Wenn es um das Sächsische geht, ist Annekatrin Michler, 50, aus Leipzig genau die Richtige. Die Diplomkulturwissenschaftlerin arbeitet bundesweit als Kommunikationstrainerin und Coach und tritt als Rednerin auf Tagungen und Kongressen auf. Sie ist Mitglied der Lene-Voigt-Gesellschaft zur Pflege der Texte der sächsischen Mundartdichterin.

Warum ist der sächsische Dialekt so unbeliebt?

Annekatrin Michler: Een Grund: Wenn früher Bundesbürger an dr Grenze warn und in Sächssch begrüssd wurden mid „Machense mal den Gofferraum off“, dann wurde mid ihnen im sächsischen Dialekt der DDR-Machdschdrugdur gommunizierd. Das wurde im Bewussdsein dr alden Länder abgespeicherd. Und schon wird verallgemeinord.

Das allein erklärt die große Ablehnung?

Der Punkt ist: Die Sachsen werden schlechdergereded, als sie sind. Das Sächssche sollde viel selbstbewussdor geschbrochen werden! Ich denge, der Sachse mid seiner Ard wirkt manchmal befremdlisch auf den sich zunehmend disdanzierd gebenden Durchschniddsdeutschen.

Warum?

Der Sachse ist hochgradisch gommunigadief. Er klebt ooch mal an dem andren Menschen dran. Wenn sie än Sachsn dreffen, dann fragd der sie aus un lässd nicht logger. Fragen wie „How do you do?“ meind der ernsd.

Sie haben an der Universität Leipzig „Sächsisch für Anfänger“ unterrichtet – „Säggsisch fier de innerdeitsche Endwigglung“. Warum sollte man einen so unbeliebten Dialekt lernen?

Dieser Kurs ist een Deaderschdigg, das ich endwiggelt habe. Ich bin ja bundesweid als Coach und Gommunikationsdrainerin underwegs und habe fesdgeschdellt, dass es zwischen Osd- und Wesddeudschn äschde Gondexdprobleme gibd, das heißd, wir verschdehen uns deilweise nicht, ooch wenn mir die gleischen Worde benutzen. De Studenden solln in ächd ooch nicht Sächsisch lärn.

Ach ja, sondern?

Der Sachse will nicht gobierd werden. Durch de öffendlische Wahrnehmung ist er verletzbar geworden. Aber er möchde verschdanden und in seiner Mendalidäd akzeptiert werden. Das ist das Ziel des Gurses.

Wurden Sie schon mal nicht für voll genommen wegen Ihres Dialektes?

Ich erlebe eher das Gegendeil. Ich wirke sehr tough und äußerlisch vielleischd wie änne Wesdfrau – bis ich dann die Gusche offmache (lacht). Viele begreifen dann, dass Sächsisch ooch unglaublisch zard und werdschädzend ist. Weil ich Dialegd schbresche, holen viele Deilnehmer dann ooch ihrn Dialegd raus.

Haben Sie einen Lieblingsausdruck im Sächsischen?

Ich liebe das Wort rammeln. Ich hadde mal mit ä Westanwalt zu dun, der 1993 nach Leipzsch gam. Er hatte ä Ehebaar als Mandandn und die sollden übers Wochenende Underlagen zusammensuchen. Am Montag gamen sie gleinlaud in sein Büro und sagten, sie hädden die Underlagen nicht zusammen, weil sie das ganze Wochenende nur gerammeld hädden. Dr Anwalt war völlig gonsdernierd. Aber für den Sachsen hat rammeln nischd mit Sexualidäd zu tun. Rammeln bedeutet Hektik, rumrennen, rumhetzen, sisch de Birne, den Kopp, rammeln.

Offenbar finden Sie Sächsisch sexy. Ist das so?

Ja. Für mich ist Sächssch sehr weiblich. Eene Frau, die mit ihrem Sächssch schbield, gann hocherodisch wirken. Es liegd aber an den Bersonen und der Bersönlischgeid und nicht am Dialegd!

Aber jetzt mal ganz ehrlich: Ein Sachse im Bett sollte doch besser die Gusche halten, oder?

Ja (lacht). Aber da sinn mir wieder beim Dema Bersönlischgeid. Wenn ich mit ä Mann änne rischdisch gude Nacht hadde, dann gann der danach ooch sagen: Es war glasse. Wenn der aber nur bassiv rumgelegen hädde, dann würde ich dän abservieren. Das wäre im Bayrischen aber nicht anders.