George W. Bush über einen Journalisten: „Ein Riesenarschloch“

Es ist der September des Jahres 2000. Der spätere US-Präsident George W. Bush und sein Vizekandidat Dick Cheney absolvieren einen Wahlkampfauftritt. Die beiden stehen auf der Bühne, auf der Bush kurz danach seine Rede halten soll. Da entdeckt Bush irgendwo in der Menge jemanden, der ihm offenbar nicht sympathisch ist. Er flüstert Dick Cheney ins Ohr: “Da ist Adam Clymer, ein Riesenarschloch von der 'New York Times'". Für die meisten Leute geht die Aussage im allgemeinen Jubel unter. Aber die Mikrofone sind schon eingeschaltet, und einige Medienvertreter können die Worte des Präsidentschaftskandidaten deutlich vernehmen. Kurz danach weiß das ganze Land, was Bush über den Zeitungsmann denkt. Und es erfährt, dass Bush und Cheney sich in dieser Sache einig sind. „Yeah, vollkommen“, entgegnet der Vize ebenso gut hörbar auf Bushs Bemerkung.

Silvio Berlusconi: „Scheißland“

Dass wichtige Politiker auch mal ganz unstaatsmännisch Tacheles reden, wenn keine Kameras und Mikros auf sie gerichtet sind, ist zu erwarten. Das ist menschlich. Nachvollziehbar ist wohl auch, wenn sie bei solchen Gelegenheiten einmal offene Worte finden und andere Politiker oder auch andere Länder dabei nicht allzu gut wegkommen. Überraschender ist schon, wenn ein Staatschef sein eigenes Land als „Scheißland“  bezeichnet. So geschehen in Italien: Der Unternehmer und  langjährige Ministerpräsident (vier Amtszeiten) Silvio Berlusconi sagte dies zu einer Zeit am Telefon, während der seine Telefonate abgehört und zu Ermittlungszwecken aufgezeichnet wurden. Der Mitschnitt wurde anschließend der Presse zugespielt. Die Empörung in Italien war groß – nicht aber die Verwunderung. Berlusconi ist bekannt für seine Skandale und öffentlichen Fehltritte.

Ronald Reagan: „Wir beginnen in fünf Minuten mit der Bombardierung“

US-Präsident Ronald Reagan, von 1981 bis 1989 im Amt, war in seiner ersten Karriere Radiokommentator und Schauspieler. Er weiß, dass man vor einem Auftritt besser mit etwas Sprechtraining die Stimme aufwärmt. Am 11. August 1984 soll er eine fünfminütige Radioansprache an sein Volk aufnehmen. Es ist die Zeit des Kalten Krieges, in der kleinste Zwischenfälle zwischen den beiden Machtblöcken USA und Sowjetunion zu diplomatischen Erschütterungen führen können. Reagan musste sich also sehr sicher sein, dass seine Worte nicht an die Öffentlichkeit gelangen, als er zum Warmsprechen sagt: "Liebe Landsleute, ich freue mich, Ihnen heute mitteilen zu können, dass ich ein Gesetz unterzeichnet habe, das Russland für vogelfrei erklärt. Wir beginnen in fünf Minuten mit der Bombardierung.“ Dumm bloß, dass das Aufnahmeband mitschneidet und der Ausspruch später versehentlich ausgestrahlt wird. Die Moskauer Zeitung „Prawda“ („Wahrheit“), damals Zentralorgan der KPdSU, nutzt Reagans Mikrofonpanne als Steilvorlage: Reagan habe nur ausgesprochen, was er wirklich denke, ist da zu lesen. Der wiederum versucht sich in Schadensbegrenzung. Sein kleiner Scherz sei eine Parodie für all jene gewesen, sagt er, die ihn immer als Kriegstreiber bezeichnen.

Nicolas Sarkozy über Benjamin Netanjahu: „Das ist ein Lügner“

„Ich kann ihn nicht mehr sehen, das ist ein Lügner“ – so lästert Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy 2011 am Rande eines G-20-Gipfels über Israels Premier Benjamin Netanjahu. Sein Gesprächspartner ist US-Präsident Barack Obama, der antwortet: „Du bist ihn leid, aber ich habe jeden Tag mit ihm zu tun". Diese kleinen Bösartigkeiten werden vor dem eigentlichen – auch für Journalistenohren bestimmten – Gespräch ausgetauscht. Nun haben die französischen Journalisten aber bereits das Gerät in die Hand gedrückt bekommen, auf dem sie später die Simultanübersetzung der Konversation hören sollen, bloß noch ohne Kopfhörer. Dumm nur, dass einige von ihnen eigene Kopfhörer dabeihaben, diese schon mal einstöpseln und so alles mithören können.

Britische Premierminister: Desaster mit Waschlappen und Bastarden

Es scheint, als seien die Regierungschefs Großbritanniens besonders anfällig für Mikrofonpannen. John Major, von 1990 bis 1997 Premierminister, bezeichnet drei euroskeptische Kabinettsmitglieder am Rande der Aufzeichnung eines Fernsehinterviews als „Bastarde“, die er kreuzigen würde, und sich selbst als einen „Waschlappen“. Techniker schneiden das Gespräch mit und spielen es der Presse zu. Gordon Brown, als Premierminister von 2007 bis 2010 im Amt, muss im Wahlkampf vor laufenden Kameras mit einer Bürgerin sprechen, deren Standpunkte ihm offenbar so gar nicht gefallen. Denn im Anschluss an das Gespräch bezeichnet er sie als „verbohrt“ und giftet in Richtung seiner Wahlkampfmanager: „Das war ein Desaster. Sie hätten mich nie mit dieser Frau zusammenbringen dürfen." Um ein Desaster handelt es sich auch, weil das eingeschaltete Mikro des TV-Senders noch an Gordon Browns Hemd klemmt. Ähnlich ergeht es im September 2014 dem Premier David Cameron. Nachdem das Referendum der Schotten über ihre Loslösung von Großbritannien gescheitert ist, erzählt er bei einem Treffen dem früheren New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg – und ungewollt auch der Öffentlichkeit –, dass die Königin nach dem Verbleib Schottlands im Vereinigten Königreich „vor Freude gar nicht mehr aufhörte zu schnurren“.

Londons Vizebürgermeister: Handy mit Eigenleben

Wie smart sind Smartphones eigentlich wirklich? Richard Barnes, der ehemalige Vizebürgermeister von London, bekommt angeblich nichts davon mit, als die Auto-Upload-Funktion seines Handys Fotos von ihm auf sein Facebook-Profil stellt. Es handelt sich dabei nicht um irgendwelche Fotos. Das Smartphone pickt sich ausgerechnet Nacktbilder des Politikers heraus. Bis Barnes den Streich seines Telefons bemerkt und die Fotos von Facebook löschen kann, sind bereits jede Menge Screenshots davon im Umlauf in der Netzwelt. Sein Smartphone sei gehackt worden, verteidigt Barnes sich später. „Glauben Sie allen Ernstes, dass ich dermaßen bescheuert wäre, so etwas nach 30 Jahren in der Politik zu machen?“, sagt der konservative Politiker einer Zeitung. Sollte sein Mobiltelefon wirklich autonom gehandelt haben, dann hat es wohl ein sehr öffentlichkeitswirksames Exempel statuiert.

Oliver Geyer mag diese Momente, wenn Masken fallen und Menschen ein bisschen unprofessionell werden. Denn dann kommt immer auch ein Stück Wahrheit zum Vorschein. Und was kann sich ein Journalist mehr wünschen?