Die Besucherin

Die 25-jährige Studentin Sophie Schieler und Margarete Hain, 85, haben sich über den Verein Freunde alter Menschen kennengelernt. Der Verein führt Freiwillige mit älteren Menschen zusammen, um sie ein Stückchen aus der Einsamkeit herauszuholen. 

Sophie: „Den Verein Freunde alter Menschen kenne ich über eine Freundin. Es ist eine schöne Aufgabe, etwas mit alten Leuten zu unternehmen. Ich bin gern mit ihnen zusammen, denn es gefällt mir, wenn sie mir von früher erzählen. Und ich wollte etwas tun, das nicht nur mir etwas bringt oder meinem eigenen Spaß dient. Außerdem treffe ich so auch auf Menschen, die ich sonst nie kennenlernen würde. Leider haben viele dieser alten Leute keine Chance auf soziale Kontakte, auch weil sie oft körperlich eingeschränkt sind. Und damit sie nicht mehr so einsam sind, hilft der Verein dabei, ihnen persönliche Kontakte für Unternehmungen oder Gespräche zu vermitteln. Mein Engagement ist eine kleine, praktische Anwendung von Solidarität. Es wäre schön, wenn mehr junge Leute den Alten helfen würden. Vermutlich glaubt man in unserer Gesellschaft, dass die Senioren von einer guten Infrastruktur wie von Heimen oder Pflegediensten aufgefangen werden. Doch das ist nicht genug. Frau Hain habe ich letzte Woche zusammen mit der Koordinatorin des Vereins zum ersten Mal getroffen. Ich war ganz schön nervös. Erst war es ein komisches Gefühl, in eine fremde Wohnung zu kommen, eine fremde Frau zu treffen – und das mit der Vorstellung, dass so etwas wie Freundschaft entstehen wird. Wir haben geplaudert und Tee getrunken. In Zukunft wollen wir zusammen Ausstellungen besuchen. Morgen geht es los.“

Margarete Hain: „Ich freue mich sehr auf morgen und bedaure, dass ich allein nicht mehr aus dem Haus gehen kann. Da ich Parkinson habe, kann ich nur in Begleitung vor die Tür und muss einen Gehrollator benutzen. Früher, als ich noch keine Hilfe brauchte, habe ich viele Ausstellungen besucht. Auf meinen Reisen habe ich jedes Museum und Schloss besichtigt. Aber um heute das kulturelle Ange-bot zu nutzen, dafür habe ich leider nieman-den. Meine Verwandten leben in Westdeutschland, meine Pflegerin hat nur ab und zu Zeit. Ich wünsche mir, wieder Ausstel-lungen zu besuchen, vielleicht auch mal ins Kino zu ge-hen. Das sind so Wunschträume von mir. Deshalb habe ich den Verein Freunde alter Menschen angerufen. Als ich Sophie über den Verein kennenlernen konnte, hab ich mich einfach überraschen lassen. Ich weiß vom ersten Moment an, ob mir jemand sympathisch ist oder nicht. Und Sophie ist mir sehr sympathisch. Junge Menschen, die sich für so et-was hergeben, bewundere ich. Und nur alte Leute treffen will ich nicht. Die reden immer nur über Krankheiten. Morgen gehen Sophie und ich in zwei Fotoausstellungen, die ich in der Zeitung entdeckt habe. Ich schnei-de oft die passenden Artikel heraus. Mich in-teressiert eine Menge. Bis zu seinem Lebensende kann man immer neue Sachen erfahren.“ Frauke Poganatz


Die Verwandlerin

Isabell Graf, 18, wohnt in einem Wohnprojekt für Bi-, Trans- und Homosexuelle in Erfurt – und betreibt mit Freunden ein Internetforum für Transsexuelle.

„Ich muss mich nicht erklären. Wenn mich jemand danach fragt, dann werde ich es nicht leugnen. Aber ich stelle mich jetzt in der Schule auch nicht hin und sage: Hört mal her, ich bin transsexuell. Es hat mich bisher auch noch niemand danach gefragt, obwohl ich schon mal im Fernsehen zu sehen war, in einer Dokumentation über Rollenbilder. Ich habe es schon recht früh gemerkt, dass ich im falschen Körper geboren wurde, ungefähr mit zehn Jahren. Ich bin jetzt 18, jetzt darf ich die geschlechtsangleichende Operation machen.Es gibt nicht sehr viele Transsexuelle, die Zahlen schwanken in Deutschland zwischen 1500 und 6000. Aber in der Gesellschaft wird das Bild über uns bestimmt von älteren Transsexuellen, mit denen ich eigentlich nichts zu tun habe, 50- bis 60-jährige Gesichtsgranaten. Junge Transsexuelle haben ganz andere Interessen. Die meisten von uns wollen zum Beispiel, dass es schnell vorangeht mit der Geschlechtsangleichung, die Älteren haben es da oft nicht so eilig.

