Es gibt viele Beispiele von Flüchtlingen, die in Deutschland gut angekommen sind – weil sie Möglichkeiten gefunden haben, aktiv zu werden. Zum Teil im Rahmen von Initiativen, die ihnen Wege aus der Untätigkeit angeboten haben, zu der sie das offizielle Aufnahmeverfahren verdammt. In dieser Serie berichtet jede Woche ein Flüchtling über seine Erfahrungen.

Ich heiße Maureen, ich bin 32 Jahre alt und komme aus Nigeria. Ich mag Kunst, deswegen mache ich beim Kunstprojekt von Friederike Hofmann des Asylkreises Putzbrunn mit. Beim Malen träume ich von meinem Heimatland Nigeria. Dort habe ich niemals gemalt. Ich male mit Acrylfarbe, viele Kreise und Quadrate, rote und gelbe. Ein lila Viereck, ein blauer Kreis, auf der rechten Seite ein Baum in einem Topf, ein rotes Quadrat und ganz unten ein blauer Kreis.


Ich sage immer wieder: Ich kann nicht malen. Meine Leiterin findet meine Bilder jedoch toll. Sie zeigte mir ein Bild von Joan Miró und sagte: Guck, das ist ein berühmter Maler. Sie findet, ich male wie er. Ich finde, er malt wie ich. Bisher habe ich ein Bild gemalt. Ich wollte eigentlich noch Linien reinmalen, das habe ich bei Miró gesehen.In Nigeria habe ich auf dem Land im Bundesstaat Edo gewohnt. Ich hatte dort keinen Job, weil ich keinen Schulabschluss habe und nicht schreiben kann. Ich konnte nicht zur Schule gehen, weil meine Geschwister und ich meiner Mutter im Haushalt und auf dem Feld helfen mussten. Seit gut einem Jahr bin ich mit meinem Mann und meinen vier Kindern in Putzbrunn bei München.

Aber immer wenn ich male, kommt eines meiner Kinder. Einer meiner Söhne flippt manchmal aus, er nimmt dann die Leinwände und pikst hinein. Die Kinder haben hier im Asylheim ein Extrazimmer; dort können sie selbst malen. Das Bild wurde nun so ausgestellt. Beim Dorffest in Putzbrunn. Die Gemeinde hat dort einen Pavillon aufgebaut und uns Stellwände zur Verfügung gestellt. Der Titel unserer Ausstellung: „Heimat-Träume“. Unsere Bilder bildeten eine riesengroße bunte Wand. Von jedem Teilnehmer gab es ein Bild, mit Foto und Namen, damit man zuordnen konnte, wer was gemalt hat.

Derzeit arbeiten wir an unserem zweiten Projekt. Es wird eine größere Ausstellung, vielleicht in den Räumlichkeiten der Gemeinde oder in einer Firma. Wir treffen uns jeden Montag von 18 bis 20 Uhr. Wir sind mal vier, mal zwölf Leute. Insgesamt sind wir 19 Teilnehmer. Jeder kommt, wann er will. Wir sind nicht ganz so pünktlich wie andere in Deutschland. Eines Tages haben die deutschen Mitarbeiterinnen unsere Leiterin hängen lassen. Sie musste alles alleine aufräumen und sagte, sie macht jetzt nicht mehr weiter. Da kamen wir zu dritt zurück, haben die Pinsel gewaschen und aufgeräumt, in einem Affenzahn. Nun geht unser Projekt doch noch weiter.

Die Lage in Nigeria

Bis zu 1,5 Millionen Menschen sind in Nigeria auf der Flucht, schätzt das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR). Sie versuchen, Gewalt, Armut und Unterdrückung zu entkommen. Die meisten von ihnen sind von Boko Haram aus ihrer Heimat vertrieben worden. Die islamistischen Extremisten kämpfen im Nordosten Nigerias für die Errichtung eines eigenen Staates. Der nigerianischen Regierung ist es bislang nicht gelungen, die islamistischen Kämpfer von Boko Haram, die wahllose Tötungen sowie Entführungen und Anschläge verüben, entscheidend zurückzudrängen. Rund 15.000 Menschen sind seit 2009 laut UN-Angaben getötet worden, rund 1,2 Millionen sind innerhalb des Landes auf der Flucht.

Caroline von Eichhorn ist freie Journalistin, Autorin und Gestalterin in München. Sie arbeitet unter anderem für den Bayerischen Rundfunk, die Süddeutsche Zeitung und das Bayerische Jugendfilmfestival Jufinale  – und sie hat beim fluter.de-Workshop für Jugendliche auf der Berlinale mitgewirkt.