Drei Jahre in Stendal, ein Jahr in Freiburg, drei Jahre in Zürich, einen Bachelor, einen Master, keine Kohle und keine Stelle in Aussicht: Für mich war es daher die unkomplizierteste und billigste Möglichkeit: zurück zu Mama und Papa. Ich fühle mich da immer noch wohl, meine Kumpel wohnen hier, ich habe ein Zimmer unter dem Dach, und meine Eltern lassen mich in Ruhe.

Also weitgehend. Meine Ma stresst manchmal rum, weil ich nicht so der Ordnungstyp bin. Chaos war immer schon das Thema, früher auch. Bloß versuche ich Streit nicht mehr wie ein Teenager zu lösen, sondern irgendwie reifer. Ich verstehe meine Eltern jetzt auch besser als noch zu Schulzeiten, aber sie haben ihr Kommunikationsverhalten mir gegenüber nicht verändert. Sie reden mit mir immer noch wie mit einem Kind: Isst du schon wieder Schokolade? Das sind so Kommentare, die nehme ich ihnen nicht übel, und trotzdem habe ich im Hinterkopf, dass meine Eltern es nicht mögen, wenn ich das nächste Mal welche mitbringe. Schokolade – darf ich das? Solche Fragen sind alte Schemata, die meine Entwicklung gefährden. Der Nachteil zu Hause ist, dass man unfrei ist, man ist natürlich in einer Form der Abhängigkeit. Meine Zeit hier wird darum begrenzt sein, ich will eine Promotionsstelle, das will ich machen. Nichts anderes.

Um Geld zu verdienen, während ich hier bin, habe ich ein halbes Jahr an der Tankstelle gegenüber gearbeitet. Davor war ich arbeitslos, habe kaum Miete gezahlt und habe so rumgehangen. An einem Wochenende hatte ich mal eine Frau zu Besuch. Meine Eltern waren ziemlich nett zu ihr und haben sie verwöhnt. Und sie hat dann auch gefragt: Darf ich öfter kommen? Aber es war dann doch eine einmalige Sache. Eltern und Frau in einem Haus und auf Dauer, das ist schon anstrengend. Ich finde unsere Rituale schön. Meine Eltern kommen um 16 Uhr von der Arbeit, und um 16.30 Uhr essen wir gemeinsam. Dass ich nicht kochen und nicht wirklich viel einkaufen muss: Klar ist das ein Vorteil. Und ich nutze den auch. Klar nutzt man den.

Wenn ich das zweite Mal ausziehen kann, will und werde ich Doktor an einer Uni sein. Was das Leben angeht, will ich meine Einheit mit Gott finden und meine Erleuchtung in Bezug auf die Leiden der Welt. Das dauert vermutlich auch das ganze Leben. Und was eine eigene Familie angeht: Morgen wäre doof. Aber ich will ein Kind. Meine Gene weitergeben in Kombination mit der DNA einer Frau, die cool ist. Ja, schon. Wenn’s passt, oder?