Dafür braucht man viel Mut, und es ist wichtig, sich nicht allein zu fühlen. Ich habe deshalb mit einigen Freunden ein Internetforum für junge Transsexuelle aufgemacht, das erreicht viele und kostet nicht viel Geld. Mittlerweile hat das Portal fast 300 Mitglieder. Es geht viel um medizinische Dinge, wir tauschen Erfahrungen aus, aber wir machen auch viel Small Talk. In Erfurt wohne ich in einem Haus, das betreutes Wohnen für Bi-, Homo- und Transsexuelle anbietet. Einige der Mitbewohner kommen vom Land, wo man oft Probleme bekommt, wenn man sich outet.

Mein Bekanntenkreis besteht nicht nur aus Trans- oder Homosexuellen, für mich zählt allein der Mensch. Aber ich fühle mich natürlich solidarisch mit Menschen, denen es ähnlich geht wie mir: In meiner Schule gibt es einen, von dem alle wissen, dass er schwul ist. Es werden oft Späße über ihn gemacht, er geht das Ganze auch recht offensiv an. Ich würde ihm gern helfen, aber ich fühle mich nicht in der Position dazu. Ich glaube, er will meine Hilfe nicht.“ Christoph Leischwitz


Die Genossen

Susanne Loesch, 46, aus Worth ist ehemalige Vorsitzende des Schulelternrats der genossenschaftlichen Eichenschule. 

„Alle Eltern sind ‚Genossen‘, es ist unsere Schule. Wir sind Kunden und Eigentümer. Jeder kann sich selbst einbringen, die Schule gestalten und versuchen, sie ein bisschen besser zu machen. Der Gedanke ist aus der Gründerzeit im Jahr 1947 geblieben: Wenn ich etwas allein nicht schaffe, machen wir das zusammen. Vor sechzig Jahren dachten sich ein Dutzend Landwirte in und um Scheeßel: Für eine gute Schulbildung sollten unsere Kinder nicht länger ins rund fünfzig Kilometer entfernte Bremer Internat fahren müssen. Die Familien eröffneten ihr eigenes privates Gymnasium im Ort. In den Sechziger- und Siebzigerjahren war alles ‚Genossenschaftli-che‘ ein bisschen verpönt, als sozialistisch und kommunistisch verschrien. Dadurch geriet der Gedanke in den vergangenen Jahrzehnten in Vergessenheit. Bei der Entwicklung des Schulprogramms achten wir heute darauf, dass die Genossenschaftlichkeit der Eichenschule auch im Unterricht erlebt und wahrgenommen werden soll.

Die Rechtsform der Genossenschaft hat sich für die Scheeßeler bewährt und trägt ihre Schule bis heute erfolgreich. Die Privatschule ist staatlich anerkannt, mehr als tausend Jungen und Mädchen lernen hier, obwohl mittlerweile andere staatliche Gymnasien in der Nähe sind. Zur Gründungszeit zahlte jedes Mitglied einen Genossenschaftsanteil von rund 100 Mark, das war damals nach dem Krieg eine große Kapitaleinlage. Heute gibt jede Familie symbolisch einmal 50 Euro, egal wie viele ihrer Kinder in die Schule gehen. Da-mit sind alle Teilhaber und haben in den Gremien Mitspracherecht. Das ist für Schulleiter Ralf Goebel natürlich nicht immer leicht, alles unter einen Hut zu bringen. Der Schulelternbeirat und die Schulleitung versuchen aber immer, Probleme gemeinsam zu lösen. Das Engagement bei Elternstammtischen und in der Elternvertretung ist sehr hoch. Für drei Jahre wählen die Mitglieder einen Vorstand aus ihren Reihen, der die Schule ehrenamtlich führt. Der jetzige Vorsitzende ist gelernter Kaufmann und hat die Schule schon durch einige Ebben in der Bildungskasse des Staates hindurchgeschifft. 

