Abweisend, kühl, unheimlich – so wirken die Bilder von menschenleeren Räumen beim deutschen Bundesnachrichtendienst (BND), die der Fotograf Martin Lukas Kim gemacht hat. Er fotografierte die BND-Zentrale in Pullach vor dem Umzug nach Berlin. Die Aufnahmen entstanden nachts, tabu waren Agenten und Autokennzeichen. Veröffentlicht wurde die Bildserie im aktuellen Band des jährlich erscheinenden Fotobuchs „Fotos für die Pressefreiheit“ von Reporter ohne Grenzen (ROG). Die Nichtregierungsorganisation ROG, die sich für verfolgte Journalisten einsetzt, gibt das Buch bereits seit 20 Jahren heraus, seit Gründung der deutschen Sektion. Die Erlöse aus dem Buchverkauf sind neben Spenden und Drittmitteln eine wichtige Einnahmequelle.
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Nicht mehr so intelligent: Die Überwachungstechnik im sogenannten Signal-Intelligence-Raum ist völlig veraltet
(Foto: Martin Lukas Kim)Sowohl die Fotografen als auch die Autoren des Buches stellen ihre Arbeit unentgeltlich zur Verfügung, um ROG zu unterstützen. Das Buchprojekt lebt von Goodwill und Ehrenamtlichkeit, hinzugekommen ist neuerdings auch Crowdfunding, um einen Teil der Produktionskosten zu finanzieren. Die Auflage liegt bei 8.000 Stück. Wer Mitglied bei Reporter ohne Grenzen ist, kann ein Abo für das Jahrbuch abschließen.
Seit 2010 wird das Jahrbuch von der Berliner Bildredakteurin Barbara Stauss betreut. Stauss ist auch Gründungsmitglied der Zeitschrift „mare“, wo sie seit 1996 Fotochefin ist. „Der Band gliedert sich in einen Faktenteil, der die Lage der Pressefreiheit in ausgewählten Ländern beschreibt, sowie in einen Essayteil mit langen Fotostrecken“, erklärt Stauss das Konzept. In längeren Texten legen die Fotografen dar, was sie antreibt und welchen Schwierigkeiten sie bei ihrer Arbeit gegenüberstehen. Dazu werden sie von schreibenden Kollegen interviewt. Es entsteht ein Gesprächsprotokoll.
Neben fotografischen Langzeitbeobachtungen bringt das ROG-Buch auch Reportagen von den Brennpunkten des Nachrichtengeschehens weltweit: Im aktuellen Band 2015 war das der Ukraine-Konflikt und 2014 die Gezi-Park-Proteste in der Türkei. „Wir arbeiten rückblickend“, erklärt Stauss das Vorgehen bei der Zusammenstellung der Themen. „Das Buch erscheint ja im Frühjahr des Folgejahres, immer zum 3. Mai, dem internationalen Tag der Pressefreiheit.“ Die Themenwahl speist sich aus jenen Ländern, mit denen sie während des Jahres besonders viel zu tun hatten . Bei der Schwerpunktsetzung versuchen sie, möglichst alle Kontinente zu berücksichtigen.
„Die Fotografen, deren Bildstrecken wir auswählen, sollen vorzugsweise aus dem jeweiligen Land stammen, dort leben oder sich lange dort aufgehalten haben“, sagt Stauss. „Aber wir machen natürlich auch Ausnahmen. Letztlich zählt die journalistische und ästhetische Qualität der Fotos.“
Der Fotograf Martin Lukas Kim hat erstmal Basisarbeit geleistet und nach dem Abi für die Hannoversche Allgemeine Zeitung bei Kaninchenzüchtern und auf Schützenfesten geknipst. Dann ging es an die FH für Fotodesign in Dortmund und weiter durch diverse andere angesehene Bildungsinstitute bis zum Diplom. Nach einigen Assistenzen für Werbefotografen in Hamburg arbeitet er seit 2008 als selbstständigerFotograf für Werbeagenturen, Redaktionen, Architektenbüros, Unternehmen und NGOs.

Kurzer Dienstweg: Das BND-Gelände in Pullach wird durch eine Straße geteilt. Seit es diesen Tunnel gibt, müssen die Mitarbeiter nicht mehr die öffentliche Straße benutzen, wenn sie von einer Seite auf die andere wollen.
(Martin Lukas Kim)
Vintage, nicht retro: Die Inneneinrichtung dieses Konferenzraums ist seit den 1930ern praktisch gleich geblieben.
(Martin Lukas Kim)
Do it yourself: Wenn der BND mal etwas manipulieren muss, geschieht das (wie hier im Bild) in den eigenen Werkstätten. Druckerei, Schneiderei, Schreinerei – der BND hat alles.
(Martin Lukas Kim)
Kein Agent, wer nicht kämpfen kann: Hier wird Soshin-Do trainiert, eine vom Karate abgeleitete Kampfkunst.
(Martin Lukas Kim)
Deichkind lassen grüßen: Wenn die Beleuchtung im Bunker aus ist, fühlt man sich bei den fluoreszierenden Lichtern glatt wie bei einem Konzert.
(Martin Lukas Kim)
Hat wohl schon länger kein Meeting mehr erlebt: Ein Besprechungsraum im moderneren Geländeteil. Hier saß die Analyseabteilung – und die befindet sich bereits in Berlin.
(Martin Lukas Kim)
Relikt aus dem Kalten Krieg: der Luftschutzbunker. Hier gibt es noch heute Schlafplätze, Frischwassertanks und einfache Sanitäranlagen.
(Martin Lukas Kim)
Unangenehmes Erbe: In der „Präsidentenvilla“ lebte Hitlers Stellvertreter Martin Bormann. Die Gemälde sind dennoch dieselben geblieben – nur das Bild des Bundespräsidenten wird regelmäßig ausgetauscht.
(Martin Lukas Kim)
Auch das gehört dazu: Die Auslandsmitarbeiter des BND müssen schießen können. Hier werden die Styropor-Ziele vom Schießstand aufbewahrt.
(Martin Lukas Kim)
Ganz schön deutsch: der Dienstplan der Wachhunde, die rund um die Uhr mit dem Sicherheitspersonal auf dem Gelände patrouillieren.
(Martin Lukas Kim)
Guten Morgen, Herr Mustermann: Auf den Dienstausweisen im Pförtnerhaus stehen in aller Regel keine echten Familiennamen, sondern Dienstnamen, mit denen sich die Mitarbeiter wie selbstverständlich anreden.
(Martin Lukas Kim)
Kann sich der BER ein Beispiel dran nehmen: Kabelsalat gibt es beim BND nicht. Diese Telefonanlage ist allerdings auch schon lange nicht mehr in Betrieb.
(Martin Lukas Kim)
Fürs Museum: die Überwachungstechnik im sogenannten Signal-Intelligence-Raum ist völlig veraltet.
(Martin Lukas Kim)
Suspicious Minds: Das Elvis-Zimmer ist eine kleine Attraktion in Pullach. Sogar BND-Präsident Gerhard Schindler soll es schon besichtigt haben.
(Martin Lukas Kim)
Mund-zu-Gummi-Beatmung: Im Sanitätsbereich liegen Silikonmasken für Erste-Hilfe-Übungen.
(Martin Lukas Kim)
Mauer des Schweigens: Was hinter dem Eingangstor des BND passiert, ist natürlich streng geheim.
(Martin Lukas Kim)