Marine Le Pen

Partei: Front National (rechtsextrem/rechtspopulistisch)

Alter: 48

Hintergrund: Vorsitzende des Front National, Tochter des Parteigründers Jean-Marie Le Pen

Wichtigste Wahlkampfversprechen: „Frexit“-Referendum über EU-Austritt innerhalb von sechs Monaten, Einwanderung drastisch begrenzen, Nato-Austritt, „Franzosen zuerst“ – Bevorzugung gegenüber Nichtfranzosen bei Sozialleistungen und Arbeitsplätzen

Chancen auf die Stichwahl: sehr sicher, eventuell auch ein Sieg in der ersten Runde

Chancen auf die Präsidentschaft: eher unwahrscheinlich. Laut Umfragen würde jeder andere Kandidat sie in der zweiten Runde schlagen. Aber: durchaus möglich

Folgen für Europa: „Eine Marine Le Pen als französische Präsidentin würde das Aus für die Europäische Union, wie wir sie kennen, bedeuten“, sagt Nicolai von Ondarza, Europa-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik. „Sie hat angekündigt, Bedingungen aushandeln zu wollen, die den Grundwerten der Union widersprechen – und sich ansonsten für einen Austritt Frankreichs starkzumachen. So oder so würde sie die gemeinsame Politik in Brüssel auf Jahre lähmen.“

Gesprächsstoff: Das Europaparlament fordert von Le Pen fast 300.000 Euro zurück, weil ihre Assistentin nicht dort, sondern hauptsächlich für den Front National in Frankreich gearbeitet haben soll. Le Pen weigert sich, deshalb wurden ihr nun die Bezüge gekürzt. Außerdem hat das Europaparlament ihre Immunität aufgehoben, weil gegen sie wegen der Verbreitung von gewaltverherrlichenden Bildern im Internet ermittelt wird. Sie bezeichnet die Ermittlungen als „politisch motiviert“.

François Fillon

Partei: Republikaner (konservativ)

Alter: 63

Hintergrund: ehemaliger Premierminister von Frankreich (2007–2012) unter Nicolas Sarkozy

Wichtigste Wahlkampfversprechen: Abschaffung der 35-Stunden-Arbeitswoche im öffentlichen Dienst (mehr arbeiten), Gewerkschaften entmachten, Burkini verbieten, Steuern für Unternehmen senken, Nationalstaaten innerhalb der EU stärken

Chancen auf die Stichwahl: ursprünglich sehr gut. Für viele konservative Franzosen war er eine Alternative zur extremeren Marine Le Pen, er präsentierte sich als skandalfrei in Abgrenzung zum aktuellen Präsidenten François Hollande, der unter anderem für seine öffentlich zelebrierten Liebesaffären kritisiert wird. Doch Fillon stolperte über seinen eigenen Skandal (siehe „Gesprächsstoff“), seitdem sind seine Chancen stark sinkend. Vom ersten Platz in den Umfragen ist er inzwischen auf Platz 3 mit nur noch etwa 20 Prozent Zustimmung abgerutscht.

Chancen auf die Präsidentschaft: ursprünglich gut, derzeit aber stark abnehmend

Gesprächsstoff: „Penelopegate“. Fillon soll seiner Frau in den vergangenen 15 Jahren Gehälter von insgesamt über 800.000 Euro gezahlt haben. Die Beschäftigung von Verwandten ist in Frankreich grundsätzlich nicht verboten, sie müssen dafür aber eine klare Funktion haben. Das ist bei Penelope Fillon sehr umstritten. Nun wird ermittelt. Fillon will trotzdem zur Wahl antreten, die Ermittlungen bezeichnet er als „politisch motiviert“. Neueste Enthüllung: Ein nicht näher bekannter „Mäzen“ soll Fillon Anzüge im Wert von 13.000 Euro geschenkt haben.

Folgen für Europa: „Ein Präsident Fillon würde es vor allem innenpolitisch schwer haben“, sagt Frank Baasner, Direktor des Deutsch-Französischen Instituts Ludwigsburg. „Nach den massiven Skandalen wäre er ein schwacher Präsident, und er plant ein sehr brutales Sparprogramm. Bei den anderen EU-Regierungen kämen diese Pläne aber wahrscheinlich gut an.“ Nicolai von Ondarza sagt, Fillon sehe die EU zwar grundsätzlich als ein Instrument, mit dem er den französischen Einfluss in der Welt stärken könne. Er wolle aber, dass die nationalen Regierungen den Ton angeben.

Emmanuel Macron

Partei: parteilos (Bewegung „En Marche“, Mitte/wirtschaftsliberal)

Alter: 39

Hintergrund: ehemaliger Wirtschaftsminister unter François Hollande und Investmentbanker

Wichtigste Wahlkampfversprechen: 35-Stunden-Arbeitswoche weiter lockern (mehr arbeiten), Unternehmenssteuer senken, 120.000 Stellen im öffentlichen Dienst streichen, viele Haushalte von der Wohnungssteuer befreien, Vetternwirtschaft gesetzlich verbieten (siehe Fall Fillon), in erneuerbare Energien investieren und weniger in Nuklearenergie

Chancen auf die Stichwahl: gut. Seitdem Fillon mit dem Skandal beschäftigt ist, steigen seine Werte stark an. Ursprünglich auf Platz 3, liegt er nun mit Le Pen in Umfragen etwa gleichauf, erste Institute sehen ihn knapp vorne.