Dass sich die Genossenschaft ihre Lehrer selber aussuchen darf, ist wohl der größte Vorteil gegenüber staatlichen Schulen. Die rund siebzig angestellten Pädagogen verdienen zwar weniger als ihre verbeamteten Kollegen, aber sie werden dafür nicht einfach versetzt. Und besonders engagierte Arbeit wird dank des Qualitätssicherungsmanagements mit mehr Geld belohnt – das motiviert. Das Land zahlt der Schule pauschal entsprechend der Schülerzahl einen Betrag, der die Personalkosten decken soll.

Das Schulgeld allein reicht für die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs nicht aus. Monatlich 82 Euro zahlen Eltern derzeit pro Mädchen und Junge. Meine Tochter Beate ist schulgeldbefreit, wie jedes vierte Kind einer Familie. Wenn nötig, wird der Beitrag alle paar Jahre den wachsenden Lebenshaltungskosten um wenige Euro angepasst. Andere Privatschulen verlangen bis zu 5000 Euro und mehr pro Monat. Dank des Schulgeldes haben wir einige Freiheiten. In Niedersachsen wurde in den achten Klassen der Mathematikunterricht von vier auf drei Stunden gekürzt, wir haben das aus eigener Tasche wieder aufgestockt. Arbeitslose Eltern bekommen den monatlichen Beitrag erlassen. Am Geld soll die Bildung nicht scheitern.

Nach dem Schulabschluss können die Mit-glieder den Genossenschaftsbeitrag zurückbe-kommen. Die meisten verzichten darauf. Sie wollen die Schule weiter unterstützen. Eine staatliche Schule in Scheeßel wäre kostenlos, aber nicht so lokal verwurzelt. Das überdurch-schnittliche Engagement hat schon sehr viel bewegt.
Zum sechzigsten Geburtstag der Schule haben Lehrer, Schüler und Eltern einen Pausengarten alternativ zum Asphalthof geschenkt. Eltern spendeten dafür. Alle arbeiteten mit. So entstand auch die Cafeteria. Mehr als die Hälfte der 2,5 Millionen Euro für unsere neue Turnhalle konnten wir durch gutes Wirtschaften, Sponsoren und Schulgeld aufbringen, der Rest waren Zuschüsse. Als Nächs-tes ist der Ausbau der Naturwissenschaften, Musik und Kunst für rund 3,5 Milli-onen Euro geplant. Wenn wir es uns leisten können, setzen wir solche Projekte sofort um.“ Patricia Dudeck


Der Tauscher

Thomas Rausch, 50, ist seit acht Jahren Mitglied im »Kreuzberger Tauschring«.

„Ganz ohne Geld zu leben, das habe auch ich noch nicht geschafft. Aber für viele Dinge bezahle ich nicht mit Euro, sondern mit meiner eigenen Arbeit. Erst kürzlich habe ich mal wieder Fotos von mir und meiner Freundin bei einer professionellen Fotografin machen lassen. Das ist ja normalerweise sehr teuer, aber nicht für mich. Ich bezahle nichts, helfe dafür aber anderen Menschen beim Umzug, repariere ihr Fahrrad oder erledige einfache Handwerksarbeiten. Diesen Austausch von Dienstleistungen ermöglicht mir der ,Kreuzberger Tauschring‘. Vor acht Jahren erzählte mir eine Bekannte von solchen Tauschgemeinschaften, von denen es mehr als 300 in Deutschland gibt. Ich war sofort begeistert. 

In Kreuzberg, wo ich lebe, sind wir mittlerweile über 350 Mitglieder. Der Tauschring ist ein richtiges Netzwerk. In Annoncen des Straßenkreuzers – so heißt unsere eigene Zeitung – und auf monatlichen Tauschrausch-Treffen bietet jeder an, was er besonders gut beherrscht. Im Gegenzug holt man sich Hilfe bei Dingen, die man allein nicht kann. Es gibt viel Praktisches wie Umzugshilfe oder Elektroarbeiten, aber auch Massagen, Kuchenbacken und Exotisches wie ,Ich höre eine Stunde zu‘. Und es gibt eine eigene Währung: Sie heißt ,Kreuzer‘. Damit können wir die Dienstleistungen indirekt tauschen.

