Wir Kiffer sind ein lethargischer Haufen. Ich zum Beispiel habe damals nach vielen Jahren mit dem Fußballspielen aufgehört. Aus zweierlei Gründen: Ich war nie gut genug, um irgendwann mal für den FC Bayern zu spielen und damit reich zu werden. Der andere und wahre Grund ist der, dass ich meistens einfach zu stoned war, um zum Training zu gehen. Meine Karriere als Schlagzeuger habe ich auch abgebrochen, obwohl ich fest davon überzeugt war, irgendwann bei den Toten Hosen zu trommeln. Es kann auch sein, dass die schulischen Leistungen schlechter werden. Muss aber nicht. Im Film „Super High Me“ raucht Doug Benson einen Monat jeden Tag extreme Mengen an Gras. Entgegen der Erwartung schneidet er bei allgemeinen Tests high besser ab als nüchtern. Allerdings nimmt er körperlich zu, er bewegt sich ja nicht. Und sein mathematisches Verständnis verschlechtert sich.

Als Kiffer sieht man aber nur die positiven Aspekte: Wer braucht schon Mathe? Mit Allgemeinwissen gewinne ich bei Jauch die Million! Was sich definitiv nicht verbessert, ist die soziale Kompatibilität. Erst geht man weniger aus, denn auf einer Party müsste man sich unterhalten. Das klappt breit meistens nicht so gut, und deswegen sitzt man allein, kifft und geht irgendwann, weil man selbst gelangweilt ist und alle anderen ebenfalls langweilt. Und so ist ein Kiffer irgendwann nur noch für andere Kiffer interessant. Also hängt man nur noch mit Gleichgesinnten ab und gleichsinnt dementsprechend viel.

Meistens stellt sich nach so einem Abend, häufig noch im breiten Zustand, ein Moment der Klarheit ein, in dem man sich fragt: „Was mache ich hier eigentlich?“ In solchen Momenten sieht man sich selbst aus einem anderen Blickwinkel. Aus dem der Außenstehenden. Dem der Nichtkiffer. Du weißt ganz genau, dass du zu viel rauchst. Dir ist klar, dass Gras nicht mehr zu deinen Nebensächlichkeiten gehört. Du könntest auch nicht einfach so aufhören, von heute auf morgen. Das Gegenteil ist eine beliebte Lüge, die sich viele, fast alle Kiffer erzählen. Also schmiedet man Pläne für die nahe Zukunft: Du könntest dich wieder mehr bei alten Freunden melden, die Wohnung aufräumen, nicht immer bis in die Puppen schlafen und weniger abhängen. Anfangen zu studieren. Aber natürlich fängt die Zukunft erst morgen an. Heute bin ich zu stoned.

Neulich saß ich mit Freunden, alten Kifferkollegen, bei klarem Kopf zusammen. Wir haben uns über die vergangenen Jahre unterhalten. Über verpasste Chancen. In der Schule, im Sport, bei Frauen. Über versumpfte Abende und ganz banal über all das Geld, das in all den Jahren in Rauch aufgegangen ist. Wir fragten uns, was wir machen würden, wenn wir all die Jahre des Kiffens und die damit verbundenen Erinnerungen auf einen Schlag gegen all das Geld, das wir dafür ausgegeben haben, tauschen könnten. Die Meinung ist einstimmig: Keiner von uns hätte es anders machen wollen. Gras hatte uns zusammengebracht.

Und es ist eben nicht nur die Lethargie. Wir haben zusammen auf dem Boden gelegen vor Lachen, weil der Rausch eben lustig ist. Nächtelang saßen wir zusammen und haben die aberwitzigsten Unterhaltungen geführt. Die fantastischsten Geschichten sind in solchen Nächten entstanden. Streitgespräche von kolossalen Ausmaßen wurden geführt. Episch fast. Nur will mir einfach keines mehr einfallen. Ein Phänomen, das jeder Kiffer kennt. Den Was man so als Kiffer nicht erlebt Text: Jakob Bär Abend über wurde diskutiert auf höchstem Niveau. Die Welt wurde in ihren Grundsätzen erörtert. Jeder Satz, jedes Wort gar, war erfüllt von Weisheit. Am nächsten Morgen ist alles vergessen. Also nimmt man den nächsten intellektuellen Gipfel auf Tonband auf. Was dabei herauskommt, ist purer Schwachsinn. So stelle ich mir Unterhaltungen vor, die morgens um neun in irgendeiner Eckkneipe beim ersten Bier und Korn geführt werden. Unterbrochen werden die Monologe von Ausrufen: „Wir sind so genial, Mann, bin ich froh, dass wir das aufnehmen!“ Man tut aber gut daran, das Band am nächsten Tag nicht abzuhören.

