Ihm ist nicht zu entgehen. Er ist immer schon da, wo in der Welt man auch gerade Platz nimmt. Und viele finden das nicht schön, denn er ist nicht schön: der Plastikstuhl Monobloc. Mehr als eine Milliarde soll es Schätzungen zufolge weltweit davon geben. Das wirft Fragen auf. Wie konnte der Monobloc zu einem der erfolgreichsten Möbel unserer Zeit werden, obwohl ihn die meisten Menschen am liebsten nicht mal mit dem Hinterteil angucken würden?
Der Monobloc gibt gerade wegen seines Erfolges viel Anlass zu Kontroversen. An hübschen Orten wie Quedlinburg wollte man den Störenfried des historischen Stadtbildes schon vor Jahren vom Marktplatz verbannen – ohne Erfolg. Immer wieder formieren sich in touristischen Regionen Initiativen gegen ihn. Er ist ein Stuhl, der sozusagen ständig irgendwo auf der Anklagebank sitzt.
Fragt sich, was eigentlich für ihn spricht. Er ist einfach abwaschbar, wetterfest und ungeheuer robust. Seinen Namen verdankt er der Tatsache, dass er aus einem Stück ist und in einem Arbeitsgang gegossen wird: Monobloc – hergestellt im Spritzgussverfahren aus dem Kunststoff Polypropylen. Man kann ihn auch als den Globalisierungsstuhl schlechthin bezeichnen: ein Einzelkämpfer, der im weltweiten Wettbewerb nicht kaputt zu kriegen ist. Einer, der sich hoch stapeln lässt und dadurch in großer Stückzahl zu transportieren ist. Einer, der es seinen Käufern schön bequem macht, sich geschmeidig in die globalen Warenströme einordnet und kaum Kosten verursacht. Genau das war das Ziel, als er Ende der 1980er-Jahre in die Massenproduktion ging: ein Stuhl, der für das Geld eines günstigen Abendessens zu haben ist. Seitdem ist der Monobloc von vielen Firmen in der ganzen Welt reproduziert worden.
Unter rein praktischen Erwägungen ist der Monobloc sicher eines der besten Möbelstücke, die die Menschheit je hervorgebracht hat. Kleines Problem: sehr praktisch kann eben auch sehr hässlich sein. Er ist nun mal kein Freischwinger von Eames. Das Einzige, was bei ihm mitschwingt, ist, dass sein Besitzer ein Knauser ist, was gerade auch Gastronomen nicht sympathischer macht. Dass der Monobloc auf Bildern aus dem Foltergefängnis Abu Ghraib zu sehen war, hat zur Verschlechterung seines Images ein Übriges getan.
Beim Monobloc, so scheint es, kollidiert das weit verbreitete Bestreben, alles immer billiger zu bekommen, mit dem Bedürfnis der Menschen, sich mit schönen Dingen zu umgeben. Auch und gerade, wenn es sich um Gebrauchsgegenstände handelt. Diesem Widerspruch zum Trotz scheint es, als sei der Monobloc auf die Welt gekommen, um zu bleiben. Das sitzt der aus.
Als journalistischer Profi versteht es Oliver Geyer eigentlich, die nötige Objektivität zu wahren. Aber im Falle des Stuhls „Monobloc“ musste er sich seine Abscheu einfach mal von der Seele schreiben.