Das Prinzip ist ganz einfach: Für eine Stunde Arbeit erhält man bei uns per Quittung 20 Kreuzer, die man dann bei einem anderen Mitglied einlösen kann. Eine Stunde Fußbodenschleifen zählt dabei genauso viel wie eine Stunde den Hund spazieren zu führen. Denn hinter dem Tauschring steht ein sozial-reformerischer und solidarischer Grundgedanke: Nicht das soziale Prestige einer Arbeit ist entscheidend, sondern die darauf verwendete Lebenszeit. Statt betriebswirtschaftlich nur an den eigenen Profit zu denken, sollen alle gleichermaßen profitieren.

Der Kreuzberger Tauschring ist der älteste und größte in Berlin, er wurde 1995 gegründet. Die ursprüngliche Idee reicht ins Mittelalter zurück, wurde dann aber vergessen. Einer der Gründerväter des modernen Tauschrings ist Michael Linton. Er hat die Idee mit Local Exchange Trading Systems (LETS) wiederbelebt. Weil in den Großstädten heute immer mehr Menschen ohne Familie oder Kontakte zu Nachbarn leben, ha-ben Tauschringe wieder Zulauf. Vielleicht hat es aber auch mit Hartz IV zu tun.

Durch den Tauschring kann man seinen Lebensstandard verbessern. Ich bin Chemielaborant, habe aber seit einigen Jahren keine geregelte Arbeitsstelle mehr. Trotzdem muss ich auf nichts verzichten: Ich habe einen Friseur, eine Schneiderin und auch einen Computerexperten, der mir meinen PC auf den neuesten Stand bringt. Am wichtigsten sind für mich aber die Kontakte: Wer hier aktiv ist, lernt viele nette Leute kennen. Gestern habe ich einen Duschvorhang montiert. Jetzt wechsle ich meine Kreuzer bei der Tischlerin Birgit ein. Sie hilft mir, ein CD-Regal für mein Wohnzimmer zu bauen. Nur zum Doktor muss ich noch ganz regulär gehen. Denn leider machen kaum Ärzte bei uns mit.“ Tina Hüttl


Die Feuerwehrmönche

Bruder Anno, 58, ist Benediktinermönch und Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr in St. Ottilien in Oberbayern.

„Wir sind beides, Benediktinermönche und Feuerwehrmänner. Manchmal müssen wir auch recht schnell zwischen dem einen und dem anderen wechseln. Und es ist auch schon passiert, dass wir in der Gebetsstunde saßen und der Feuerwehrpiepser ging los. In so einem Fall gehen wir ganz langsam und andächtig aus der Klosterkirche. Erst wenn wir draußen sind, laufen wir los. Vom Kloster zum Feuerwehrhaus sind es vielleicht 200 Meter, und die Feuerwehruniformen anzuziehen dauert nicht einmal eine Minute. Die Feuerwehr hier in St. Ottilien hat gerade den hundertsten Geburtstag gefeiert. Anfang 1906 hatte es im Klosterareal gebrannt. Gleich danach wurde unsere Feuerwehr gegründet.

Eigentlich sind wir eine ganz normale Feuerwehr, wir haben einmal im Monat eine große Übung, und wir machen regelmäßig Leistungstests. Wir sind auch nicht nur für das Kloster zuständig, wir helfen regelmäßig im Umland aus. Ein paar Kilometer entfernt verläuft die Lindauer Autobahn, und dort sind wir auch für einen Teilabschnitt zuständig. Die meisten Einsätze bestehen darin, Unfallstellen zu sichern. Feuerwehrmann zu sein bedeutet zu helfen, und ich finde, dass dieser Teilberuf gut zu unserem Dasein im Kloster passt. Unser Wahlspruch lautet: Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr.

Als Mönche könnten wir auch am Unfallort Seelsorge betreiben, doch das ist noch nicht oft vorgekommen. Ich habe es aber schon er-lebt, dass Menschen gestorben sind. Es ist schlimm, wenn man zu Einsätzen fährt, bei denen man nicht mehr helfen kann. Da wird jemand aus seinem Auto geschnitten, das kann Stunden dauern. Endlich könnte man ihn verarzten, und dann stirbt er. Das ist schwer zu ertragen. Zum Glück kommt das immer seltener vor: Auf der Autobahn wurde eine Geschwindigkeitsbegrenzung eingeführt, seitdem passieren weniger schwere Unfälle. Im Jahr 2007 hatten wir ein gutes Dutzend Einsätze. Aber ich finde es schon ein wenig enttäuschend, wie unsolidarisch sich manche Menschen verhalten. Mit unserem Löschfahrzeug können wir maximal 90 km/h fahren. Aber selbst wenn wir mit Blaulicht unterwegs sind, werden wir ständig überholt. Die Menschen haben es alle so eilig.

