Was passiert?
Es ist kein guter Tag im Leben von Goldie: Erst verliert die Teenagerin ihren Job in einem Schnäppchen-Shop, weil sie schon wieder zu spät zur Arbeit gekommen ist, dann wird auch noch ihre Mutter verhaftet. Goldie schnappt sich ihre kleinen Schwestern Supreme und Sherrie und haut ab, bevor das Jugendamt sie holen kann. Ihre Odyssee führt sie tagsüber zu Bekannten und Freunden – von denen sich nicht alle, wenn es hart auf hart kommt, auch als solche erweisen – und nachts durch die Straßen von New York, wo Goldie versucht, die Medikamente ihrer Mutter als Drogen zu verkaufen.
Was zeigt uns das?
Der amerikanische Traum ist real. Also der Traum, nicht seine Erfüllung. Goldie träumt davon, als Tänzerin in einem Hip-Hop-Video berühmt zu werden. Sie hat die Chance auf diesen einen Gig und braucht dafür nur diesen einen teuren kanarienvogelgelben Mantel. Für die Sehnsucht, jemand anders zu sein, so in ein besseres Leben zu flüchten, sind auch Perücken ein wiederkehrendes filmisches Motiv.
Wie wird’s erzählt?
Mitunter so unstet wie Goldies Lebensumstände: mit rastloser Handkamera und zäh wie Sirup, wie in einem Albtraum, in dem man einfach nicht vorankommt. Dazwischen gibt es kurze surreale Momente, manchmal wird auch einfach bunt ins Bild gemalt, kantige Striche und Flächen sind das, die gleichermaßen an analoge Pop-Art-Animationsfilmtechniken und die Ästhetik von verzierten Instagram- und Snapchat-Fotos erinnern.
Good Job!
Man lobt junge Perform*innen ja gern mal für ihre „Intensität“. Das klingt immer etwas abgedroschen, aber, die, tja: Intensität, mit der Slick Woods spielt, ist tatsächlich beeindruckend. Ihre Goldie ist eine Erscheinung! Raspelkurze Haare, blondierte Augenbrauen, dazu die markante Zahnlücke und ein schwer zu deutendes Krokodilslächeln. Sie danced und twerkt im gelben Einteiler auf einem Rooftop um ihr Leben, gefilmt von einer iPhone-Kamera, sie steht unter Strom, sie ist wütend, verletzt, stolz, beratungsresistent, kompromisslos und selbstbewusst. „I figure it out“, sagt Goldie mehrfach bestimmt. Aber wie? Das weiß sie selbst oft nicht.
Schwierig
Die Lebensrealitäten, die Darsteller*innen, die Sprache, die Musik (Cumbia, HipHop, mäandernder Jazz) – so gut wie alles in diesem Film ist schwarz. Doch Regisseur Sam de Jong ist weiß, er kommt aus den Niederlanden. Das ist nicht verboten, das darf es natürlich geben. Dennoch hat dieses „Weiße erzählen über Schwarze“ immer einen Beigeschmack.
Taschentuchmoment
Die Schlussszene. Aber die verraten wir jetzt nicht.
Stärkster Satz
„N****, I'm fly as fuck“, sagt Goldie, als sie um den Auftritt im Musikvideo dealt. Erwähnten wir schon, dass es ihr nicht an Selbstbewusstsein fehlt?
Ideal für …
Alle, die sich für soziale Realitäten jenseits ihres Mittelklasse-Lebens interessieren. Und für alle, die das noch nicht tun, aber einen Zugang suchen – so unkitschig und unpädagogisch erzählt selten ein Film davon.
Titelbild: Goldie Films, Inc.