Die Sache sei ja wohl total „fucked up“ und „insane“, fand Alana Haim, die mit Wörtern dieser Kategorie ansonsten durchaus sparsam umgeht. Die Band Haim, in der sie mit ihren beiden Schwestern spielt, ist eher für die sanfteren Töne bekannt. Oder besser gesagt: sehr bekannt. Ihr Pop-Hit „The Wire“ wurde 75 Millionen mal auf Spotify gestreamt, mit ihrem aktuellen Album „Something to tell you“ sind die Schwestern gerade auf Welttournee und spielen auf vielen großen Festivals, unter anderem bei Primavera in Barcelona. Ihren Booker, der die Konzerttour plante und damit auch die Gagen aushandelte, haben sie jedoch rausgeworfen.
Der Grund: Auf einem Festival, auf dem Haim spielten – welches es war, haben sie nicht verraten –, bekamen sie laut eigenen Aussagen eine Gage, die gerade mal einem Zehntel dessen entspricht, das ein männlicher Künstler erhielt, der auf demselben Festival spielte. Und auf dem Line–up nur eine Stelle über ihnen angekündigt wurde.
Dabei geht’s der Band nicht ums Geld, sondern ums Prinzip, sagen sie. Von vornherein war nämlich klar, dass die Gage ungewöhnlich niedrig war. Haim hatte dem Festival trotzdem zugesagt, weil sie sich davon Aufmerksamkeit in Form von Radiozeit versprochen hatten. Als sie jedoch nach dem Konzert erfuhren, wie hoch der Gagenunterschied zu dem männlichen Kollegen war, änderten sie ihre Meinung. Und feuerten den verantwortlichen Booker.
Aufreger in der Filmbranche: Warum kriegt Prinz Philip mehr als Queen Elizabeth?
Jetzt wüsste man natürlich gerne, was der Booker dazu sagt, oder das Festival oder auch der männliche Künstler, der so viel mehr Geld bekam. Die haben sich allerdings bislang nicht geäußert. Klar ist hingegen, dass die Diskussion um den Gender Pay Gap jetzt auch in der Musikbranche angekommen ist. Wie unterschiedlich auch abseits der Bühne je nach Geschlecht bezahlt wird, ermittelte im April eine Umfrage, die in England die Gemüter erhitzte. Bei den Major-Labels Universal, Sony und Warner verdienten Frauen im Schnitt 33,8 Prozent weniger als Männer. Der Grund dafür liegt darin, dass Frauen seltener in Führungspositionen seien und entsprechend weniger Boni ausbezahlt bekämen. In England müssen Firmen mit mehr als 250 Mitarbeitern ihre Gender-Pay-Statistiken ausweisen.
Tatsächlich ist das Thema in der Musikbranche eher spät angekommen. In der Filmindustrie wird schon länger hitzig über die Gehaltsunterschiede zwischen Schauspielerinnen und Schauspielern gestritten. Zuletzt etwa schlug der Fall Claire Foy große Wellen. Sie spielt in der Netflix-Produktion „The Crown“ – mit 130 Millionen Dollar eine der teuersten TV-Serien, die je gedreht wurde –, die junge Queen Elizabeth II, und war entsprechend das Gesicht der Serie. Dennoch bekam sie weniger Gage als ihr Co-Star Matt Smith, der Prinz Philip spielte. Durch frühere große Rollen war Smith anfänglich bekannter als Foy. Als der Gagenunterschied publik wurde, bekam sie eine Entschädigung von 274.000 Dollar.
Foto: Roberto Ricciuti/Redferns