Das Heft – Nr. 84

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Editorial

zum fluter-Heft Meer

  • 2 Min.

Alles fließt, auch die Meere. Diese erdgeschichtlich tief verankerten Naturerscheinungen erzeugen ihre eigenen Dynamiken, sie bilden komplexe Kreisläufe mit der belebten und unbelebten Natur.

Die Menschen haben die Meere schon immer genutzt, heute mehr denn je: Als Wirtschaftsraum sind sie inzwischen ein wesentlicher Teil globaler Lieferketten. In ihnen werden Rohstoffe gefördert, sie dienen als Nahrungsmittelreservoir und sind Schauplatz des Massentourismus. Zur Absicherung imperialer Macht wird der Zugang zu den Meeren zu einem wesentlichen Faktor der spannungsgeladenen Geopolitik. Das macht aus ihnen militärische Operationsgebiete, verbunden mit gigantischen militärischen Aufrüstungen. Auch in die sich überlagernden globalen Krisen der Gegenwart – Klimawandel, Artensterben, Pandemien, Energiekrisen, Kriege – sind die Meere eingebunden.

Ein Streifzug über die Meere zeigt uns, was real existierender Transhumanismus bedeutet – also die Absicht des Menschen, durch Technik über sich hinauszuwachsen, ohne die Konsequenzen zu überschauen. Was menschliche Gesellschaften in und mit den Meeren praktizieren, sprengt oft genug den Rahmen dessen, was wir mit unserem Wissensstand verantworten können. Wir beschädigen und vernichten, was wir nutzen, ohne das Ganze wirklich verstehen zu wollen. Diese halb blinde Maßlosigkeit ist ein Muster des vorherr-schenden Umgangs mit der sogenannten Umwelt, also der Natur, deren Teil wir als Menschen doch sind. In den romantischen Bildern von Fischern oder anderen handwerklichen Formen des Umgangs mit dem Meer beruhigt sich unser Gewissen. Sie geben vielleicht aber auch Hinweise für Alternativen und Wege aus den Krisen. 

Die aktuellen Debatten darüber werden bei uns zu oft mit dem Rücken zum Meer geführt. Es gilt deshalb, unseren Blick umzukehren, andere, ganzheitlichere Perspektiven zu entwickeln. Der Einsatz für die Meere ist deshalb auch ein Feld der Auseinandersetzung über ein angemesseneres Verhältnis unserer Gesellschaften zur Natur und letztlich eine Überlebensfrage. Die Meere werden uns so oder so überleben. Wenn wir sie tiefer verstünden, mit ihnen wie mit anderen Naturformen achtsamer umgingen, könnte auch unser Leben besser bestehen.

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