Das Entsetzen trägt viele Namen. Aber es lässt sich auch in Zahlen ausdrücken: 11.09.2001 – Anschlag auf das World Trade Center in New York. 17.06.1953 –  Arbeiteraufstand in der DDR wird blutig niedergeschlagen. 11.07.1995 –  Massaker an ungefähr 8.000 Jungen und Männern im bosnischen Srebrenica durch serbische Soldaten, Polizisten und Paramilitärs.

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Und irgendwann werden es immer weniger, die mit den Datum noch etwas verbinden – hier mit dem 17. Juni 1953, als das Volk der DDR aufbegehrte (Foto: Marc Beckmann)

Und irgendwann werden es immer weniger, die mit den Datum noch etwas verbinden – hier mit dem 17. Juni 1953, als das Volk der DDR aufbegehrte

(Foto: Marc Beckmann)
 

Im individuellen und kollektiven Gedächtnis stehen historische Jahrestage für Terror, Tyrannei und Unterdrückung, manche auch für Revolution, Sieg und Befreiung –  und immer hängen daran die Gefühle und Traumata, die mit den einschneidenden Ereignissen einhergingen. Es handelt sich um Zahlen, die mit Emotionen aufgeladen sind.

Auch deshalb waren sie immer schon Gegenstand des offiziellen Gedenkens von Staaten, politischen Gemeinschaften und ideologischen Bewegungen. Doch nur zum Teil geht es dabei um eine gemeinsame Verarbeitung und Bewältigung des Erlebten. Gedenktage werden oft auch instrumentalisiert, um die Menschen auf eine bestimmte Sicht der historischen Ereignisse einzuschwören und Identität zu stiften. Daten werden zu Denkmälern, errichtet von den jeweils Herrschenden.

Marc Beckmann fotografiert seit 2004 auf der ganzen Welt solche offiziellen Feierlichkeiten. Dabei verlässt er mit seiner Kamera bewusst den protokollarischen Rahmen und die Sichtweisen, die durch die Rituale, Paraden und Kranzniederlegungen vorgegeben werden. Diesen plakativen Vereinfachungen, die wenig Raum für eine Mehrdeutigkeit der Erinnerung lassen, möchte Marc Beckmann mit seiner Fotoarbeit „Anniversaries“ etwas entgegensetzen. Insofern kommt es bei seinen Bildern besonders darauf an, dass es keine offiziellen Bilder sind.

Marc Beckmann, geboren 1978, studierte Fotografie an der Fachhochschule Bielefeld und arbeitet als freier Fotoreporter in Berlin. Mit „Anniversaries“ und anderen Arbeiten sucht er immer wieder nach Möglichkeiten, um die Produktion und Rezeption heutiger Medienbilder zu hinterfragen – und findet sie im Grenzbereich zwischen Fotojournalismus und Kunst. www.marcbeckmann.com