Jede zweite Ehe wird heute in Deutschland geschieden. Überhaupt heiraten immer weniger Menschen, und wenn, dann erst mit durchschnittlichen dreißig Jahren. Stefanie und Viktor sind beide 22 Jahre alt und kommen aus Fürth. Sie arbeitet bereits, er studiert noch, Wirtschaftsinformatik. Seit Anfang 2007 sind die beiden ein Paar und seit eineinhalb Jahren wohnen sie in einer gemeinsamen Wohnung in Regensburg. Im Mai 2010 haben sie sich getraut: Stefanie und Viktor haben geheiratet. Sie finden nicht, dass sie dafür zu jung waren – geschweige denn, dass Heiraten altmodisch sei.

Stefanie

Beim Heiratsantrag war Stefanie so überrascht, dass sie “Nein, nein, nein“ sagte und erst Sekunden später “Ja, ich meine, ja!“. Sie weiß, dass sie sich auf Viktor verlassen kann.
 
Heiraten, das bedeutet mir sehr viel und ich wusste schon immer, dass ich früh heiraten will. Mein Traum war, meinen ersten Freund zu heiraten. Das hat natürlich nicht geklappt. Aber ich finde es schon deshalb schön, jung zu heiraten, weil wir dann lange zusammen sind und die ganzen Feste wie Silberne oder Goldene Hochzeit erleben. Und außerdem ist eine Ehe einfach mehr als nur eine Beziehung.
 
Plötzlich ein anderer Status

Durch die Ehe übernehme ich für meinen Partner Verantwortung. Immerhin bin ich jetzt Viktors nächste Verwandte. Das heißt, dass ich auch für ihn mit überlege und nicht einfach etwas Gefährliches mache. Es ist der letzte Schritt zum Erwachsenwerden. Ich bin verdammt stolz darauf, jetzt von Viktor als "meinem Mann" reden zu dürfen. Ich glaube, durch die Eheschließung kapseln wir uns auch noch mal ein bisschen mehr von den Eltern ab. Wir haben plötzlich einen anderen Status, als nur ein Pärchen zu sein, Freund und Freundin.
 
Natürlich sagen viele unserer Freunde, wow, ihr seid noch voll jung! Das ist aber nicht negativ gemeint. Die finden das cool! Vor allem meine Freundinnen waren total begeistert. Wobei ich natürlich nicht weiß, was hintenrum getratscht wird. Ich habe wegen des Alters gar keine Bedenken, weil ich weiß, dass Viktor der Richtige ist. Wir haben schon viel miteinander durchgemacht. Das hat mir gezeigt, dass er immer zu mir hält, egal, was passiert. Ich weiß, dass wir gute und schlechte Zeiten gemeinsam bewältigen können. 
 
Zusammen sein wollen

Und obwohl wir nur dreieinhalb Jahre zusammen sind, kennen wir uns gut, da wir schon lange in einer Wohnung leben. Dieses Zusammenleben ist wichtig. Man lernt die Eigenarten des anderen kennen. Jeder hat seine Schwächen, aber die muss man akzeptieren.
 
Klar sind die Scheidungsquoten heute hoch. Aber ob eine Ehe hält, kommt sehr stark auf die Einstellung an. Ich würde denjenigen aus meinem Freundeskreis, die ständig wechselnde Beziehungen haben, von einer Ehe abraten. Man muss schon für immer mit dem Partner zusammen sein wollen und sich im Klaren sein, dass es auch schwierige Phasen gibt. Aber die Hauptsache ist doch, dass man füreinander da ist.

Viktor

Viktor war bei der Hochzeit vor allem vor dem Eröffnungstanz aufgeregt. Er ist sich ganz sicher, dass Stefanie die Richtige für ihn ist.

Ich bin so aufgewachsen, dass mir die Ehe als hoher Wert vermittelt wurde. Dass man einmal im Leben, wenn man die Richtige gefunden hat, die Chance erhält, die Liebe zu festigen, eine gemeinsame Basis zu schaffen und Verantwortung füreinander zu übernehmen, was man vorher rechtlich gar nicht kann.
 
Klar habe ich darüber nachgedacht, ob ich noch zu jung bin. Aber ich war mir hundertprozentig sicher, dass ich Stefanie heiraten will. Es kommt doch auf den Moment an, die richtige Person gefunden zu haben, und nicht darauf, dass man mit einem Durchschnittsalter von 28,5 Jahren heiratet.
 
Außerdem war für uns beide klar, dass wir in Zukunft zusammenbleiben wollen – ganz egal, wo es uns beruflich hinverschlägt. Deshalb hat auch der Zeitpunkt, ob während oder nach dem Studium, keine Rolle gespielt. Und daher dachten wir uns, warum nicht jetzt?
 
Heiraten verbindet

Natürlich ist es für einen Studenten nicht gängig, verheiratet zu sein. Aber sowohl Familie als auch unsere Freunde haben es sehr gut aufgenommen. Wobei, es waren schon viele überrascht. Immerhin haben wir auch Freunde Ende 20, die teilweise schon acht Jahre Beziehung führen oder sogar Kinder haben und die sich trotzdem nicht vorstellen können, zu heiraten. Manchmal müssen wir uns auch rechtfertigen, wenn wir so unterschwellig in Gesprächen vermittelt bekommen, ob wir nicht einfach jung und blauäugig wären – vor allem, weil wir erst dreieinhalb Jahre zusammen sind.
 
Aber es kommt nicht auf die Dauer an, sondern dass wir schon viel zusammen durchgemacht haben, berufliche Schwierigkeiten, den Umzug, Krankheit. Du kannst zehn Jahre eine Fernbeziehung führen, ziehst dann zusammen und nach zwei Wochen bist du getrennt, weil du es nicht in der gemeinsamen Wohnung aushältst.
 
Heiraten verkörpert schon einen typischen, fast konservativen Wertebereich. Der lockeren Einstellung, das ist "sowieso nur mein Lebensabschnittsgefährte", kommt eine Heirat nicht entgegen. Aber altmodisch ist Heiraten nicht. Es verbindet immer noch mehr als eine normale Partnerschaft. Außerdem ist uns auch der religiöse Aspekt wichtig. Wir rennen nicht jeden Sonntag in die Kirche, aber christliche, oder vielmehr evangelische Werte spielen bei uns schon eine Rolle.
 
Dass wir in Regensburg geheiratet haben und nicht in Fürth, wo viele Freunde und Verwandte wohnen, hatte übrigens einen guten Grund. Wir wohnen hier und bauen uns hier unser gemeinsames Leben auf. Regensburg ist unsere Stadt. Deshalb sollten unsere Gäste zu unserem neuen Leben kommen und nicht wir wieder zurück in unser altes.
 
 Jennifer Hertlein (18) hat in Fürth gerade ihr Abitur gemacht und schreibt für verschiedene Print- und Onlinemedien.