Ich habe Fatima über ihren Bruder kennen gelernt. Mit ihren Verwandten war ich schon länger in Kontakt; die wussten auch,dass ich prinzipiell zur Schutzheirat bereit bin. Wir haben dann länger darüber gesprochen und die Vorteile lagen auf der Hand: Fatima war noch im Asylverfahren, in erster Instanz abgelehnt, mit der vagen Möglichkeit, vor Gericht noch einen Status zu bekommen. Das war aber sehr unsicher, es hätte ewig dauern können. Fatima war zu der Zeit psychisch sehr angeschlagen, musste in einem ziemlich beschissenen Wohnheim wohnen, durfte erst gar nicht arbeiten und dann nur nach der so genannten "Bevorrechtigungsregelung", wo man allenfalls die beschissensten Jobs bekommt.
Die Heirat war für sie der einzige Lichtblick. Ich beschäftige mich seit einigen Jahren mit Antirassismus und bekomme auch immer wieder mit, wie Leute abgeschoben oder ausgewiesen werden. Schutzheirat war deshalb immer eine notwendige und berechtigte Option für mich. Ich sehe darin auch eine Möglichkeit, Privilegien, die ich mit meinem deutschen Pass habe, weiterzugeben beziehungsweise sinnvoll zu nutzen. Weil wir uns über ihren Bruder kannten, hatte sie Vertrauen, dass ich mich fair verhalte. Abhängig war sie natürlich, aber die Situation war doch sehr geklärt und irgendwie auch kontrolliert, auch weil wir mit verschiedenen Freunden und Freundinnen darüber geredet haben.
Ganz verliebtes Paar
Die Frage der Abhängigkeit ist damit aber nicht ganz beantwortet. Eindeutig ist die Person mit deutschem Pass immer in der Lage, durch einen Scheidungsantrag den Aufenthalt und damit oft ja die ganze Existenz der/des anderen platzen zu lassen. Wir hatten uns auf die Heirat gut vorbereitet, eine Menge Informationen gesammelt und mit Leuten gesprochen, die schon Erfahrungen hatten. So wussten wir, dass wir zunächst den Anfangsverdacht zerstreuen müssen, indem wir immer zusammen und möglichst selbstbewusst im Standesamt und bei der Ausländerbehörde auftreten, ganz selbstverständlich als verliebtes Paar. Finanziell gab's auch keine großen Schwierigkeiten.
Ich hatte eine feste Arbeit und es war so verabredet, dass "meine Frau" auch sofort Arbeit suchen musste. Denn entweder arbeiten beide oder beide leben von Sozialhilfe, die gegenseitige Unterhaltspflicht macht ansonsten Probleme. Wir haben auch gleich einen Ehevertrag abgeschlossen, um Fragen wegen Gütertrennung und Rentenansprüchen so abzuklären, dass keinerlei Verpflichtungen füreinander bestehen. Alle zusätzlich anfallenden Kosten, das war auch verabredet, musste Fatima tragen - ich konnte mir finanzielle Nachteile durch die Heirat nicht leisten. Für die Hochzeit hatten wir Ringe ausgeliehen, ein paar Freunde und Freundinnen eingeladen und eben ein bisschen Theater gespielt.
Das hat sogar Spaß gemacht. Als Zweites war wesentlich, eine gemeinsame Meldeadresse anzugeben. Getrennte Wohnsitze machen die Ausländerbehörde misstrauisch. Das war bei uns kein Problem, meine Wohnung war gerade noch groß genug und der Vermieter hat keine dummen Fragen gestellt. Wir haben auch bezüglich der Nachbarn darauf geachtet, dass sie uns ab und an als Ehepaar mitbekommen. Eine Liebesbeziehung war bei uns aber nie ein Thema, wir hatten sogar darüber geredet, dass das eher von Nachteil wäre, wenn es dann mit der Beziehung schief geht und Eifersucht ins Spiel kommt. Das klingt theoretisch, aber wir hatten wirklich keine näheren Gefühle füreinander. Fatima ist regelmäßig zu Besuch gekommen, gewohnt hat sie bei einer Freundin, natürlich ohne Registrierung. Sie hat öfter samstags die Flurtreppe geputzt, um im Haus aufzufallen. Einmal war jemand von der Ausländerbehörde da und hat eine Nachbarin befragt, was die uns später auch erzählt hat.
Das war aber alles, wir hatten die ganzen Jahre, bis Fatima einen eigenen unbefristeten Aufenthaltsstatus bekommen hat, keine Probleme. Wir sind mit zwei weiteren "Ehepaaren" befreundet und haben uns mit denen oft ausgetauscht. Bei dem einen Paar, wo die Frau den deutschen Pass hatte und der Mann außerdem jünger war, lief es gleich viel schärfer, da ließ sich der Generalverdacht nicht ausräumen. Die hatten mehrfach Hausbesuche, zuerst unangekündigt. Da war die Frau allein zu Hause und hat abgelehnt, den Behördenmensch hereinzulassen. Die wollen dann ja nachsehen, ob Kleider des Ehepartners da sind, die berühmte Zahnbürste, ob eben ein gemeinsamer Haushalt geführt wird. Effizient finde ich Schutzheiraten auf jeden Fall, denn es wird ja jedes Mal das konkrete Bleiberecht für einen Menschen durchgesetzt. Es sind bestimmt nicht wenige, die damit Erfolg haben.
Das Protokoll ist mit Material aus "SCHUTZEHE - ein Interview mit einem so genannten "Scheinehepaar" - erstellt, das unter www.schutzehe.de zu finden ist. Die Identität der GesprächspartnerInnen sind der Herausgeberin von www.schutzehe.de nicht bekannt.