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Schweden vor der Wahl

Hier gibt es Antworten auf die wichtigsten Fragen zu den Parlamentswahlen in Schweden

SD Wahlkampf

Was sind die großen Themen im schwedischen Wahlkampf?

Einer aktuellen Umfrage der Zeitung „Dagens Nyheter“ zufolge ist dies die Gesundheitspolitik. Auf dem zweiten Platz stehen die Themen Klimawandel und Integration. Auch die Bildungspolitik zählt zu den größeren Themen. Was Gesundheit und Bildung angeht, dreht sich der politische Streit vor allem darum, welche Rolle der Staat und welche die Privatwirtschaft spielen soll. Das schwedische Gesundheitssystem wird überwiegend durch Steuern finanziert, es gibt nur eine Krankenkasse für alle. Das System steht im internationalen Vergleich gut da, im Land ist es aber immer wieder Wahlkampfthema. Denn viele Krankenhäuser sind überlastet und das System gilt als sehr bürokratisch. Generell sind die bürgerlichen Parteien und deren Wähler, genauso wie die rechtspopulistischen Schwedendemokraten (SD), offener dafür, Krankenhäuser und Schulen von privaten Unternehmen betreiben zu lassen.

Auch in Steuerfragen gibt es noch recht klare Unterschiede zwischen rechts und links. Der bürgerliche Block aus liberal-konservativen Parteien und die SD treten für Senkungen ein, während Sozialdemokraten und Linkspartei dagegen sind. Die EU ist kein großes Thema. Ihr stehen lediglich die SD und die Linkspartei kritisch gegenüber, wobei eine baldige Einführung des Euro von einem Großteil der Parteien weiter abgelehnt wird. Nur die Liberalen sind ganz klar dafür.

Welche Parteien verlieren und gewinnen den Umfragen zufolge?

Wenn man den Umfragen im Vorfeld glaubt – und Ungenauigkeiten gibt es immer, denn entscheidend ist, was am Wahltag wirklich passiert –, werden die großen Verlierer dieser Wahl die zwei ehemals größten Parteien sein: die Sozialdemokraten und die konservativen Moderaten. In den vergangenen Jahrzehnten haben sie fast immer den Regierungschef gestellt. Das Vertrauen der Bürger in ihre Fähigkeiten scheint zurückgegangen zu sein. Kehrtwenden wie bei der Flüchtlingspolitik untergraben die Glaubwürdigkeit, so der Politologe Tobias Etzold von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Das gilt besonders, wenn nicht klar diskutiert und kommuniziert wird, warum denn nun plötzlich eine vermeintlich ganz andere Politik die richtige sein soll. 

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Wahlkampf in Schweden

Dunkle Wolken über Schweden – mit bunten Fahnen protestieren Demonstranten gegen eine Veranstaltung der Schwedendemokraten

Im Verhältnis zur Einwohnerzahl (10 Millionen) hat Schweden in der Hochphase der Flüchtlingsbewegung 2015 und 2016 europaweit die meisten Flüchtlinge aufgenommen. In den letzten Jahren ist die Migrationspolitik deutlich restriktiver geworden: Es gibt z.B. wieder Grenzkontrollen, der Familiennachzug für bestimmte Geflüchtete ist erschwert. 

Die rechten Schwedendemokraten dürften der größte Gewinner von diesem Umschwung sein. Wahlkampf machen sie vor allem mit dem Thema „Integration“, versprechen aber auch, viel für Rentner zu tun, und sprechen sich beispielsweise trotz steigender Lebenserwartung gegen ein höheres Renteneintrittsalter aus. Die kleineren liberalen und linken Parteien können ebenfalls mit einem höheren Stimmenanteil als bei der Wahl 2014 rechnen – auch weil sie sich klarer als die großen Parteien gegen die SD positionieren. Wer in Schweden an die Macht kommt, lassen auch die Umfragen noch nicht erkennen – und wird ohnehin erst am Wahltag entschieden. Aber die neue Regierung wird vermutlich eine Minderheitsregierung sein und die Unterstützung der Schwedendemokraten brauchen.

Warum gibt es in vielen skandinavischen Ländern so oft Minderheitsregierungen?

Anders als in Deutschland, wo der/die Kanzler/-in mit einer Mehrheit im Bundestag gewählt werden muss, gibt es in Schweden die sogenannte „Kanzlermehrheit“ nicht. Der Regierungschef oder die Regierungschefin muss lediglich sicherstellen, dass es keine Mehrheit gegen ihn oder sie gibt. Nur eine geeinte Opposition kann eine Regierung stürzen. Denn bei derartigen Vertrauensabstimmungen zählen Enthaltungen nicht. Das System nennt sich „negativer Parlamentarismus“. 

Fotos: Espen Rasmussen/Panos

Dieser Text wurde veröffentlicht unter der Lizenz CC-BY-NC-ND-4.0-DE. Die Fotos dürfen nicht verwendet werden.