins Deutsche und alle Fragen des Entscheiders in die Sprache des Asylbewerbers. Das Gesagte wird übersetzt und protokolliert, rückübersetzt und den Antragstellern vorgelegt, damit sie das Protokoll ergänzen oder korrigieren können, bevor sie es durch ihre Unterschrift genehmigen. 

Was genau werden die Geflüchteten gefragt?

Zu Beginn der Anhörung kommt der Asylbewerber zu Wort. Er berichtet, warum er sein Heimatland verlassen musste, und geht dabei auch auf seine persönliche Situation ein. Anschließend stellt der Entscheider Fragen, um mehr darüber zu erfahren, wie und warum die Person verfolgt wird und was sie erwarten würde, wenn sie in ihr Heimatland zurückkehren müsste. Zum Beispiel werden Asylbewerber, die als Fluchtursache eine Verfolgung aufgrund ihrer Homosexualität angeben, gefragt, wann sie ihre sexuelle Orientierung bemerkt haben, ob sie offen damit umgegangen sind, Liebesbeziehungen hatten und vor allem, mit welchen Herausforderungen und Repressionen sie deswegen in ihrer Heimat konfrontiert waren.

 

Worum geht es dem BAMF in der Asylanhörung?

Die Entscheider wollen in den Anhörungen feststellen, ob Asylbewerber in ihren Heimatländern einer Verfolgung ausgesetzt sind, etwa durch den Staat oder die eigene Familie, und wie groß diese Bedrohung gegenwärtig ist, erklärt Stefan von Borstel, Pressesprecher des BAMF. Entscheidend für das Verfahren ist, ob der Asylbewerber persönlich mit „beachtlicher Wahrscheinlichkeit“ von Verfolgung betroffen wäre.

Haben Asylbewerber einen Anspruch auf speziell geschulte Entscheider?

Minderjährige, Folteropfer, traumatisierte Personen, Opfer von Menschenhandel und Sklaverei sowie Asylbewerber, die aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung verfolgt wurden, befinden sich oft in einer psychisch besonders belastenden Situation. Sie können deshalb beantragen, dass ihr Fall von einem speziell geschulten Sachbearbeiter, einem sogenannten „Sonderbeauftragten“, entschieden wird. Dieser Sonderbeauftragte kann die Verfahrensakte studieren und seine Einschätzung äußern. Eine Garantie, dass der Asylbewerber seinen Fall einem Sonderbeauftragten persönlich schildern kann, gibt es aber nicht.

Gibt es Fragen, die nicht gestellt werden dürfen?

Ja. Obwohl sich der Entscheider detailliert mit dem Leben des Asylbewerbers auseinandersetzen muss, hat er das Privat- und Familienleben des Befragten zu achten. Verboten sind beispielsweise Fragen zu sexuellen Praktiken. 

Bereiten sich die Entscheider auf jede Anhörung vor?

Das können sie selten – ganz einfach, weil über die meisten Asylbewerber nur Name, Geschlecht und Herkunftsland, keine Details bekannt sind. Der Entscheider kann aber Informationen zur Situation in den Herkunftsländern einsehen, um die Aussagen des Asylbewerbers zu überprüfen und dessen Lage besser einzuschätzen. Diese Informationen stammen unter anderem vom Auswärtigen Amt, von internationalen Organisationen und aus Medienberichten.

Welchen Stellenwert hat die Anhörung im Verfahren? 

Die Anhörung ist der wichtigste Faktor im Asylverfahren. Deshalb sind Bewerber gut beraten, sich darauf vorzubereiten

Sie ist der wichtigste Faktor im Asylverfahren. Deshalb bieten Hilfsorganisationen Asylbewerbern vor der Anhörung auch Beratungen an. So können sie sich auf die Situation vorbereiten und auf Fragen, die möglicherweise mit schmerzhaften Erinnerungen verbunden sind. Nach der Anhörung wird dem Asylbewerber aber nicht sofort mitgeteilt, wie das Verfahren ausgegangen ist. Der Bescheid kommt mit einer schriftlichen Begründung einige Zeit später per Post.

Können sich Asylbewerber gegen das Ergebnis der Anhörung wehren?

Bewerber können gegen den Asylentscheid des BAMF klagen, nicht aber gegen die Resultate der Anhörung. Gibt es während des Gesprächs Probleme, etwa wenn der Asylbewerber den Eindruck hat, dass der Übersetzer nicht korrekt übersetzt, sollte der Asylbewerber dies im Protokoll vermerken lassen. Eine Ausfertigung des Protokolls erhält er im Anschluss an die Anhörung. Bei einer späteren Überprüfung können sich Asylbewerber auf solche Vermerke berufen.

 

 

Titelbild: Bernd Von Jutrczenka / dpa / picture alliance 

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