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cms-image-000043911.jpg (Foto: picture-aliance/dpa)
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In den 80er-Jahren war Joe Dante in Hollywood ein gefragter Mann. Mit einem eigenwillig-anarchischen Zugang zum Genre-Kanon etablierte er sich als unbequemer Chronist der amerikanischen Verhältnisse, schaffte es dabei aber stets, seine Werke als familientaugliche Unterhaltung zu verpacken. Diesen kantigen Stil bewies er auch 1998 noch einmal mit „Small Soldiers“ – der auf den ersten Blick wie ein Kinderfilm erscheint, jedoch, bis heute, auf gleich mehreren Ebenen funktioniert: als zitatreiche Actionkomödie, Coming-of-Age-Abenteuer, aber auch als bitterböse Satire auf stupides Kriegsgebaren und kapitalistische Gier.

Erzählt wird von kleinen Plastiksoldaten, die die Kinderzimmer erobern sollen und dank eines hochintelligenten Computerchips eigenmächtig handeln können. Als der Teenager Alan, dessen Vater einen antiquierten Spielzeugladen betreibt, einige der Puppen in die Finger bekommt, nimmt das Unheil seinen Lauf. Einmal aktiviert, befreien sich die Kunststoffsöldner aus ihren Verpackungen, um den vorgegebenen Kampfauftrag zu erfüllen: die Vernichtung der Gorgoniten, einer anderen Sorte Spielzeugfiguren, die monsterähnlich, aber absolut friedfertig sind. Ehe sich Alan versieht, werden er und das Nachbarmädchen Christy in einen unerbittlichen Kleinkrieg verwickelt.

Eine Geschichte, die viel Raum für technische Spielereien bietet – doch hinter dem Spektakel an der Oberfläche tritt ein Abgesang auf die heroische Aura des Tötens zutage. Besonders deutlich wird dies im Vergleich mit Spielbergs Historiendrama „Der Soldat James Ryan“, das zeitgleich in die Kinos kam und sich ebenfalls mit der Grausamkeit des Krieges befasst. Während das Morden dort aber moralisch abgesichert ist, schließlich kämpfen die US-Militärs nach der Landung in der Normandie für die gute Sache, führt Dante die Idee eines gerechten Krieges konsequent ad absurdum.

Seine Plastiksoldaten benötigen keine Rechtfertigung mehr für ihr destruktives Handeln. Allein die Programmierung gibt vor, was zu tun ist. Nichtsdestotrotz reihen die kleinen Kämpfer eine martialisch-krude Selbstbestätigungsformel an die nächste und unterstreichen so die Sinnlosigkeit ihres Tuns nur noch mehr. Ironisch gebrochen wird das militaristische Auftreten auch durch die übertrieben triumphale Musik und die Besetzung der Sprechrollen mit prominenten Actionveteranen wie Tommy Lee Jones.

Wenn Technik und Profitstreben außer Kontrolle geraten

Rasch verlagern sich die Gefechte aus dem Spielzeugladen in die Retortenwelt der amerikanischen Vorstadt, einen Ort mit blank geputzten Straßen, sauber gestutzten Hecken und gehirngewaschenen, konsumhörigen Bewohnern. Stellvertretend für die dämonische Seite des Kapitalismus steht in „Small Soldiers“ der weltumspannende Rüstungskonzern Globotech, der begierig neue Märkte erschließen will und dabei eben auch kein Problem hat, seine zu militärischen Zwecken entwickelten Computerchips in Plastikfiguren einzubauen.

Was 1998 als Stoff für einen überdrehten CGI-Film diente, ist mittlerweile fast schon denkbar. Globale Unternehmen wie Google greifen immer stärker in unser Leben ein und arbeiten mit Hochdruck daran, „intelligente“ Maschinen zu perfektionieren. Was aber passiert, wenn Technik und Profitstreben außer Kontrolle geraten, lässt sich in überspitzter, zugleich erschreckender Form am Beispiel von Joe Dantes Actionsatire beobachten. Einem Film, der vordergründig leicht konsumierbare Unterhaltung bietet, im Kern aber ausgesprochen politische Aussagen trifft – nicht unähnlich den aus heutiger Sicht beinahe visionären Gedankenspielen im Science-Fiction-Klassiker „RoboCop“.