Ken, 29, ist vor zehn Jahren aus Nigeria nach Deutschland gekommen, um Geld zu verdienen. Seine Familie denkt, er mache in Europa Karriere. Tatsächlich steht er aber fast jeden Tag in einem Berliner Park und verkau Gras. Im späten Herbst trägt er gegen die Kälte eine dicke Jacke und eine Wollmütze. An seinem Ohr klemmt ein Bluetooth-Headset, mit dem er und die anderen Dealer im Park einander jederzeit schnell erreichen können, falls es mal Ärger geben sollte

Hast du dir dein Leben in Deutschland so vorgestellt, dass du Drogen verkaufst?

Nein, natürlich nicht. Ich wollte eine ehrliche Arbeit finden und Geld verdienen. In Afrika denken alle, es sei total einfach, hier das ganz große Geld zu machen. Deshalb war mein einziges Ziel, nach Europa zu kommen. Ich war mir sicher, dass sich alles Weitere schon finden würde.

Und warum dealst du dann?

Ich muss essen und leben und meine Rechnungen bezahlen. Ich muss meiner Familie in Nigeria Geld schicken. Außerdem habe ich selbst zwei Kinder hier. Mein Sohn ist neun, und meine Tochter ist zwei. Das Leben ist teuer. Und es ist eben doch nicht so einfach, in Deutschland viel Geld zu verdienen.

Wissen deine Familie in Afrika und deine Familie hier, dass du Drogen verkaufst?

Nein, das weiß niemand, auch die meisten meiner Freunde nicht. Das behalte ich für mich.

Was erzählst du ihnen dann, wo das Geld herkommt und wo du hingehst?

Ich habe noch einen richtigen Job. Ich arbeite in einem Hotel, mache dort die Betten und so. Hier stehe ich jeden Tag nur ein paar Stunden, bevor ich zu meiner anderen Arbeit gehe. Mit dem Dealen verdiene ich mir etwas dazu.

Was verkaufst du hier eigentlich?

Nur Gras. Härtere Drogen würde ich nicht verkaufen, das ist mir zu gefährlich. Da kriegt man nur Ärger mit den Polizisten.

Hattest du mit denen schon mal Ärger?

Normalerweise nicht, die sind eigentlich sehr freundlich zu uns. Die wissen, was wir hier machen, das ist ja kein Geheimnis. In diesem Park wird seit 30 Jahren mit Gras gedealt. Die sind froh zu wissen, dass hier außer Gras nichts verkauft wird, und wir sind froh, weil sie uns weitestgehend in Ruhe lassen. Aber vor einiger Zeit haben die uns intensiver beschattet als sonst, weil es zunehmend Probleme mit kiffenden Jugendlichen gab. Seitdem frage ich Leute, die aussehen, als seien sie noch keine 18, nach ihrem Ausweis.

Im Park gilt das Jugendschutzgesetz?

Ja. Kein Ausweis, kein Gras. Ich kann ja auch verstehen, dass es nicht gut ist, Gras an Teenager zu verkaufen. Ich würde auch nicht wollen, dass jemand meinen Kindern Drogen gibt.