Jeder Kiffer glaubt die Lüge, Gras mache nicht abhängig. Ist doch auch schön, behaupten zu können, Drogen zu nehmen, aber nicht abhängig zu sein. „Du weißt, dass es nicht gut ist“, sagt die Vernunft. „Muss man denn immer vernünftig sein?“, antwortet der Bauch. „Du verbaust dir deine Möglichkeiten“, kontert die Vernunft. „Dafür ist morgen auch noch Zeit“, erwidert der Bauch. „Und was ist mit mir?“, fragt die Lunge. „Du hältst die Klappe!“, schallt es zurück. Dann hört man auf.

Und nun? Der Kopf ist zwar klar, aber die Antriebslosigkeit ist geblieben. Ich dachte, ich habe aufgehört, jetzt gehe ich in den Park zum Lesen, nicht um mir einen zu drehen. Ich geh joggen oder ins Fitnessstudio. Allein schon, um den Bauch abzutrainieren, der sich durchs Rumsitzen gebildet hat. Aber es fehlt an Energie, um aufzustehen und die Pläne in die Tat umzusetzen. Das frustet. Dazu kommen Schlaflosigkeit, Aggressivität, Entzugserscheinungen eben. Ich erinnere mich, als wir das erste Mal den Abend und die Nacht durchgekifft haben. Ich war so breit wie nie zuvor, und mein Bauch tat mir vom Lachen weh. Damals dachte ich, das ist geil, so will ich mich mit 60 auch noch fühlen. Ich wusste eben nicht, dass die Lustigkeit im Übermaß vergeht und nur die Lethargie bleibt.

Klingt vielleicht so, als hätte er bereits den größten Teil seines Lebens verplempert, aber unser Autor ist erst 23 Jahre alt. Übrigens ist Jakob auch nicht sein richtiger Name. Verständlicherweise wollte er ein Pseudonym, damit später nicht jeder nachlesen kann, dass er in seiner Jugend ein phlegmatischer Kiffer war.

Einmal Pablo spielen

Ob die Touristen wirklich wegen eines „Anti- Verbrechensmuseums“ auf die Hacienda Nápoles nach Nord-Kolumbien pilgern? Wohl kaum. Das ehemalige Anwesen des berüchtigten Drogenbarons Pablo Escobar ist heute eher Vergnügungspark als Gedenkstätte. Escobar, der 1993 im Kugelhagel der Polizei starb und laut „Forbes“ zeitweise der siebtreichste Mensch der Welt gewesen sein soll, hatte sich auf einem 20 Quadratkilometer großen Grundstück künstliche Seen, einen Privatflughafen, eine Rennstrecke und einen Zoo gegönnt, in dem er Giraffen, Elefanten und Nilpferde hielt. Jetzt bestaunen die Touristen dort auch noch eine Kopie des ersten Flugzeugs, mit dem Escobar Kokain in die USA schmuggelte, sie wandern durch eine Dinosaurierlandschaft und decken sich im Escobar-Shop mit Plastikgewehren und falschen Schnauzbärten ein. Eine halbe Million Besucher werden im nächsten Jahr erwartet. Vielleicht steht bis dahin auch das geplante Fünfsternehotel.

Schlauer kiffen

Die „Oaksterdam-Universität“ in Kalifornien bemüht sich redlich, wie eine ganz normale Hochschule zu wirken. Die von Marihuana-Aktivisten gegündete Privatschule hat ein offizielles Wappen, mehrere Standorte in Kalifornien und Michigan und ordentliche Seminarpläne. Trotzdem müssen die Dozenten manchmal noch kichern, wenn man sie „Professor für Marihuana-Anbau“ nennt. Alles dreht sich in Oaksterdam nämlich um Gras und Hasch. Ziel der „Universität“ ist es, „hochqualifiziertes Personal für die Cannabis- Industrie“ auszubilden. Einer der Gründer ist Richard Lee, der seit einem Arbeitsunfall im Rollstuhl sitzt und Marihuana als Schmerzmedikament schätzt.