Ach ja, die Menschenrechte. War da was? Sie sind gerade hier in Deutschland für viele eine juristische Abstraktion geworden. Etwas, was so selbstverständlich ist, dass kaum jemand sie genauer kennt. Die meisten nehmen an, dass sich im Zweifel schon jemand kümmern wird – eine staatliche Stelle, ein Gericht oder eine Organisation. Menschenrechte aber gelten nur so lange und in dem Maße, wie sie als politische Forderung aktiviert werden können und aktiv bleiben. Als Grundrechte haben Menschenrechte eine Allgemeingültigkeit, die sie gefährlich und zugleich gefährdeter macht als andere Rechtstitel.
Sie sind gefährlich, weil sie unmittelbar plausibel sind. Ihre Kraft kommt aus einem einfachen Gedanken: Will ich so leben, wie es da beschrieben ist? Und das immer wiederkehrende, millionenfache »Ja, natürlich!« ist es, was diese Grundrechte zu einem Kraftquell für die alltäglichen Kämpfe macht und die Macht derer untergräbt, die gegen sie verstoßen.
Menschenrechte sind aber immer auch prekär. Nichts ist so leicht, wie solche Grundrechte im Allgemeinen anzuerkennen und im Konkreten zu verletzen. Unter Vorwänden, die gerade für die Mächtigen immer wohlfeil sind. Und vollends wird ihnen die Grundlage entzogen, wenn auch der Westen Menschenrechtsverletzungen im Namen der Menschenrechte begeht.
60 Jahre nach der Verabschiedung der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ist die Bilanz durchwachsen. Und die Aussichten auf Besserung sind vage, aber es gibt sie. fluter hat das zum Anlass genommen, die Artikel der Deklaration von 1948 mit Beiträgen zu ihrer konkreten Wirklichkeit heute zu konfrontieren. Es ist ein Kaleidoskop der Widersprüche und eine Aufforderung, sich nicht auf den vermeintlichen Automatismus des geltenden Rechts zu verlassen. Denn sobald dieses Recht abstrakt bleibt, wird es schon unterlaufen.