Auf dem Platz: Ronaldinho, Adriano, Riquelme. Aber die meisten Fotos wurden von der Eckfahne gemacht. Eine Digitalkamera nach der anderen blitzte auf, vor dem Sucher grinsende Menschen mit erhobenem Daumen und dem Spruch: "Ist das Wasser drauf?" Der vom starken Regen produzierte Wasserfall ergoss sich stundenlang auf die Ecke des Spielfeldes. Der erste wirklich große Jubel brandete auf, als ein Spieler dort einen Eckball ausführen musste. Ein Loch im Cabriodach der Frankfurter WM-Arena ist das, woran sich die meisten Leute erinnern, die eine Karte für das Confed-Cup-Finale hatten. Aber weiß noch jemand, wie es ausging? Wie die beiden Mannschaften taktisch eingestellt waren? Spielten ja auch nur Argentinien gegen Brasilien – die derzeit besten Mannschaften der Welt.
Wenn der Confed Cup auch für die Zuschauer die Generalprobe zur WM gewesen sein soll, muss sich niemand ärgern, der keine WM-Karten hat. Aber das WM-Spektakel ist nur das Symp-tom, nicht der Grund des Problems. Fußball-Laien haben schon lange die Sitze in den großen Stadien übernommen, vor allem bei wichtigen Spielen, die im Fernsehen übertragen werden und bei denen die Karten mehr kosten als ein gutes Essen zu zweit. Vielleicht kann man da mal in die Kamera winken. Ganz sicher kann man bei den Kollegen damit angeben, dass man hingeht. Dass man da war. Oder man fühlt sich durch Sozialdruck zur Teilnahme verpflichtet. Fußball ist massentauglich geworden, weil es sich oft gar nicht mehr um ein Fußballspiel handelt, sondern um ein "Event". Der Star bin ich, denn ich hab ein Ticket. Zum Stadionbesuch trägt die Dame Highheels und tiefes Dekolletee, der Herr Barbour-Jacke und Helmut-Lang-Jeans. Gesehen werden zählt, nicht sehen. Dass viele von ihnen von den 90 Minuten eines Spiels nur 60 erleben, weil sie zu spät kommen, dann dreimal rausgehen um etwas zu essen zu holen, und zehn Minuten vor Abpfiff gehen, weil sie ja sonst im Parkhausstau stehen, stört sie folgerichtig nicht. Das Endergebnis hört man auch im Autoradio und überhaupt: Wer gegen wen war das gerade noch mal? Ein Stadion randvoll mit echten, mitfiebernden Fans gibt es nur noch in der Zweiten oder Dritten Liga, in Dresden, Freiburg, Aachen.
Bei der WM werden die Arenen voll sein mit Eventtouristen, die einen schnellen Internetzugang haben oder das soziale Glück, jemanden zu kennen, der jemanden kennt. Viele von ihnen haben – außer beim Robbie-Williams-Konzert – noch nie ein Stadion von innen gesehen und werden womöglich tatsächlich glauben, die Stimmung sei gut. Über die Aufstellung aber muss man mit ihnen nicht diskutieren, und wie das Spiel ausging, werden sie da schon nicht mehr wissen. Der Spruch, wonach Fußball die schönste Nebensache der Welt ist – so war er nicht gemeint.
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