Herr Mascha, wie wurden Sie zu einem Wasserexperten?

Als ich vor fünf Jahren aufhörte, Alkohol zu trinken, stieg mein Interesse an Wasser, da ich zum Essen ja keinen Wein mehr trank.

Schmeckt denn ein Experte wie Sie im Wasser Unterschiede wie im Wein?

Wenn man Geschmacksverstärker hinzugibt, schon. Ansonsten lässt sich das nicht vergleichen. Beim Wein gibt es viele verschiedene Rebsorten, unterschiedliche Böden oder das Klima. Man könnte höchstens sagen, dass sich Wasser mit einem geringen Mineralgehalt zu Weißwein so verhält wie Wasser mit hohem Mineralgehalt zu Rotwein. Das eine schmeckt leichter, das andere kräftiger.

Was macht ein gutes Wasser aus?

Beim Wasser ist es wie beim Wein: Es gibt kein perfektes Wasser. Manche mögen Kohlensäure, andere bevorzugen stilles Wasser. Es gibt ja auch viele verschiedene Sorten bei den so genannten High-End-Wassern: Quellwasser, Regenwasser, Brunnenwasser, Gletscherwasser, aber auch junges und altes Wasser.

Wie wirkt sich denn das Alter auf den Geschmack des Wassers aus?

Besonders jung ist zum Beispiel Quellwasser, das man, einen Monat nachdem es aus dem Boden gesprudelt ist, bereits trinken kann. Das schmeckt frisch und lebendig. Gletscherwasser, das 1000 Jahre alt ist, weil es damals als Regen niedergegangen und dann gefroren ist, schmeckt hingegen sehr sanft und natürlich.

Welches Wasser trinken Sie am liebsten?

Das hängt ganz davon ab, wie ich mich fühle. Ich habe bei mir im Haus mehr als 100 verschiedene Sorten Wasser herumstehen, die ich zum Glück mittlerweile zugeschickt bekomme. Ich trinke ganz gern Wasser mit Kohlensäure, das man aber hier in den USA nicht so viel bekommt.

Warum wird eigentlich in Deutschland viel Wasser mit Kohlensäure getrunken, in anderen Ländern aber nur stilles Wasser?

Das kommt aus der kulturellen Geschichte der Länder. Amerikaner mögen selbst Wasser mit ganz wenig Kohlensäure nicht. Bei Wasser mit Kohlensäure denken sie immer an Perrier, das sehr viel Kohlensäure hat. Da stören die vielen lauten Blasen. 

Zu welchem Essen passt denn Wasser mit viel Kohlensäure?

Allgemein gilt: Je feiner das Essen, umso schwächer sollte das Wasser sein. Es gibt ja stilles Wasser, leicht sprudelndes, klassisches Sprudelwasser und Wasser mit hohem Kohlensäuregehalt. Zu einer Suppe oder zum Sushi würde ich nur ganz stilles Wasser trinken, das vom sehr feinen Geschmack des Essens nicht ablenkt. Habe ich ein Steak, kann ich ein stark prickelndes Wasser dazu trinken, das dann einen schönen Gegensatz zum Steak bildet. Wichtig ist, dass man ein Wasser umso wärmer trinkt, je höher der Kohlensäuregehalt ist, weil es ansonsten zu sehr prickelt. Stark kohlensäurehaltiges Wasser sollte bei etwa 17 Grad getrunken werden, ganz stilles Wasser bei zwölf Grad. In den USA steigt das Bewusstsein dafür, da viele Menschen keinen Alkohol mehr trinken, aber auch keine Lust auf Softdrinks haben. Deswegen wird auch auf Partys viel mehr Wasser getrunken.

Was trinkt man denn im Moment auf angesagten Partys?

Etwa Bling H2O, das ist ein Wasser, das viel in den Nachtklubs in Los Angeles getrunken wird. Die Flasche ist mit Kristallen verziert und kostet 38 Dollar. Die bringe ich selbst gern zu Partys mit.

38 Dollar für eine Flasche Wasser?

Na ja, zum einen ist es ein sehr gutes Wasser. Zum anderen: Wenn auf einer Party jemand einen 100-Dollar-Wein mitbringt und jemand anderes eine Flasche Wasser für 38 Dollar – wer steht dann wohl eher im Mittelpunkt der Party?

Aber ist das nicht ein bisschen komisch, Wasser für 38 Euro zu trinken, während andere Menschen darum kämpfen müssen, überhaupt an Wasser zu gelangen?

Es ist doch nichts Falsches daran, für Wasser Geld auszugeben. Außerdem ist es ja nicht so, dass uns das Wasser ausgeht. Viele Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Wasser, das ist das Problem. Es ist aber nichts Schlimmes, viel Geld für Wasser auszugeben. Man trinkt ja niemandem was weg.

Michael Mascha ist Ernährungswissenschaftler an der University of South California und Autor von „Fine Waters. A Connoisseur’s Guide“. www.finewaters.com.