Die Wetter-Fernbedienung;

schon lange träumen die Menschen von einer meteorologischen Fernbedienung, die den alles überspannenden Himmelsbildschirm kontrolliert. 1924 lud der Harvard Professor Emory Leon Chaffee einen Haufen elektrisch geladenen Quarzsand in einer Wolke ab – ohne Folgen. In den 40er-Jahren entdeckte dann der US Naturwissenschaftler Bernard Vonnegut, dass sich kalter Wasserdampf nach Zugabe von Silberjodid-Kristallen verdichtet und als Schnee und Regen zu Boden fällt. Diese Cloud-Seeding-Technik ist bis heute in der Landwirtschaft und im Flugverkehr im Einsatz, leider jedoch nicht besonders zuverlässig. Bei den olympischen Spielen von Peking wurden zur Beeinflussung des Wetters Raketen und Flugzeuge zum Wolkenbeschuss eingesetzt – trotzdem mussten Wettkämpfe wetterbedingt abgesagt werden.

Intelligente Kleidung;

schon in den 90er-Jahren prophezeiten Zukunftsforscher und Techno-Gurus den Siegeszug der »intelligenten Kleidung«, also Jacken und Hosen, die mit Solarzellen und Sensoren versehen sind. In dieser Vision ergeben Kabel und Kunstfasern ein dichtes Gewebe, eine »schützende Hülle, die aktiv in das Geschehen eingreift«. Im Jahr 2000 bildeten der Jeansgigant Levi’s und der Elektronikkonzern Philips sogar ein Joint Venture, stießen aber auf wenig Begeisterung bei den Kunden. Mit dem Titel »Smartwear« wurden dann in den Nuller-Jahren intelligente Kleidung propagiert, die das Muster wechselt, wenn dem Date das Hemd nicht gefällt.

Die Nahrungspille;

das Raumfahrtprogramm schien in den 60er-Jahren eine kulinarische Revolution einzuläuten. Die NASA-Astronauten ernährten sich von Proteingels, Vitaminwürfeln und Flüssignahrung aus der Aluminiumtube. Und genau wie abschwellende Nasentropfen, so mutmaßte man, werde auch das Astronautenfutter den Weg aus dem All in den Alltag finden, Magazine träumten bereits von Kantinen, in denen Angestellte nur noch kleine Pillen mit der Aufschrift »Hühnerfrikassee« oder »Pfannkuchensuppe« zu sich nehmen. Längst gibt es Vitaminwasser, Aminosäuren-Shakes und Nahrungsergänzungsmittel, und doch scheint der Mensch seine grundsätzliche Aversion gegen unnatürliche Nahrungsaufnahme ohne Kauen-Schmecken-Schlucken nicht ablegen zu können. Beim US-Militär wollten sie trotzdem mit dehydrierten Mahlzeiten wie dem Meals Ready to Eat (MRE) und Compressed Meat (CM) sicherstellen, dass Soldaten im Schlachtgetümmel keine Mittagspause einlegen. Die US-Army entwickelt sogar ein Pflaster, das Soldaten drei Tage lang vor dem Hungern schützen sollen. Guten Appetit.

Second Life;

ausgerechnet im berüchtigten Jahr 1984 schrieb der Science-Fiction-Autor William Gibson in seinem Roman »Neuromancer« erstmals vom Cyberspace, einer »konsensuellen Halluzination, die jeden Tag von Milliarden von legitimen Akteuren erlebt wird«. Die Men-sschen betreten in dem Roman über Hightechschnittstellen eine grenzenlose Stadt aus Licht und Daten, in der sie den Großteil ihrer Zeit verbringen. Spätestens seitdem geht uns der Gedanke des Second Life im Computer nicht mehr aus dem Kopf, wir fantasieren über ein Leben jenseits von Alltag, Schwerkraft und dem eigenen Körper, fürchten uns gleichzeitig vor einer metastasierenden Kunstwelt, die den echten Planeten schluckt. Im Jahr 2005 sorgte das clever vermarktete Onlinespiel »Second Life« für kurze Zeit für großes Aufsehen und schaffte es sogar zum »Spiegel«-Titel. Mehrere Millionen Menschen waren in der virtuellen Welt aktiv, bauten Fantasiehäuser, entwarfen neue, bessere Identitäten und gingen in virtuelle Diskotheken, Bordelle oder in den – schnell aufgestellten – Nike-Flagshipstore. Wenige Jahre später war »Second Life« eine digitale Geisterstadt. Der Traum vom Cyberspace als verpixelte Parallelgesellschaft wird einer bleiben.

Die Farm auf dem Mond;

der große Erfolg von James Camerons »Avatar« ist ein enormer Rückschlag für die Vision von der Mondfarm. Zeigt der Blockbuster doch, wie Menschen im 22. Jahrhundert ein fremdes Himmelsgestirn besiedeln, um dort Rohstoffe abzubauen, und dabei das Ökosystem und die eingeborenen Blauhäute bekriegen. In den 50er-Jahren galten planetarische Pioniere nicht als Bösewichter, sondern als Helden. Der Raketenpionier und V2-Erfinder Wernher von Braun hatte ein Konzept für eine Mondbasisin der Schublade (3 Raumschiffe, 50 Mann). Arthur C. Clarke, der Autor der »2001 – Odyssee im Weltall«, schrieb in dem Buch »The exploration of space« schon 1951 von Städten und Farmen auf Mond und Mars, in denen unter einer gigantischen Glaskuppel Bäume wachsen und Autos herumfahren. In der Realität aber hatte seit den 70ern kein Mann mehr den Mond betreten, sogenannte Biosphären-Projekte scheiterten kläglich an Lagerkoller und Schimmelpilz.

