Das American Film Institute führt ihn auf Platz 24 der 50 größten Kinobösewichte. Und Michael Douglas bescherte er einen Oscar als bester Hauptdarsteller. Die Rede ist von Gordon Gekko aus Oliver Stones Börsenklassiker „Wall Street“ (1987). Ein aalglatter, skrupelloser Finanzjongleur, der einen brutalen Bereicherungswillen an den Tag legt. „Gier ist gut“, impft er seinen Zuhörern ein und erschafft damit ein zweifelhaftes Branchenbild, das im Kino seither immer wieder beschworen wird und fast immer eine Welt des weißen Mannes ist.

Gekkos großkotziges Auftreten, seine Friss-oder-stirb-Attitüde, sein Leben auf der Überholspur imponieren dem jungen Broker Bud Fox (Charlie Sheen), der seinem schillernden Vorbild zunächst treu ergeben ist, ihm hinterherrennt, verbotenerweise Insiderinformationen beschafft und erst am Ende die zerstörerische Gewinnsucht seines Mentors erkennt. Stones Kamera umkreist gleich zu Anfang die funkelnden Glasfassaden der Hochhaustürme von Manhattan und inszeniert die Börse als hektische, ständig unter Strom stehende Männerdomäne. Ein Parkett, auf dem unglaubliche Summen bewegt werden und das eine Abkürzung zum amerikanischen Traum bietet. Und gerade deshalb – wenig verwunderlich – viele Zocker und Betrüger anlockt. 

Gekkos Erben greifen schon mal zur Motorsäge

Dass der Finanzkapitalismus seit den 1980er-Jahren nicht weniger heiß dreht, betont auch Stones Fortsetzung „Wall Street: Geld schläft nicht“ (2010), die zur Zeit der weltweiten Finanzkrise von 2008 spielt. Wirkt Gekko nach einem längeren Gefängnisaufenthalt zunächst halbwegs geläutert, müssen seine entfremdete Tochter Winnie (Carey Mulligan) und sein Schwiegersohn in spe, der Investmentbanker Jake (Shia LaBeouf), feststellen, dass der Börsenhai nach wie vor keine Skrupel kennt. Leider heftet Stone der Geschichte eine sentimentale Wandlung an, die den Film stark verwässert. 

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Patrick Bateman (Foto: picture alliance / Mary Evans Picture Library)

In „American Psycho“ geraten nicht nur die Aktienkurse außer Kontrolle

(Foto: picture alliance / Mary Evans Picture Library)

Auf verstörende Weise nähert sich dagegen die Verfilmung des Skandalromans „American Psycho“ (2000) der Figur des nimmersatten Börsianers. Christian Bale verkörpert in Mary Harrons düsterer Adaption den jungen Wall-Street-Banker Patrick Bateman, der sich in seinem blinden Streben nach Ansehen und Statussymbolen in einen grausamen Mordrausch hineinsteigert. Wobei – spoiler alert – am Ende angedeutet wird, dass die Gewaltszenen lediglich in seiner Fantasie stattgefunden haben könnten.

Während Gekko und Bateman fiktive Charaktere sind, beschreibt Martin Scorsese in seinem Biopic „The Wolf of Wall Street“ (2013) den Werdegang eines echten Börsenzampanos. Hollywoodstar Leonardo DiCaprio schlüpfte für den Regiealtmeister in die Rolle von Jordan Belfort, der als junger Mann Ende der 1980er-Jahre sein Glück am New Yorker Finanzmarkt suchte und dort nach ersten Rückschlägen die Firma Stratton Oakmont gründete. Ein Unternehmen, das seinen Erfolg auf Schrottpapieren aufbaute.

Börsengeheimnis: Den Kurs einer Aktie kann niemand voraussagen

Scorsese taucht den extravaganten Lebensstil seiner drogensüchtigen Hauptfigur und das wilde, obszöne Treiben der Börsianer in grelle Farben. Die rasante, ausufernde Testosteron-Satire zeigt den Protagonisten als eloquenten, von Mitarbeitern wie ein Guru verehrten Playboy, der keinerlei Grenzen akzeptiert. Eine Verherrlichung Belforts und seines kriminellen Handelns unterläuft der Film durch Absturzszenen aus dem Privatleben, die den sexistischen Multimillionär auf das Maß eines erbärmlichen, verantwortungslosen Würstchens herunterstutzen.

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the Wolf of Wallstreet  (Foto: Mary Cybulski/Paramount Pictures/dpa)

Große Geste, breite Krawatte: In „The Wolf of Wall Street“ nimmt Leonardo DiCaprio eine Abkürzung zum American Dream

(Foto: Mary Cybulski/Paramount Pictures/dpa)

Den Zynismus der Branche fängt „The Wolf of Wall Street“ schon zu einem frühen Zeitpunkt treffend ein, als ein noch unerfahrener Belfort auf einen älteren Kollegen (Matthew McConaughey) trifft. Niemand an der Börse, so der erfahrene Trader, könne die Entwicklung einer Aktie voraussagen. Wichtig sei bloß, die Anleger mit immer neuen Investitionsideen zu ködern und ihnen so kontinuierlich das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Börsianer mit Gewissensbissen

In seiner dynamischen Aufmachung ähnlich, aber inhaltlich komplexer präsentiert sich Adam McKays auf wahren Begebenheiten beruhende Chronik „The Big Short“ (2015) nach einem Buch des Finanzjournalisten Michael Lewis. Erzählt wird darin von einigen Börsenexperten, die den Zusammenbruch des amerikanischen Immobilienmarktes und damit den Beginn eines weltweiten Erdrutsches kommen sahen und schließlich darauf wetteten. Der Film, der mehrere unterschiedliche Stränge kombiniert, mit Börsianer-Vokabular nur so um sich wirft und schwierige Zusammenhänge gewitzt illustriert, zeigt einen vollkommen außer Kontrolle geratenen Markt, in dem Dummheit als treibende Kraft fungiert und profitverliebte Banker ungeprüft Kredite vergeben. Selbst an Kunden ohne Job und Einkommen.  

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The big short (Foto: picture alliance / AP Photo)

Eine Immobilienblase - nicht doch. Die Hedgefonds-Manager streiten in „The Big Short“ über die Vorahnung eines Kollegen

(Foto: picture alliance / AP Photo)

Einen deutlich kühleren Blick bietet J.C. Chandors Regiedebüt „Der große Crash – Margin Call“ (2011), das in einem Kammerspielszenario die Überlebensstrategie einer fiktiven Investmentbank kurz vor Ausbruch der Krise von 2007/2008 beleuchtet. Spannend wie ein Thriller umkreist der Film moralische Fragen und stellt dabei sogar Finanzakteure vor, die sich mit handfesten Gewissensbissen herumschlagen und den beschlossenen Rettungskurs auf Kosten von System und Anlegern nur widerwillig stützen. Unter den Tisch kehrt Chandor bei aller Kritik am unersättlichen Finanzwesen nicht, dass auch den Kunden Verantwortung zukommt. Einfachen Menschen, die vom schnellen Geld träumen. Vom Eigenheim mit Garten. Von tollen Autos. Auch sie tragen dazu bei, dass sich das Rad unkontrolliert weiterdreht. Und immer neue Filme darüber entstehen.

Titelbild: dpa - Bildarchiv