Der Milchbauer Martin Ott glaubt: Hätten Pferdezüchter ihre Rennpferde in den letzten Jahrzehnten so „verbessert“ wie Rinderzüchter ihre Kühe, dann könnten Pferde heute in der Formel 1 mithalten. Das mag vielleicht etwas übertrieben klingen. Fest steht aber, dass moderne Milchkühe bis zu sechsmal so viel Milch produzieren wie ihre Vorfahrinnen – das sind mehr als 10.000 Liter, maximal sogar bis zu 21.000 Liter pro Jahr.
Möglich wurden diese Höchstleistungen erst durch die moderne Zucht. Die Größe des Brustkorbs, der Winkel der Hinterbeine, die Form der Euter – an einer zeitgenössischen Turbokuh ist kaum ein Fleckchen, das nicht auf Perfektion getrimmt wurde. Das Deutsche Holstein-Rind ist den Züchtern besonders gut gelungen. Es zählt zu den ertragreichsten der Welt und ist ein Exportschlager: 50.000 bis 60.000 deutsche Zuchttiere werden pro Jahr exportiert, dazu kommen noch ein paar Millionen Ladungen Rindersamen.
Diese Zucht fordert ihren Tribut: Lebt eine einfache Kuh über 20 Jahre, wird eine Hochleistungskuh im Schnitt nur etwa fünf Jahre alt. Sie wird viel schneller krank, leidet oft an entzündeten Eutern und wird nach kurzer Zeit unfruchtbar. Spätestens dann ist ausgemolken – Milch fließt schließlich nur, wenn ein Kalb geboren wurde.
Während Tierschützer die Hochleistungszucht und konventionelle Haltungsbedingungen kritisieren, fühlen sich viele Bauern durch den niedrigen Milchpreis gezwungen, so viel aus ihren Kühen herauszuholen wie möglich. Ein Teufelskreis: Je mehr Milch sie produzieren, desto stärker können Molkereien und Supermärkte den Preis dafür drücken.
Der Fotograf Nikita Teryoshin war mehrere Jahre lang auf Landwirtschaftsmessen, Zuchtschauen, Rinderauktionen und Besamungsstationen unterwegs. Dabei ist ihm wichtig gewesen, keine Schockerbilder à la Tierschutzorganisation Peta zu produzieren, bei deren Anblick womöglich viele Betrachter einfach abschalten. „Mein Ansatz war es, eine neue Bilderwelt zu konstruieren anstelle der Bilder, die man von der Milchverpackung kennt.“ Dass auch seine Fotos manch einen schockieren, hält er aber für möglich.
Warum genau ist der Milchpreis so tief und was kann man dagegen tun? Antworten und Lösungsansätze gibt es hier.