Cybersex;

wenn sich zwei Menschen verlieben oder sich begehren, dann spricht man gerne davon, dass »es gefunkt hat« und dass »die Chemie stimmt«. Die großen Gefühle, so scheint es, werden als chemische Formel oder elektronische Ladung verstanden, und vielleicht ist es deshalb kein Wunder, dass der Mensch seit Erfindung der Telekommunikation davon träumt, nicht nur Texte, Töne und Bilder durch die Leitungen zu schicken, sondern auch Küsse, Erregung und Berührungen, nun ja, Sex eben. Die Erotikmaschinen tauchten zunächst in Filmen auf: Woody Allen erfand für den Film Sleeper das »Orgasmatron«, eine fahrstuhlartige Kabine, die einen wirklich nach oben bringt. In den 70ern dachte man bereits über den etwas anderen Datenverkehr nach, und Howard Rheingold sprach Anfang der 1990er von einer sexuellen Interaktion über das Datennetz, etwa durch einen »durchsichtigen Ganzkörperanzug, wie ein Strumpf, aber mit der intimen Enge eines Kondoms«. Stattdessen aber veränderte die Medienrevolution das Sexleben auf andere Art: Das Internet ermöglichte den unbegrenzten Zugriff auf Hardcorepornografie. Der Mensch hat den Sexualpartner abgeschafft, sitzt alleine vor dem Bildschirm, auf dem die Körper zucken.

Das Hoverboard;

1989 kam aus Kalifornien, der Heimat des Skatens und Surfens, der Film »Zurück in die Zukunft II« und mit ihm die Vision eines neuen Fortbewegungsmittels. In dem Film besucht Marty McFly das Jahr 2015 und erwirbt dort ein Hoverboard der Firma Mattel, ein Skateboarddeck, das durch eine avancierte Magnetfeldtechnologie über dem Boden schwebt. Das Hoverboard entwickelte sich schnell zu einem Phantasma derglobalen Teenagergemeinde, vereinte es doch Hightech, Action und den Traum vom Fliegen. Regisseur Robert Zemeckis sorgte später für Verwirrung, als er behauptete, dass das Hoverboard kein Spezialeffekt sei, sondern eine tatsächlich existierende Technologie, die allerdings von Verbraucherschützern und Elternverbänden zurückgehalten werde. Die Gerüchte über ein massenmarkttaugliches Hoverboard ebbten in den 90er-und Nuller-Jahren nicht ab, immer wieder versuchten Firmen, mit dem Markennamen ihre futuristischen Roller und Rasenmäher zu bewerben.

Die Wellness-OP;

in der Serie »Näher als wir denken«, welche die Chicago Tribune in den 50er-Jahren publizierte, schrieb der Autor Arthur Radebaugh über die »unblutige Operation«, und zeichnete einen Patienten, der gemütlich unter riesigen Strahlenkanonen sitzt und auf die Heilung wartet. »Dank dem Atommesser werden Operationen bald so angenehm sein wie ein Nachmittag im Lehnstuhl«, schrieb Radebaugh. In der Science-Fiction-Serie »Star Trek« konnte man die magische Medizin schon in den 60ern bewundern, silbrige Geräte mit Namen wie Knochenregenerator und Nanosonden. Die patientenschonende Behandlungsweise von Bordarzt »Pille« inspirierte den amerikanischen Krebsspezialisten John Adler angeblich zur Entwicklung seines »Cyberknifes«, mit dem man Tumore gezielt angreifen kann. Ultraschall, Laser und Bestrahlungstherapie sind längst Bestandteil der modernen Medizin. Die unblutige OP wird es aber im Jahr 2020 nicht mal für Privatpatienten geben.

Der Cargolifter;

die Idee mit der Nummer 98580 ist nicht tot zukriegen. Am 13. August 1898 hatte das Kaiserliche Patentamt den Konstruktionsplan für einen »Lenkbaren Luftfahrzug mit mehreren hintereinander angeordneten Tragkörpern« des Antragstellers Ferdinand Graf von Zeppelin geschützt. Die mit Gas gefüllten Luftschiffe galten als Fortbewegungsmittel der Zukunft. Die war zu Ende, als 1937 das Luftkreuzfahrtschiff Hindenburg über dem US-Städtchen Lakehurst explodierte. Der »Lenkbare Luftfahrzug« aber blieb ein Phantasma der deutschen Erfinderszene. Ende der 90er-Jahre wurde dann die Firma Cargolifter gegründet, die den Zeppelin zum Monstertruck des Himmels machen wollte – bis zu 160 Tonnen sollten die Luftschiffe transportieren können. Die Firma ging pleite. Das Modell wurde nie gebaut. Die Zukunft des Zeppelins war vorbei, bevor sie begonnen hatte – Luftschiffe werden heute nur noch sporadisch als Werbeträger und Ausflugsdampfer eingesetzt.