Menschen, die aus der abgeschotteten nordkoreanischen Diktatur in das demokratische Südkorea flüchten, fühlen sich dort oft fremd. Und fremd sind sie auch ihren südkoreanischen „Brüdern und Schwestern“. Diese Leute aus dem Norden benutzen altmodische Worte und haben altmodische Ausbildungen. Sie hatten ihr Leben lang kaum andere Möglichkeiten, sich zu informieren, als durch die Propaganda eines der restriktivsten politischen Systeme der Welt: der kommunistischen Diktatur Nordkoreas, in der die Familie Kim an der Spitze der Partei der Arbeit Koreas nach dynastischen Prinzipien herrscht.
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Yi Sansan wurde 1963 in Nordkorea geboren, floh 2004 nach China, wo sie vergewaltigt und mit einem chinesischen Mann zwangsverheiratet wurde. 2012 floh sie weiter nach Südkorea und musste dabei drei Kinder in China zurücklassen
(Foto: Hannes Jung)Nach ihrer Flucht finden sich die Nordkoreaner in einem Land wieder, in dem das Feindbild ausgerechnet das Land ist, aus dem sie kommen: Schon südkoreanischen Kleinkindern wird beigebracht, wie sie sich bei einem Angriff aus dem Norden zu verhalten haben. Zwar bekommen die Flüchtlinge in Südkorea problemlos einen Pass und werden sogar mit umgerechnet 15.000 Euro Begrüßungsgeld versorgt. Aber im Alltag meiden viele Südkoreaner sie.
Und so vereinsamen viele der Flüchtlinge in ihrer neuen Heimat, fühlen sich ausgeschlossen oder werden sogar depressiv. Viele tun sich mit anderen geflüchteten Nordkoreanern zusammen und finden in dieser Gemeinschaft Halt. Sie haben eigene Fußballmannschaften und betreiben eigene Radiostationen.
Manche bewerkstelligen es auch, ein Stück ihrer Vergangenheit in das neue Leben hineinzutragen. Etwa der ehemalige Propagandamaler Song Byeok, der die typische Propagandakunst des nordkoreanischen Führerkults mit Elementen amerikanischer Popkultur zu Bildern verarbeitet, die sich auf ironisch-kritische Weise mit dem Regime des Nordens auseinandersetzen.
Die Bilder von Hannes Jung geben einen Eindruck von diesen Menschen, die fremd im eigenen Land sind.

In Nordkorea war Lee Min-bok Agrarwissenschaftler. 1995 floh er, weil seine Vorschläge für eine Wirtschaftsreform das Missfallen der Regierung erregten. In Südkorea setzt er sich als politischer Aktivist für eine Demokratisierung des Nordens ein.
(Foto: Hannes Jung)
Hier bereitet Lee Min-bok zusammen mit seiner Mutter einen Ballon mit politischen Botschaften vor, den er bei günstig stehendem Wind über die Grenze nach Nordkorea fliegen lässt.
(Foto: Hannes Jung)
Nahe der Grenze lassen sie den Ballon steigen. Er trägt eine Tasche mit 60.000 Flugblättern, die durch eine Zeitschaltuhr geöffnet wird, wenn der Ballon nordkoreanisches Gebiet erreicht hat.
(Foto: Hannes Jung)
Yi Sansan wurde 1963 in Nordkorea geboren, floh 2004 nach China, wo sie vergewaltigt und mit einem chinesischen Mann zwangsverheiratet wurde. 2012 floh sie weiter nach Südkorea und musste dabei drei Kinder in China zurücklassen.
(Foto: Hannes Jung)
Als berühmte Tänzerin war Kim Young-Soon mit der Frau des nordkoreanischen Diktators befreundet. Wegen einer kleinen Lästerei wurde sie mit ihrer Familie ins Arbeitslager interniert. Ihre Familie starb dort, Kim wurde nach neun Jahren entlassen und floh.
(Foto: Hannes Jung)
Choi Chel-Woong (4. von links) ist Trainer der Fußballmannschaft „Free North Korea“. Das Team wurde von nordkoreanischen Flüchtlingen gegründet, um Schicksalsgenossen das Ankommen im Süden des Landes zu erleichtern.
(Foto: Hannes Jung)
Das Team „Free North Korea“ bei Aufwärmübungen vor dem Training.
(Foto: Hannes Jung)
Lee Seok-Young ist Chefredakteur der Rundfunkstation „Free North Korea Radio“. Bei dem Sender arbeiten ausschließlich nordkoreanische Flüchtlinge. Das Programm kann auch im Norden des Landes empfangen werden.
(Foto: Hannes Jung)
Lee Seok-Young in einem Studio von „Free North Korea Radio“
(Foto: Hannes Jung)
Son Jong-Hun lebt seit über 10 Jahren in Südkorea. Er würde gerne einmal in den Norden reisen, um seine Familie wiederzusehen. Seiner Auffassung nach tut die südkoreanische Regierung viel zu wenig für eine Wiedervereinigung.
(Foto: Hannes Jung)
Gottesdienst in einer kleinen christlichen Gemeinde. Hier treffen sich immer viele Nordkoreaner. Auch der Pfarrer und seine Frau sind einst aus Nordkorea geflohen.
(Foto: Hannes Jung)
Während des Gottesdienstes.
(Foto: Hannes Jung)
Song Byeok ist 45 Jahre alt und war in Nordkorea Propagandamaler. Während einer Hungersnot versuchte er mit seinem Vater, nach China zu fliehen. Sein Vater ertrank dabei im Tumen-Fluss. Heute arbeitet Son Byeok als politischer Künstler.
(Foto: Hannes Jung)
Protestaktion einer südkoreanischen NGO, die Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea anprangert.
(Foto: Hannes Jung)
Vom südkoreanischen Dora aus kann man über die demilitarisierte Zone hinweg in den Norden des Landes blicken. Der Aussichtspunkt ist eine Art Touristenattraktion.
(Foto: Hannes Jung)