Das Lied der Deutschen
(Text: Hoffmann von Fallersleben 1841, Musik: Franz Joseph Haydn 1797)

Deutschland, Deutschland über alles,
über alles in der Welt,
wenn es stets zu Schutz und Trutze
brüderlich zusammenhält.
Von der Maas bis an die Memel,
von der Etsch bis an den Belt.
|: Deutschland, Deutschland über alles,
über alles in der Welt! :|


Deutsche Frauen, deutsche Treue,
deutscher Wein und deutscher Sang
sollen in der Welt behalten
ihren alten schönen Klang,
uns zu edler Tat begeistern
unser ganzes Leben lang.
|: Deutsche Frauen, deutsche Treue,
deutscher Wein und deutscher Sang! :|


Einigkeit und Recht und Freiheit
für das deutsche Vaterland!
Danach lasst uns alle streben
brüderlich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Freiheit
sind des Glückes Unterpfand.
|: Blüh' im Glanze dieses Glückes,
blühe, deutsches Vaterland. :|



www.von-fallersleben.de
Sehr umfangreich: Biographie, Briefe, Buch- und Liederverzeichnis, Kommentare zum "Lied der Deutschen“

www.deutschlandlied.de
Seite rund um das Lied, von nationalistischem Gedankengut geprägt

www.thenationalanthems.com
192 Nationalhymnen in Ton und Wort; Texte in der Originalsprache und in Englisch

Als am 9. November 1989 im Bonner Parlament die Nachricht eintraf, in Berlin sei die Mauer gefallen, da erhoben sich die Abgeordneten von ihren Sitzen und sangen die westdeutsche Nationalhymne: "Einigkeit und Recht und Freiheit ...“. Nur ein paar MdBs der Grünen machten da nicht mit und verließen den Saal. Da war eigentlich schon klar, dass die DDR-Hymne ausgedient hatte.

Liest man heute noch einmal die Berichterstattung über das Ende des SED-Staates, so stößt man an vielen Stellen auf Vergleiche mit 1848, als in der Frankfurter Paulskirche nach der März-Revolution erstmals ein gesamtdeutsches Parlament tagte. Der Dichter Hoffmann von Fallersleben gehörte damals zu den Verfechtern eines großdeutschen Staates. So ist auch die erste Strophe seines "Lied der Deutschen“ zu interpretieren. Deutschsprachige Menschen hatten "von der Etsch bis an den Belt“ gesiedelt, lebten also am größten Fluss Südtirols als südliche Begrenzung und dem Kleinen Belt in der Ostsee als nördliche Markierung. Außerdem begrenzten die Flüsse Maas und Memel im Westen und Osten diesen Siedlungsraum.

Erfindung einer Kulturnation

Das "Lied der Deutschen“ ist auch wegen dieser geografischen Inhalte ein Beispiel dafür, wie im Laufe des 19. Jahrhunderts eine "Nation“ erfunden wurde. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wurde verstärkt nach sprachlichen und kulturellen Gemeinsamkeiten der "Deutschen" gesucht. Das führte etwa zu deutschsprachigen Literatursammlungen wie den "Kinder- und Hausmärchen", die die Gebrüder Grimm zwischen 1812 und 1815 zusammentrugen. Es ist kein Zufall, dass Jacob Grimm auch die germanistische Sprachwissenschaft begründete. Deutschland sollte als Kulturnation konstruiert werden - wenn auch die Nationalstaatsgrenzen nicht mit denen der Sprachgrenzen übereinstimmten und es schon damals klar war, dass sie wohl nie übereinstimmen würden.

Dieses Zusammenfallen und damit Zustandekommen einer Kulturnation Deutschland ist das, was sich Hoffmann von Fallersleben in seinem "Lied der Deutschen“ erhoffte. Von Fallersleben hieß eigentlich August Heinrich Hoffmann; nach seinem Geburtsort, der heute ein Stadtteil von Wolfsburg ist, benannte er sich bereits während seines Studiums. Zwischen 1840 und 1841 entstand sein zweibändiges Werk "Die Unpolitischen Lieder“. Darin sind nicht nur Kinderlieder wie "Der Kuckuck und der Esel“ oder "Summ summ summ“ versammelt, sondern auch das 1841 während eine Kuraufenthaltes auf Helgoland gedichtete "Lied der Deutschen". Wegen der national-liberalen Haltung, die von Fallersleben in der Liedersammlung erkennen ließ, wurde er bereits ein Jahr später seiner Ämter enthoben. Denn ein deutscher Staat mit parlamentarischer Gesetzgebung widersprach deutlich den Interessen der zahlreichen Monarchien und Fürstentümer auf deutschsprachigem Gebiet.

Gott, Kaiser und Staat

Von Fallersleben hatte der Zensur gegenüber noch einen obendrauf gesetzt, indem er ein Streichquartett Joseph Haydns als Melodie seines Liedes ausgewählt hatte: Die hatte Haydn im Jahr 1797 nämlich für den Kaiser von Österreich-Ungarn geschrieben: "Gott erhalte Franz den Kaiser“. Erst in der Weimarer Republik wurde "Das Lied der Deutschen“ tatsächlich zur Nationalhymne – Reichspräsident Ebert (SPD) machte es 1922 offiziell.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde das Lied aggressiv umgedeutet - unter Hitler setzte sich die Hymne zusammen aus der 1. Strophe des Von-Fallersleben-Liedes, dem das SA-Lied "Die Fahne hoch“ (das "Horst-Wessel-Lied") folgte. Seit 1952 bildeten alle drei Strophen vom "Lied der Deutschen“ die Hymne der BRD, seit dem August 1991 ist es die Hymne des wieder vereinigten Deutschlands. Wobei zu offiziellen Anlässen lediglich die dritte Strophe gesungen werden soll.

Die Nationalhymne ist nicht im Grundgesetz festgeschrieben. Lediglich ein Briefwechsel zwischen Bundespräsident und Bundeskanzler entscheidet über die Verwendung des Liedes als staatstragendes Gut. Heute, wo "Das Lied der Deutschen" von der Bevölkerung grad mal zu Fußballländerspielen mitgegrölt wird, stellt die Nationalhymne einen gewissen Anachronismus dar. Selbst zu Anlässen wie den Olympischen Spielen nehmen sich inzwischen viele Mannschaften ihre eigenen Hymnen mit - wie die Handballer in Athen 2004 das Stück "Heat“ der Regensburger Band "Beige GT".

Christoph Braun lebt in Berlin und schreibt über Phänomene in Ohr und Raum. Er findet die Melodie der britischen Nationalhymne super.