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Feministisch morden

Männer sind in Oyinkan Braithwaites Debütroman „Meine Schwester, die Serienmörderin“ entweder tot, dem Tode geweiht oder liegen im Koma

  • einmal Messer schärfen

Femi geht es gleich auf der ersten Seite an den Kragen. Ayoola rammt ihm ihr 22 Zentimeter langes Messer direkt ins Herz. Dann sticht sie noch zwei weitere Male zu, sicher ist sicher. Das Blutbad, das sie in der Wohnung ihres Lovers angerichtet hat, putzt dann aber ihre Schwester Korede auf, die eigentlich Krankenschwester ist und gerade beim Abendessen saß, als sie den Anruf von Ayoola bekam. Es war nicht der erste dieser Art. Aus Erfahrung weiß Korede: Bleiche beseitigt auch die fiesesten Flecken. Sie überdeckt sogar den Geruch von Blut.

Eine strange Solidarität verbindet die beiden nigerianischen Schwestern, dabei haben sie gar nicht so viel gemein. Schon äußerlich: „Ayoola ist klein, während ich über einen Meter achtzig groß bin; Ayoolas Hautfarbe ist irgendetwas zwischen Creme und Karamell, meine ist dagegen die einer Paranuss vor dem Schälen, sie besteht nur aus Kurven, ich bin ausschließlich aus harten Kanten zusammengesetzt.“ Während Ayoola der Liebling der Mutter ist und sie alle Männer um den Verstand bringt, ist Korede verantwortungsvoll bis zur Selbstaufgabe. Das ungleiche Frauenpaar prägt diese etwas andere Familiengeschichte mehr als die Messerstechereien, die Ayoola bei ihren Dates veranstaltet – und bei denen Korede ihr regelmäßig aus der Patsche helfen muss.

Braithwaite dreht eine der bewährtesten Erzählkonventionen um

Mit ihrem düster-komischen Debütroman landete die nigerianische Schriftstellerin Oyinkan Braithwaite einen Hit. Er wurde von positiven Kritiken überhäuft und für den Booker-Preis nominiert, den wichtigsten britischen Literaturpreis. Hinter dem schnell erzählten Thrillerplot lauert ein komplexes gesellschaftliches Panorama aus dem heutigen Nigeria. Denn der Zusammenhalt der beiden Schwestern speist sich aus einer gewalttätigen Vergangenheit: Ihr Vater machte nicht nur krumme Geschäfte, sondern verprügelte auch regelmäßig seine Frau, und die Töchter gleich mit. Insofern ist Korede nicht nur neidisch auf Ayoola, sie ist auch gleichzeitig ihre Beschützerin. Jedenfalls bis Tade auftaucht, der schicke Oberarzt, den sich Korede ausgeguckt hat. Blöderweise verfällt auch der dem Zauber Ayoolas. Und stürzt Korede in ein Dilemma: Soll sie ihn warnen? Und damit ihre Schwester verraten?

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Meine Schwester, die Serienmörderin

„Meine Schwester, die Serienmörderin“ ist Oyinkan Braithwaites erster Roman, 240 Seiten lang und im März im Blumenbar-Verlag erschienen.

Männer sind in Oyinkan Braithwaites feministischem Familienthriller entweder tot, dem Tode geweiht oder liegen im Koma. Wie Muhtar, den Korede täglich in seinem Krankenzimmer besucht und dem sie von ihrer serienmordenden Schwester erzählt. Jemand anderen zum Zuhören hat sie nicht. Doch Muhtar, obgleich ihn seine Familie schon aufgegeben hat, wacht eines Tages wider Erwarten aus dem Koma auf – und langsam, langsam beginnt er, sich zu erinnern, was Korede ihm so alles erzählt hat.

Bei aller Spannung kommen die feministischen Tendenzen im Roman nicht zu kurz. Denn einerseits dreht er eine uralte Erzählkonvention um: In vielen Büchern sind es ja die Frauen, die sterben. Wie wusste schon der Meistererzähler Edgar Allan Poe, der ja auch die Detektivgeschichte erfand: Es gibt kein poetischeres Thema als den Tod einer schönen Frau. In „Meine Schwester, die Serienmörderin“ sorgt die Frau hingegen für viele Tote. Andererseits leben Korede und Ayoola in einer zutiefst patriarchalischen Gesellschaft – in der Väter über die Heirat der Töchter entscheiden, Stammeshäuptlingen Frauen zugesichert werden, Männer Frauen ganz selbstverständlich mit Stöcken züchtigen. Doch die jungen Frauen finden in diesem Roman ihre Wege, sich zu befreien. Und die sind manchmal blutig.

Titelfoto: Hannah Assouline/Opale/Leemage/laif

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