Wie viel jemand verdient, hängt nicht nur davon ab, was er arbeitet, wie gut er verhandelt oder was er in der Hose hat – sondern auch davon, wo er wohnt. Vergleicht man die mittleren monatlichen Bruttoeinkommen Deutschlands, zeigt sich: Mit 4.610 Euro verdienten die Beschäftigten 2015 in Wolfsburg am meisten, im Erzgebirgskreis am wenigsten. Dort lag das mittlere monatliche Bruttoeinkommen bei 2.036 Euro – also bei weniger als der Hälfte.
Ausreißer nach oben oder unten, die die Statistik verzerren könnten, sind schon weggerechnet: Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit geben nicht das Durchschnittseinkommen an, sondern das sogenannte Medianeinkommen. Würden sich alle Vollzeitbeschäftigten ihrem Gehalt nach in einer Reihe aufstellen, stünde die Person mit dem Medianeinkommen genau in der Mitte. Die eine Hälfte der Beschäftigten bekommt mehr, die andere Hälfte weniger als das mittlere Entgelt.
Wer weniger als zwei Drittel des Medianeinkommens verdient – die Schwelle lag Ende 2015 bei 2.056 Euro –, gilt als Geringverdiener. Zu diesen Beschäftigten im unteren Entgeltbereich gehört im Erzgebirgskreis ungefähr jeder zweite. Bundesweit ist es nur jeder fünfte Arbeitnehmer, in Wolfsburg nicht mal jeder zehnte.
Ob es einer Region finanziell gut oder schlecht geht, hängt von vielen Faktoren ab. Vereinfacht gesagt aber fließen in den Haushalt einer Kommune Mittel aus drei Quellen ein: Da sind einmal Gebühren und Beiträge, zum Beispiel für Abwasser oder Müllentsorgung. Dann gibt es finanzielle Zuschüsse aus dem sogenannten Landesfinanzausgleichstopf. Sie werden möglichst gerecht auf die Kommunen verteilt: Ist eine Kommune besonders finanzstark, bekommt sie nur wenig oder keinen Zuschuss, in manchen Fällen gibt sie sogar etwas Geld an die ärmeren ab. Und schließlich: die Steuereinnahmen. Wie genau sie zwischen Bund, Ländern und Kommunen aufgeteilt werden, regelt das Grundgesetz. Von der Lohn- und Einkommenssteuer gehen zum Beispiel 15 Prozent an die Gemeinden, der Rest zu gleichen Teilen an Bund und Land. Andere Einnahmen, etwa aus der Gewerbe- oder Grundsteuer, stehen ganz den Kommunen zu.
Eine besonders große Rolle spielen Unternehmen, die reichlich Arbeitsplätze bieten und potenziell gute Löhne zahlen. Das niedersächsische Wolfsburg etwa ist der Hauptsitz des Autokonzerns Volkswagen. Rund 60.600 Menschen sind dort beschäftigt; die Stadt wurde 1938 praktisch als Wohnort für die Mitarbeiter des Werks konzipiert. Auch das Logistikunternehmen Schnellecke Group sitzt seit der Stadtgründung in Wolfsburg. Es beschäftigt heute gut 16.000 Arbeitnehmer und zieht zusammen mit VW viele weitere Betriebe an.
Der sächsische Erzgebirgskreis dagegen ist vor allem von zwei Faktoren geprägt: dem Bergbau und der Wirtschaftsweise in der DDR beziehungsweise ihrem Zusammenbruch. Seit der Wiedervereinigung haben viele – gerade junge – Menschen das Erzgebirge verlassen. Zwar wird dort noch immer viel produziert, die Löhne in der Industrie sind aber vergleichsweise niedrig. Laut Ralf Hron, Geschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbundes in der Region, liegt das daran, dass es im Erzgebirgskreis nur wenige Betriebe mit Tarifbindung gibt. Lohn, Arbeitszeiten, Urlaubsanspruch, Weihnachtsgeld und noch vieles mehr müssen Arbeitnehmer selbst aushandeln. Nicht immer geht das für sie gut aus.