2500 Strohballen waren nötig, bis im April letzten Jahres im altmärkischen Sieben Linden das erste dreigeschossige Mehrfamilienhaus stand, das mit Strohballen gebaut wurde. Mittlerweile leben auf den mehr als 500 Quadratmetern 18 Erwachsene und sieben Kinder. Wie bei einem Fachwerkhaus wird bei Strohballenhäusern zunächst ein tragende Konstruktion aus Holz errichtet, die anschließend mit Strohballen aufgefüllt und mit Lehm verputzt wird. Anfang dieses Jahres hat das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) Strohballen als Baustoff offiziell zugelassen. „Strohballen können Wärme besser speichern als andere Baustoffe – und zudem isolieren sie gut“, sagt Burkard Rüger vom Fachverband Strohballenbau, der das Haus in Sieben Linden mitgebaut hat. Strohballenhäuser benötigen deshalb so gut wie keine Heizung mehr, sondern nur einen Wärmetauscher. Der entzieht der verbrauchten Luft die Wärme und führt sie der frischen Luft wieder zu. Für Benjamin Krick liegt ein großer Vorteil von Stroh in dessen Dämmeigenschaften. Der 29-Jährige promoviert an der Universität Kassel über das Bauen mit Strohballen. „Das, was dämmt, ist die Luft. Und in Strohballen ist sehr viel Luft eingeschlossen.“

An die Dämmwerte von Styropor kommt Stroh zwar nicht ganz heran, aber Stroh wächst nach, man benötigt kaum Energie zur Herstellung und es ist ein Abfallprodukt: In Deutschland werden 60 Prozent des Strohs zu einem Großteil wieder in den Acker untergepflügt und zu einem kleinen Teil verfüttert – die restlichen 40 Prozent bleiben ungenutzt. „Damit könnte man jedes neue Haus mit Strohballen bauen, ohne extra Getreide anbauen zu müssen“, sagt er. In Nebraska stehen heute noch Strohballenhäuser, die bereits vor 150 Jahren gebaut wurden. Nach Europa kam die Bauweise mit der Umweltschutzbewegung in den 1980er Jahren, häufiger genutzt wird sie erst seit Ende der 90er Jahre. Über ganz Deutschland verteilt stehen mittlerweile zwischen 25 und 40 Strohballenhäuser. Allerdings nicht in Städten, da Baugrund dort ziemlich teuer ist und die Wände wegen der Strohballenbreite von 35 Zentimetern sehr dick sind. Auch zu hoch hinaus geht es nicht: Häuser in Holzbauweise dürfen lediglich in Ausnahmefällen mehr als drei Stockwerke haben. Wolfgang Schulz vom Bremer Energie Institut sieht die Zukunft des Strohs vor allem im Heizölersatz. „Wenn Stroh gemahlen und zu kleinen zylindrischen Röllchen, so genannten Pellets, zusammengepresst wird, hat es sehr gute Feuerungseigenschaften“, erklärt er. Der Energiewert von zwei Kilo Strohpellets entspricht dem von einem Liter Heizöl. Für die gleiche Menge Energie zahlt man bei Öl jedoch 60 Cent, für das gepresste Stroh nur 30 Cent. In Dänemark existiert bereits ein Heizkraftwerk auf der Basis von Stroh. Abbrennen können Häuser aus Stroh nicht so einfach, erklärt Otto Fechner, Referatsleiter am DIBt: „Wenn man ein Streichholz in eine Flamme hält, dann brennt es sofort. Ein Holzbalken ist dagegen schwer entflammbar. So ist es mit Stroh auch. Der einzelne Halm brennt wie Zunder, der Ballen nicht.“