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Die unendliche Doping-Geschichte

Seit den Olympischen Spielen in Sotschi nimmt die Diskussion um das Doping der russischen Sportler kein Ende. Jetzt beginnen die Spiele in Pyeongchang. Was ist denn nun mit den Russen?

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Die Olympischen Spiele in Sotschi sind vier Jahre her, aber ihr Medaillenspiegel ändert sich noch heute so oft wie die Bundesligatabelle während einer laufenden Saison. Gastgeber Russland hatte in der Nationenwertung ursprünglich mit 33 Medaillen gewonnen – darunter 13-mal Gold –, war später wegen der nachträglichen Disqualifizierung gedopter Athleten nach und nach bis auf Platz vier gefallen – und steht kurz vor den Spielen 2018 nun plötzlich wieder auf Platz eins des Medaillenspiegels von Sotschi.

Das CAS hob die lebenslangen Olympia-Sperren von 28 russischen Sportlern wieder auf, weil es deren Schuld nicht als erwiesen ansieht

Möglich macht dies ein Urteil des Internationalen Sportgerichtshofs CAS. Das in der Schweiz ansässige oberste Sportgericht hob die lebenslangen Olympia-Sperren von 28 russischen Sportlern wieder auf, weil es deren Schuld nicht als erwiesen ansieht. Trotzdem dürfen 15 von ihnen nicht in Pyeongchang starten, entschied jetzt das Internationale Olympische Komitee (IOC). Die anderen 13 sind ohnehin nicht mehr sportlich aktiv. Nur nachweislich saubere russische Sportler dürfen in Südkorea als „olympische Athleten aus Russland“ unter neutraler Flagge und ohne ihre Nationalhymne starten – und zwar auf Einladung des IOC.

 

Bisher haben 169 Athleten eine Einladung nach Pyeongchang erhalten. Gegen die 15 vermeintlich rehabilitierten russischen Sportler lägen aber zusätzlich belastende Informationen vor, die für Zweifel an der Integrität der Sportler sorgten.

Zwischen den vergangenen und den nun anstehenden Winterspielen hat ein beispielloser Dopingskandal den russischen Sport erschüttert. Ausgelöst wurde er zunächst Ende 2014 durch den ARD-Dokumentarfilm „Geheimsache Doping“. Später wurde im sogenannten „McLaren-Report“ das russische Staatsdoping in all seinen Facetten beleuchtet. Beauftragt hatte diesen Untersuchungsbericht die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Einer der an der „Geheimsache Doping“ beteiligten Journalisten, der Dopingexperte Hajo Seppelt, nannte die Gerichtsentscheidung des CAS in der ARD nun „eine Bankrotterklärung des Doping-Kontrollsystems“. Der Fehler sei gewesen, dass versucht worden sei, die individuelle Schuld von Sportlern festzustellen. Dabei habe auch das Gericht das Staatsdoping nicht angezweifelt. Der Freispruch, sagt Seppelt, sende ein „fatales Signal an die ganze Welt“: Es könne ein großes System wie in Russland geben, ohne dass es schwerwiegende Konsequenzen nach sich zieht.

Als Konsequenz will die russische Regierung parallel zu den Olympischen Spielen einen Ersatzwettbewerb in Sotschi für die russischen Sportler veranstalten

Viele Russen betrachten die ganze Staatsdoping-Affäre hingegen als westliche Verschwörung. Auf der Titelseite einer Sportzeitung standen kürzlich gar symbolisch die olympischen Ringe in Flammen. Als Konsequenz will die russische Regierung parallel zu den Olympischen Spielen einen Ersatzwettbewerb in Sotschi für die russischen Sportler veranstalten, die nicht an den richtigen Spielen in Pyeongchang teilnehmen dürfen. „Die zweiten Spiele von Sotschi“ überschrieben manche russischen Zeitungen diese Meldung. Bei diesem Ersatzwettbewerb gibt es immerhin keinen Zweifel daran, wer für alle Zeiten auf Platz eins der Medaillenwertung stehen wird.

So mancher Experte wird angesichts der unendlichen Dopingaffäre und des wenig geradlinigen Vorgehens der Sportfunktionäre und Politiker bereits fatalistisch. Thomas Kistner schrieb zuletzt in der „Süddeutschen Zeitung“: „Pyeongchang kann die Schmutzspiele von Sotschi in den Schatten stellen. Ob es so kommt? Ist eigentlich schon wurscht.“

Titelbild: DAMIEN MEYER/AFP/Getty Images

Dieser Text wurde veröffentlicht unter der Lizenz CC-BY-NC-ND-4.0-DE. Die Fotos dürfen nicht verwendet werden.