„Seit meiner Kindheit habe ich über den vielen Müll nachgedacht“, sagt der amerikanische Fotograf Gregg Segal. Ihn beschäftigte die Frage, wo das alles bleiben und was einmal werden solle, wenn es keinen Platz mehr dafür gibt. Die Amerikaner produzieren am Tag etwa 1,8 Kilo Müll pro Person. Die gesamte US-amerikanische Bevölkerung bringt es auf vier Millionen Tonnen im Jahr. „Ich kann nicht fassen, wie unbekümmert wir mit diesem Problem umgehen“, schreibt Segal auf seiner Internetseite. 

Deshalb hat er im Januar des Jahres 2014 einen Entschluss gefasst: Er wollte Bilder machen, angesichts derer niemand mehr seine Ignoranz gegenüber dem Müllproblem aufrechterhalten könnte. Er forderte Freunde, Bekannte und Nachbarn auf, ihre Abfälle von einer Woche zu sammeln, um sich dann für Segal in diesen Müllberg hineinzulegen und von ihm darin fotografieren zu lassen. Alle Bilder sind in Segals Garten entstanden. Seine eigene Familie hat der Fotograf auch nicht verschont. Er wollte seinem siebenjährigen Sohn zeigen, dass sie als Familie selbst zu dem Problem beitragen. 

Dass auch recycelbare Plastikverpackungen auf den Bildern zu sehen sind, ist als Kritik an dem Recyclingsystem zu verstehen: Viel von dem, was als „recycelbar“ gekennzeichnet sei, werde gar nicht wiederverwertet, kritisiert Segal, oder beim Recycling fallen weitere Umweltbelastungen an. Etwa wenn Plastikmüll zur Energiegewinnung verbrannt wird. Dabei schwingt bei Segal ein Verdacht mit: Auch dadurch, dass allerorten von Recycling die Rede ist, hält sich die Bereitschaft der Menschen, ihre Müllproduktion zu reduzieren, in Grenzen. Und die Verpackungspraxis im Bereich Kosumgüter bleibt exzessiv. 

Mit „7 Days of Garbage“ ist eine Reihe beeindruckender bis bedrückender Bilder entstanden. Ob der schiere Anblick der Fotoarbeit beim Betrachter zu einer Verhaltensänderung führen kann, sei dahingestellt. Zumindest aber bei einigen der fotografierten Personen kann Segal von einem Umdenken berichten. Die Erfahrung, derart mit dem eigenen Müll konfrontiert zu sein, hat viele seiner Protagonisten tief bewegt, berichtet der Fotograf. Allerdings hätten sich nicht wenige davon auch nur besonders machtlos gefühlt. Bleibt die Frage, was der Einzelne ausrichten kann, wenn das ganze Wirtschaftssystem auf steigenden Konsum ausgelegt ist.

In diesem Sinne möchte der Fotograf seine Bilder denn auch als „instant archaeology“ verstanden wissen – als eine Archäologie nicht von längst untergegangenen Kulturen, sondern unseres heutigen Lebensstils sowie der Werte, die ihm zugrunde liegen.

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Eine ganz normale Familie und der Müll, den sie in einer Woche produziert (Greg Segal)

Eine ganz normale Familie und der Müll, den sie in einer Woche produziert

(Greg Segal)

Es klingt ein bisschen nach Legendenbildung, wenn Greg Segal in seiner Biografie behauptet, schon als Elfjähriger mit seiner ersten Kamera den Müll der Nachbarn fotografiert zu haben. Seine professionelle Ausbildung zum Fotografen am California Institute of the Arts hat er später noch ergänzt um ein Film- und Drehbuch-Studium an der New York University – weshalb in seinen Bildern oftmals ein erzählerisches Element und eine Neigung zum Drama sichtbar wird. Die Bilder von Gregg Segal sind in vielen großen Magazinen wie „Time“, „National Geographic“, „Esquire“, „GQ“ und „Wired“ erschienen. 

www.greggsegal.com