Chancen auf die Präsidentschaft: falls er sich in der ersten Runde durchsetzt, sehr gut

Gesprächsstoff: Macron war 2008 bis 2012 Investmentbanker bei Rothschild & Cie., mitten in der Bankenkrise. Vor allem Marine Le Pen spielt häufig auf diesen Hintergrund an. Gerne getratscht wird über sein Privatleben: Seine Frau ist seine ehemalige Französischlehrerin und 24 Jahre älter. Die französische Wochenzeitung „Le Canard enchaîné“, die schon den Skandal um François Fillon publik machte, hat auch Vorwürfe gegen Macron veröffentlicht. Dieser hat angeblich 2016 als Minister eine teure Party in Las Vegas für Start-ups ausrichten lassen, ohne dass es dafür eine ordentliche Ausschreibung gegeben habe. Die französische Finanzaufsicht untersuche nun, ob dem Kandidaten Vorteilsnahme nachgewiesen werden könne. Macron wies die Vorwürfe zurück.

Folgen für Europa: „Macron spricht sich dezidiert für eine deutliche Stärkung der EU und der Eurozone aus“, sagt Nicolai von Ondarza. Dafür sei Macron auch bereit, mehr Verantwortung an Europa abzugeben. Aber er hat auch Ziele, die bei der jetzigen deutschen Regierung nicht besonders gut ankommen dürften. „Denn Teil seiner Reformagenda ist auch eine stärkere Lastenteilung in der Eurozone, etwa durch einen gemeinsamen Eurozonen-Haushalt oder eine europäische Arbeitslosenversicherung, was die Bundesregierung bisher ablehnt.“

Benoît Hamon

Partei: Sozialisten (Parti Socialiste – PS, links)

Alter: 49

Hintergrund: Hamon war 2014 für ein halbes Jahr Minister unter Premier Valls und Präsident Hollande, er trat aus Protest gegen deren wirtschaftspolitischen und seiner Meinung nach zu unternehmerfreundlichem Kurs zurück. Er gehört dem linken Flügel seiner Partei an.

Wichtigste Wahlkampfversprechen: bedingungsloses Grundeinkommen, Mindestlohn anheben, 32-Stunden-Arbeitswoche (weniger arbeiten), Cannabis legalisieren, Flüchtlinge aufnehmen und integrieren, Hollandes Arbeitsreformen rückgängig machen, Aussetzen von Freihandelsabkommen und ein offener Laizismus – Frauen sollen sich frei für das Tragen eines Kopftuches entscheiden dürfen.

Chancen auf die Stichwahl: relativ gering, er konkurriert mit Mélenchon um die Stimmen der linken Wähler und liegt derzeit mit 13 bis 14 Prozent auf Platz 4. Es gab Gespräche zwischen ihm und Mélenchon, ob einer der beiden zurückzieht – sie konnten sich jedoch nicht einigen.

Chancen auf die Präsidentschaft: gering

Folgen für Europa: „Ein Benoît Hamon als Präsident würde die EU-weite Debatte über ein bedingungsloses Grundeinkommen fördern. Er würde aber – trotz eines sehr linken Wahlprogramms – eher nicht die frontale Konfrontation mit anderen EU-Staaten suchen, wie es zum Beispiel die griechische Regierung getan hat“, sagt Frank Baasner, Direktor des Deutsch-Französischen Instituts Ludwigsburg, der allerdings auch noch einmal betont, dass sowohl Hamon als auch Mélenchon keinerlei realistische Chancen auf das Amt haben.

Jean-Luc Mélenchon

Partei: Parti de Gauche/La France insoumise (links)

Alter: 65

Hintergrund: früher Mitglied der Sozialisten, gründete dann eine eigene Partei ähnlich der deutschen „Die Linke“

Wichtigste Wahlkampfversprechen: 32-Stunden-Arbeitswoche (weniger arbeiten), Erhöhung des Mindestlohns, höhere Erbschaftssteuer, Renationalisierung großer Unternehmen

Chancen auf die Stichwahl: gering. In den Umfragen liegt er mit elf bis zwölf Prozent auf Platz 5.

Chancen auf die Präsidentschaft: gering

Folgen für Europa: „Interessanterweise gibt es zwischen Mélenchon und Le Pen, also ganz links und ganz rechts, einige Berührungspunkte, was die geplante Abschottung und Nationalisierung von Politik angeht“, sagt Baasner. Ein Präsident Mélenchon wäre kein leichter Partner für die anderen Regierungschefs, er gefalle sich aber auch in der Rolle der Opposition und wolle deshalb gar nicht wirklich gewinnen. „Bei Le Pen ist das anders, sie will Macht.“

Titelbild: DMITRY KOSTYUKOV/NYT/Redux/laif/