Drogen sind immer auch politisch. Schon die gängige Unterscheidung von legalen und illegalen Drogen beschäftigt Parlamente, Justiz und Polizei immer wieder. Gerade weil diese Trennlinie nicht für alle nachvollziehbar ist, widersprüchlich bleibt.

Drogen sind immer auch politisch. Schon die gängige Unterscheidung von legalen und illegalen Drogen beschäftigt Parlamente, Justiz und Polizei immer wieder. Gerade weil diese Trennlinie nicht für alle nachvollziehbar ist, widersprüchlich bleibt. In beiden Bereichen kommen eine Reihe Fragen auf: Ist es zum Beispiel moralisch vertretbar, bei tödlichen, aber legalen Drogen Milliardengewinne zuzulassen, die Folgekosten des Drogengebrauchs aber an die Solidargemeinschaft, zum Beispiel auf die Krankenkassen, zu übertragen? Wie glaubwürdig sind staatliche Kampagnen gegen Alkohol und Tabak, wenn Milliarden Euro Einnahmen aus den Verbrauchsteuern ebendieser Drogen im Staatshaushalt fest eingeplant sind? Wäre eine Legalisierung weiterer Drogen insgesamt besser? Oder wäre das Drogenproblem dann überhaupt nicht mehr zu beherrschen?

Bei legalen Drogen ist die Herstellung und Verwertung als Genussmittel-Industrie organisiert, inklusive professionellen Lobbyings. Die Welt der illegalen Drogen ist dagegen ein globalisierter Schwarzmarkt, paramilitärisch durchsetzt – eine Gesellschaftsordnung im permanenten Bürgerkrieg. Kann der Drogenmissbrauch und die Sucht schon die Einzelnen, ihre Familien und Beziehungen zerstören, so löst sich im Multimilliardengeschäft des illegalen Drogenhandels und dessen Infrastruktur, der organisierten Kriminalität, staatliches Handeln immer wieder vor aller Augen auf. Die Kokser in Westeuropa haben mit den Toten des Drogenkriegs in Mexiko sehr viel mehr zu tun, als sie wahrhaben wollen. Und hat das Nation Building in Afghanistan wirklich eine Chance gegen den Korruptions-Sog der Drogenmillionen?

Und es geht noch weiter. Weil unsere Vorstellungen von Rausch, Leistung, Grenzüberschreitung und Sinnessteigerung eine massenhafte Nachfrage anzeigen, wird ein gesellschaftliches Dispositiv erzeugt, das auch den medizinisch-industriellen Komplex auf den Plan ruft. Die Arbeit am vermeintlichen Über- Menschen ist in vollem Gang, und die Versprechungen des Marketings wirken, beispielsweise bei den sogenannten Neuro-Enhancern. Die damit erzielten Resultate sind aber oft genug nur Zerrspiegel unserer Wünsche und die Gefahren sehr real. Die massenmedial verstärkten Idealvorstellungen können allerdings schnell zu einer wirksamen Norm werden, die den Druck auf die Einzelnen erhöht, den die künstlichen Drogen doch lindern oder überwinden helfen sollten. Die alltägliche Verfügbarkeit von Drogen zwingt uns immer wieder zu Entscheidungen und letztlich zum Bewusstsein dessen, was uns im Leben wirklich etwas wert sein soll. Bei Drogen wird Persönliches auch deshalb sehr schnell politisch. Die Orientierung hierfür wird nur begrenzt von oben oder außen kommen können. Stattdessen gilt: Sapere aude – wage es, weise zu sein.