Für Damien Chazelle war es eine ziemlich gute Woche. Sein Film „La La Land“ erhielt sagenhafte 14 Nominierungen für einen Oscar. Eine ziemlich gute Woche hatte er auch vor genau vier Jahren. Da gewann er auf dem Sundance-Festival, dem wichtigsten Filmfest des Indie-Kinos, den Preis für den besten Kurzfilm. Für den jungen Regisseur ein wichtiger Schritt ins große Filmgeschäft. Denn aus seinem Kurzfilm wurde ein Langfilm und „Whiplash“ sein erster richtig großer Erfolg.

Die Kurzfilme spielen bei Sundance traditionell eine große Rolle, weil hier junge Talente ihre ersten Schritte tun, neue filmische Formate getestet werden und oft auf unkonventionelle Weise erzählt wird. Unkonventionell ist ebenso, dass einige der Filme, die auf dem Festival laufen, auch online zu sehen sind.

Off-Stimmen lesen aus Handbüchern der NSA vor

 

Unter den fünf vorab veröffentlichten Filmen ist auch einer von Laura Poitras, die für „Citizenfour“, ihre Dokumentation über den Whistleblower Edward Snowden, einen Oscar bekommen hat. Auch der Kurzfilm „Project X“ basiert auf Material der Snowden-Enthüllungen. Die Hauptrolle in dem zehnminütigen Film spielt ein düsteres Gebäude in der Thomas Street 33, mitten in New York. In der funkelnden nächtlichen Skyline der Stadt ragt es wie eine böse Festung in den Himmel – grau, dunkel, abweisend. Es hat 29 Stockwerke, aber keine Fenster. Warum der architektonische Stil, in dem das Haus gebaut ist, Brutalismus heißt, das erschließt sich nach den meditativen Aufnahmen von „Project X“ sehr anschaulich.

Während die Kamera sich dem geheimnisvollen Gebäude nähert, das dem US-Telekommunikationsriesen AT&T gehört, hört man aus dem Off Stimmen. Sie lesen aus Handbüchern der NSA vor. Es geht um allerlei praktische Vorschriften für den Außeneinsatz. Wo die Agenten einen Wagen bekommen, welchen Weg sie fahren sollen, was zu tun ist, wenn sie einen Unfall bauen, ja sogar Tipps für besonders unauffällige Kleidung bekommen die NSA-Mitarbeiter für ihre Undercovereinsätze. Wie das alles zusammenhängt, der fensterlose Wolkenkratzer und die vielen Instruktionen für die Agenten, erfährt man allerdings erst am Schluss des Films. Mit einer Einblendung. In dem AT&T-Gebäude, in dem Kommunikationsströme aus der ganzen Welt zusammenlaufen, wurde Überwachungsequipment der NSA installiert. Und nicht nur da. An mindestens 59 weiteren Standorten in den USA passierte Edward Snowdens Dokumenten zufolge das Gleiche. Milliarden E-Mails wurden überwacht. Ausgespäht wurden die UN, die Weltbank und 38 Länder.

Man wird das Gefühl nicht los, dass uns diese Dinge noch lange begleiten werden

In den letzten Tagen wurde viel über die Rolle der Geheimdienste in der Demokratie gesprochen. Da war die angebliche russische Akte, die belastendes Material über Trump enthalten soll; sie wurde von einem Ex-Agenten den Medien zugespielt. Da war der Strafnachlass für die Whistleblowerin Chelsea Manning, den Obama als eine seiner letzten Amtshandlungen verfügte. Und immer noch wird diskutiert, ob WikiLeaks mit seinen Veröffentlichungen interner Dokumente der Demokraten Trumps Wahlsieg erst ermöglicht hat. Nach den zehn Minuten von „Project X“ wird man das Gefühl nicht los: All diese Themen werden uns noch lange begleiten.

„Project X“. USA 2017, Regie: Laura Poitras, Henrik Moltke, gesprochen von Rami Malek und Michelle Williams, 10 Min

Und wem danach der Sinn nach ein bisschen Entspannung steht, der schaue sich den lustigen Animationsfilm an, der zeigt, wie „Smells Like Teen Spirit“ von Nirvana entstanden ist. Der kommt auf der Kurzfilmplattform gleich nach „Project X“:

Mehr dazu:

Einen genaueren Blick in des Gebäude des US-Telekommunikationsriesen AT&T in der Thomas Street wirft dieser Artikel von The Intercept

Ein anderer Text von The Intercept geht auf die russische Akte und die Rolle der Medien ein

Mehr über WikiLeaks und Trump gibt es in diesem Bericht der Süddeutschen Zeitung