Jeder Bruder, der neu zu uns kommt, kann der Feuerwehr beitreten. Zurzeit sind wir gut hundert Mönche, bei der Feuerwehr sind wir derzeit 16 Mann. Diejenigen, die dabei sind, machen es – glaube ich – teilweise aus Pflichtgefühl und teilweise deshalb, weil sie helfen wollen. Aber wir könnten durchaus ein paar mehr sein.“ Christoph Leischwitz


Der Mobbing-Gegner

Alexander Hemker, 16, besucht die zehnte Klasse eines Gymnasiums in Hamburg und betreibt mit einem Freund seit Anfang des Jahres ein Internetportal für Mobbingopfer. 

„Früher wurde ich selbst lange gemobbt, weshalb ich die Schule wechseln musste. Das Portal habe ich gegründet, damit ich anderen Betroffenen mit meinen Erfahrungen helfen kann. Mir selbst hat das Schreiben in dem Forum sehr weitergeholfen. So konnte ich meine Aggressionen rauslassen. Heute muss ich das zum Glück nicht mehr und kann anderen Betroffenen Tipps geben. Es hilft den Mobbingopfern schon sehr, wenn sie im Forum jemanden finden, der sich mit ihnen auseinandersetzt. Wenn man sieht, dass man nicht der einzige Betroffene ist, dann macht einen das stärker. Man merkt, dass anderen Menschen Ähnliches passiert ist und sie es überstanden haben. So können Mobbing-opfer durch das Forum einen Ausweg finden. Es gab zum Beispiel einige Betroffene, die die Schule gewechselt haben, nachdem ihnen das User auf unserer Seite empfohlen haben. Auf schueler-gegen-mobbing.de gibt es zwar keine professionelle Hilfe, aber ab und zu schreiben auch Psychologen im Forum.

Es haben sich inzwischen etwa 600 Personen angemeldet, bis heute wurden fast 6500 Beiträge im Forum geschrieben. Hauptsächlich be-suchen Schüler die Seite, aber auch Eltern und Lehrer, die sich für das Thema interessie-ren. Die meisten der Nutzer haben Erfahrung mit Mobbing gemacht. Andere schreiben, weil sie einfach Verständnis für die Situation der Mobbingopfer haben. Teilweise werden hundert Beiträge am Tag geschrieben.

Es hat mich anfangs erstaunt, wie stark das Angebot genutzt wird. Es war mir überhaupt nicht bewusst, wie viele Jugendliche von Mobbing betroffen sind. Obwohl wir noch ein sehr junges Projekt sind, sind wir heute schon eines der größten Foren zu diesem Thema in Deutschland.

Trotzdem verlangen wir für unser Angebot kein Geld. Alle Personen mit Internetzugang sollen die Seite voll nutzen können. Und inzwischen kommen ja fast alle Schüler ins Internet. Ein Vorteil unserer Seite ist, dass die Nutzer ihre persönlichen Daten nicht preisgeben müssen. So können sie anonym schreiben. Andere Personen, die möglicherweise nach ihnen auf der Seite Ausschau halten, können sie nicht finden. Das gibt den Betroffenen Sicherheit und baut auch die Hemmungen ab, über ihre Erfahrungen zu berichten. Bisher haben wir nur positive Rückmeldungen von den Nutzern bekommen. Die finden es auch gut, wie offen ich mit dem Thema Mobbing umgehe und dass ich mit meinem Wissen anderen Menschen helfe. Ein Freund von mir hilft beim Programmieren, inhaltlich kümmere ich mich aber weitgehend allein um die Seite. Weil das Portal so erfolgreich ist, muss ich immer mehr Zeit damit verbringen, inzwischen bis zu vier Stunden pro Woche. Das ist aber kein Problem für mich, weil es mir wirklich Spaß macht, Mobbingopfer zu unterstützen.“ Moritz Schröder